Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wird am Montag den US-Präsidenten Donald Trump im Weißen Haus treffen, um über eine mögliche Feuerpause im Gazakonflikt zu sprechen. Die USA schlagen eine 60-tägige Waffenruhe vor, während die Freilassung israelischer Geiseln aus der Gewalt der Hamas schrittweise erfolgen soll.
Aktuelle lage im gazakonflikt und humanitäre situation
Seit dem Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 befindet sich der Gazastreifen in einem eskalierenden Krieg, bei dem nach palästinensischen Angaben mehr als 57 000 Menschen getötet wurden. Wissenschaftler gehen von noch höheren Zahlen aus. Die humanitäre Lage in Gaza ist dramatisch: Israel hat Hilfslieferungen lange blockiert und unterwirft sie weiterhin starken Restriktionen. Dies führt zu Hunger, Wassermangel und unzureichender medizinischer Versorgung für die palästinensische Bevölkerung.
Die islamistische Palästinenserorganisation Hamas hält seit Beginn des Konflikts zahlreiche israelische Geiseln fest. Der US-Vorschlag sieht vor, dass diese Gefangenen schrittweise freigelassen werden sollen – parallel zur vereinbarten Feuerpause von zunächst 60 Tagen. Die Hamas hat den Vorschlag geprüft, fordert jedoch Garantien für ein dauerhaftes Kriegsende sowie die Wiedereinbindung der Vereinten Nationen in die Verteilung von Hilfsgütern.
Aktuell organisiert eine neu geschaffene Stiftung unter Leitung eines Vertrauten Trumps die Hilfsverteilung in Gaza statt der UN – was Berichten zufolge mit tödlichen Zwischenfällen an Essensausgaben verbunden ist. Zudem gibt es offenbar Einwände seitens der Hamas zum Zeitplan für die Freilassung von Geiseln.
Politische reaktionen in israel und innenpolitische spannungen
Nach einer Kabinettssitzung veröffentlichte Benjamin Netanjahu am späten Samstagabend eine Erklärung, in welcher er die Forderungen der Hamas als „inakzeptabel“ bezeichnete. Dennoch kündigte er an, ein Verhandlungsteam nach Katar zu entsenden – wohl auch aufgrund des öffentlichen Drucks durch Präsident Trump, der ein Abkommen für Gaza ins Gespräch gebracht hatte.
Die innenpolitischen Spannungen innerhalb Israels sind hoch: Netanjahus Rückkehr zum Krieg wird maßgeblich seinen rechtsextremen Koalitionspartnern zugeschrieben. Insbesondere sein Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, hatte aus Protest gegen frühere Friedensabkommen das Kabinett verlassen und kehrte erst zurück mit Wiederaufnahme militärischer Aktionen gegen Gaza.
Finanzminister Bezalel Smotrich drohte mehrfach mit dem Bruch der Koalition bei Zugeständnissen an Friedensverhandlungen oder Waffenruhen. Medien berichten zudem über Konflikte zwischen Ben-Gvir sowie Smotrich einerseits und dem Armeechef Eyal Zamir andererseits; Zamir betonte mehrfach den militärischen Erfolg gegen die Hamas und bezeichnete sie als „tote Organisation“. Trotz dieser Einschätzung drängt Ben-Gvir auf Vertreibung großer Teile der palästinensischen Bevölkerung aus Gaza.
Netanjahus schwierige lage zwischen kriegspolitik und innenpolitik
Netanjahu steht vor einer Richtungsentscheidung: Entweder folgt er Trumps Plan zur Feuerpause inklusive möglicher Normalisierung mit Saudi-Arabien oder setzt er den harten Kurs seiner rechtsextremen Koalitionspartner fort? Ein Abkommen könnte einen Bruch innerhalb seiner Regierung provozieren oder Neuwahlen erzwingen.
Politisch steht Netanjahu derzeit stärker da als Anfang des Jahres – nicht zuletzt wegen seines Erfolgs beim Einsatz amerikanischer bunkerbrechender Bomben gegen iranische Atomanlagen während des Irankriegs vor knapp zwei Wochen. Diese Erfolge könnten ihm sowohl bei innerparteilichen Verhandlungen als auch bei einem möglichen Wahlkampf zugutekommen.
Gleichzeitig versucht Netanjahu bislang eher demokratische Institutionen wie das Justizsystem einzuschränken statt sie zu stärken – was seine Position komplex macht angesichts wachsender Kritik an seinem Regierungsstil.
Anzeichen für wahlkampf und diplomatische spannungen
Israelische Beobachter sehen Anzeichen dafür, dass sich Netanjahu bereits im Wahlkampfmodus befindet: Sein Besuch im Kibbuz Nir Oz nahe des Gazastreifens war sein erster seit dem Massaker vom Oktober 2023 dort; Terroristen hatten damals mindestens 30 Menschen getötet sowie mehr als 75 verschleppt. Bei diesem Besuch traf er auch Angehörige noch gefangener Israelis – darunter Mitglieder radikaler Protestbewegungen innerhalb Israels selbst.
Eine Neuwahl wäre riskant für ihn; viel steht auf dem Spiel persönlich wie politisch. Kürzlich forderte Trump öffentlich per Social Media das Ende des Korruptionsprozesses gegen Netanjahu – obwohl dies keine juristische Grundlage hat zeigt es doch das politische Gewicht dieses Problems für den Ministerpräsidenten auf: Ohne drohende Verurteilung könnte es ihm leichter fallen abzutreten oder Kompromisse einzugehen.