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Langsamer umstieg auf smart meter bremst energiewende in deutschland

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Der Ausbau intelligenter Stromzähler, sogenannter Smart Meter, verläuft in Deutschland deutlich langsamer als in anderen europäischen Ländern. Trotz gesetzlicher Vorgaben und wachsender Bedeutung für das Stromnetz der Zukunft stockt die Installation dieser Systeme erheblich.

Aktuelle situation beim ausbau von smart metern in deutschland

In Deutschland sind nur wenige Haushalte mit intelligenten Messsystemen ausgestattet. Anfang 2025 verfügten lediglich etwa zwei Prozent aller Haushalte über ein Smart-Meter-Gateway. Bei den gesetzlich verpflichteten Verbrauchern lag die Quote bei rund 14 Prozent – weit unter dem angestrebten Ziel. Im Vergleich dazu haben Länder wie Schweden, Norwegen und Finnland nahezu vollständige Abdeckung erreicht. Auch Frankreich und Spanien melden Installationsraten zwischen 90 und 99 Prozent. Der europäische Durchschnitt liegt Ende 2024 bei etwa 63 Prozent aller Stromkunden mit Smart Meter.

Die geringe Verbreitung erschwert die Energiewende erheblich, da intelligente Zähler eine zentrale Rolle bei der Steuerung des zunehmend dezentralen Energiesystems spielen. Sie ermöglichen es Netzbetreibern, Verbrauchs- und Einspeisedaten in Echtzeit zu erfassen und so Lastspitzen zu erkennen sowie flexibel zu steuern.

Ein Beispiel aus dem brandenburgischen Jüterbog zeigt die Herausforderungen im Alltag: Jan Helbing lädt sein E-Auto mit selbst erzeugtem Solarstrom und steuert alle Komponenten per App über ein Smart-Meter-Gateway. Die Installation dauerte jedoch zwei Jahre – trotz klarer gesetzlicher Vorgaben für den Einbau bei Photovoltaikanlagen ab sieben Kilowattpeak oder einem Jahresverbrauch von mehr als 6 000 Kilowattstunden.

Diese Verzögerungen sind kein Einzelfall, sondern spiegeln strukturelle Probleme wider: bürokratische Hürden, hohe technische Anforderungen an IT-Sicherheit sowie eine fragmentierte Marktstruktur mit rund 900 Netzbetreibern erschweren den Rollout erheblich.

Funktionalität und bedeutung intelligenter messsysteme für das stromnetz

Smart Meter sind weit mehr als digitale Stromzähler; sie erfassen präzise Verbrauchs- oder Einspeisedaten eines Haushalts oder Betriebs in Echtzeit und übertragen diese verschlüsselt an Netzbetreiber. Diese Daten bilden die Grundlage für ein digitales Lagebild des Niederspannungsnetzes, das durch Millionen dezentraler Erzeuger wie Solaranlagen oder Verbraucher wie Wärmepumpen zunehmend komplex wird.

Torsten Maus, Geschäftsführer von EWE NETZ, beschreibt die Herausforderung: „Wind- und Sonnenenergie sind immer zu unterschiedlichen Zeiten verfügbar – mal mehr Wind, mal weniger Sonne.“ Die Schwankungen erfordern eine ständige Anpassung zur Stabilisierung des Netzes. Intelligente Messsysteme liefern dafür unverzichtbare Informationen über aktuelle Verbrauchs- und Einspeisesituationen im Netzgebiet.

Durch diese Transparenz können Lastspitzen frühzeitig erkannt werden; flexible Verbraucher lassen sich gezielt so steuern, dass sie das Netz entlasten statt belasten – beispielsweise durch zeitversetztes Laden von Elektroautos oder Betrieb von Batteriespeichern während günstiger Phasen.

Darüber hinaus schaffen Smart-Meter-Gateways technische Voraussetzungen für dynamische Stromtarife: Preise passen sich je nach aktueller Netzbelastung an. Verbraucher profitieren finanziell davon; gleichzeitig wird der Energieverbrauch effizienter gestaltet – was einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leistet.

Ohne solche Systeme droht ein kostspieliger Blindflug im wachsenden dezentralen Energiesystem: Fehlende Transparenz kann Versorgungssicherheit gefährden sowie Investitionen unnötig verteuern beziehungsweise verzögern.

Hemmnisse beim roll-out intelligenter messsysteme

Die Ursachen für den schleppenden Ausbau der Smart Meter liegen vor allem in hohen technischen Anforderungen sowie bürokratischen Hürden begründet. In Deutschland gelten besonders strenge Vorgaben zur IT-Sicherheit der Gateways durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik . Carolin Schenuit vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft kritisiert diesen Ansatz scharf: „Die Anforderungen entsprechen eher einem Geheimdienstniveau als praktischen Bedürfnissen eines Messgeräts.“ Dies habe jahrelang Fortschritte verhindert trotz wichtiger Datensicherheitsaspekte.

Zusätzlich erschwert eine Vielzahl beteiligter Akteure den Prozess enorm: Rund 900 verschiedene Netzbetreiber sowie etwa 1 000 Energieversorger agieren auf dem deutschen Markt oft isoliert voneinander mit eigenen Systemen beziehungsweise Standards. Das führt laut BSI zu unnötigen Kostensteigerungen sowie Verzögerungen beim Rollout intelligenter Zählertechnik.

Innovative Unternehmen wie der norwegische Anbieter Tibber kämpfen gegen diese Fragmentierung an; ihr Geschäftsmodell basiert auf stündlich variierenden Börsenpreisen gekoppelt an intelligente Zählerkommunikation zur Steuerung des Verbrauchs am Kundenstandort:

Merlin Lauenburg von Tibber erklärt dazu: „Wir wissen von knapp 900 Netzbetreibern hierzulande ungefähr fünfhundert haben bis März keinen einzigen smarten Zähler installiert.“

Um politischen Druck aufzubauen hat Tibber gemeinsam mit weiteren Firmen im Jahr 2024 eine Initiative gestartet mit Forderungen nach Vereinfachung technischer Anforderungen sowie Abbau bürokratischer Hemmnisse zugunsten eines marktoffenen Ausbaus smarter Messtechnik.

Politische maßnahmen zur beschleunigung des smart-meter-rollouts

Mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende , gültig seit Mai 2023, wurde erstmals versucht den Ausbau intelligenter Messsysteme zu beschleunigen. Das Bundeswirtschaftsministerium meldet seitdem einen deutlichen Anstieg installierter Gerätezahlen gegenüber früherem Stand Anfang 2025.

Das BSI bewertet Vorschläge einer vereinfachten Variante namens „Smart Meter light“ kritisch; es verweist darauf, dass Effizienzpotenziale vor allem nicht durch Hardwarevereinfachungen entstehen würden, sondern durch Reduzierung organisatorischer Komplexität innerhalb vieler beteiligter Akteure.

Eine stärkere Konsolidierung unter rund 900 verschiedenen Netzwerkbetreibern könnte laut BSI Kosten senken sowie Abläufe beschleunigen.

Carolin Schenuit vom FÖS betont zusammenfassend:

„Wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen brauchen wir jetzt nicht nur Gesetze sondern auch konsequente digitale Umsetzung.“

Auch Merlin Lauenburg fordert neben gesetzlichen Rahmenbedingungen insbesondere pragmatische Lösungen um Innovation nicht weiter auszubremsen:

Der schleppende Rollout smarter Messtechnik bleibt somit zentrales Thema deutscher Energiepolitik angesichts steigender Bedeutung digitaler Infrastrukturkomponenten für sichere Versorgungssysteme auf Basis erneuerbarer Energien.

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