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Landessozialgericht Baden-Württemberg lehnt Erhöhung des Grades der Behinderung von 40 auf 50 ab

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Das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschied am 6. Mai 2024 über einen Antrag zur Erhöhung des Grades der Behinderung von 40 auf 50. Die Richter bestätigten damit eine strenge Prüfungspraxis bei Verschlimmerungsanträgen und zeigten, welche Anforderungen für eine erfolgreiche Nachbesserung erfüllt sein müssen.

Hintergrund und entscheidung im fall einer gdb-erhöhung

Die Klägerin litt unter mehreren gesundheitlichen Beeinträchtigungen, darunter Schlafapnoe, allergisches Asthma, Wirbelsäulenbeschwerden, Migräne sowie eine Hauterkrankung. Im Jahr 2021 erkannte das Sozialgericht Ulm ihr einen Grad der Behinderung von 50 zu. Die zuständige Behörde legte Berufung ein und erreichte vor dem Landessozialgericht am 06.05.2024 die Rückstufung auf GdB 40.

Das Gericht stellte klar, dass mehrere leichte Beeinträchtigungen nicht automatisch zu einer Schwerbehinderung führen. Entscheidend sei die konkrete Funktionseinschränkung im Alltag und deren Ausmaß – nicht allein die Anzahl der Diagnosen oder deren Summe an Einzelwerten. Das Urteil verdeutlicht somit den hohen Maßstab bei Anträgen zur Erhöhung des GdB: Es reicht nicht aus, einzelne Beschwerden aufzuzählen; vielmehr muss nachgewiesen werden, dass diese zusammen zu einer deutlichen Verschlechterung führen.

Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze ordnen jeder Erkrankung einen Einzel-GdB zu – meist in Stufen von zehn oder zwanzig Punkten bei leichten Einschränkungen. Erst wenn weitere Diagnosen das Leben deutlich stärker beeinträchtigen, steigt der Gesamt-GdB spürbar an. Im vorliegenden Fall fehlte dieser Effekt: Keine Erkrankung überschritt den Schwellenwert mittlerer Schweregrade.

Bedeutung der medizinischen beurteilung

Ein zentrales Element für den Erfolg eines Antrags ist die Qualität sowie Aktualität ärztlicher Gutachten und Befunde. Das Gericht wies neue MRT-Bilder zurück, da diese erst nach Einreichung der Klage entstanden waren und somit als verspätete Beweismittel galten.

Dies zeigt: Wer medizinische Nachweise erst spät vorlegt oder Termine nach Antragstellung wahrnimmt, riskiert deren Nichtberücksichtigung durch das Gericht – mit negativen Folgen für den Antragsteller.

Bedeutung ärztlicher gutachten und fristen beim verschlimmerungsantrag

Daher empfiehlt sich eine sorgfältige Vorbereitung mit aktuellen Berichten aus Facharztpraxen oder Kliniken möglichst innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten vor Antragstellung.

Im Verfahren versuchte die Klägerin zudem formale Einwände gegen die elektronische Berufungsunterschrift der Behörde geltend zu machen; das Landessozialgericht folgte diesem Argument jedoch nicht und wertete dies als Zeitverlust zugunsten medizinischer Sachargumente.

Darüber hinaus beeinflusste ein Befund analgetikainduzierter Kopfschmerzen negativ die Glaubwürdigkeit ihrer Migräne-Darstellung: Eine Überdosierung von Schmerzmitteln wurde als Eigenverantwortlichkeit gewertet und führte dazu, dass kein höherer GdB anerkannt wurde.

Rechte bei schwerbehinderung versus anspruch auf sozialleistungen

Ein Grad der Behinderung ab 50 eröffnet verschiedene Rechte wie erhöhte Freibeträge beim Einkommensteuerrecht sowie längere Kündigungsfristen am Arbeitsplatz oder zusätzlichen Urlaubsschutz.

Für Empfängerinnen beziehungsweise Empfänger von Bürgergeld ist insbesondere ein Mehrbedarf in Höhe von aktuell siebzehn Prozent relevant – dieser kann finanzielle Entlastungen bewirken.

Allerdings setzt auch dieser Anspruch voraus, dass die Versorgungsmedizinischen Grundsätze erfüllt sind; es genügt also keine bloße Addition einzelner Diagnosen ohne belegbare Alltagsbeeinträchtigung mittlerer Schweregrade.

Das Urteil nennt zudem Persönlichkeitsfaktoren wie eine histrionische Persönlichkeitsstruktur bei der Klägerin; laut Gutachten neigte sie zur Übertreibung ihrer Beschwerden – was vom Gericht kritisch bewertet wurde und Einfluss auf das Ergebnis hatte.

Praxisempfehlungen für verschlimmerungsanträge beim grad der behinderung

Aus dem Urteil lassen sich drei wesentliche Lektionen ableiten:

  1. Alle medizinischen Befunde sollten möglichst aktuell sein; idealerweise liegen sie höchstens zwölf Monate zurück zum Zeitpunkt des Antragsbeginns beziehungsweise Klageeinreichens.

  2. Es ist wichtig darzustellen beziehungsweise konkret zu beschreiben, welche Einschränkungen im Alltag bestehen bzw. welche Tätigkeiten aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht mehr ausgeführt werden können.

  3. Ein konsistenter Lebenslauf sollte erkennbar sein: Beispielsweise schließen sportliche Hobbys häufig gleichzeitig bestehende Schwerbehinderungen mittleren Grades aus bzw. wirken widersprüchlich gegenüber eingereichten Gesundheitsangaben.

Darüber hinaus weist das Gericht darauf hin, gerichtliche Fristen strikt einzuhalten: In diesem Fall erfolgte sieben Monate vor Urteilsverkündung ein Hinweis auf Entscheidungsreife seitens des Gerichts selbst.

Späte Einwände gegen vermeintliche „Überraschungs­ladungen“ wurden daher zurückgewiesen.

Diese Hinweise zeigen deutlich: Sorgfalt in Form- wie Sachfragen erhöht Chancen erheblich.

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