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Rückwirkende Zahlung der abschlagsfreien rente ab 2014 nach fehlender hinweispflicht des sozialgerichts karlsruhe

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Das Sozialgericht Karlsruhe entschied, dass die Rentenversicherung eine Altersrente rückwirkend zahlen muss, wenn sie neue Ansprüche nicht rechtzeitig mitteilt. Im konkreten Fall erhielt eine 1950 geborene Versicherte die abschlagsfreie Rente ab dem 1. Juli 2014 nachgezahlt, da sie damals bereits anspruchsberechtigt war.

Pflicht zum aktiven hinweis durch die rentenversicherung

Das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe betont die Hinweispflicht der Rentenversicherung gegenüber Versicherten bei neuen Leistungsansprüchen. Die Behörde ist verpflichtet, Versicherte aus eigenem Antrieb zu informieren, sobald Akten einen möglichen Anspruch erkennen lassen. Diese Pflicht gilt insbesondere nach gesetzlichen Reformen mit neuen Leistungsrechten wie der Einführung der abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte im Jahr 2014.

Allgemeine Informationsbroschüren oder pauschale Hinweise reichen laut Gericht nicht aus. Stattdessen sind konkrete und individuelle Hinweise erforderlich, damit Betroffene ihre Rechte fristgerecht wahrnehmen können. Das Gericht sah im vorliegenden Fall einen erheblichen Beratungsfehler: Die Klägerin wurde bei einer Beratung im Jahr 2014 nicht auf den neu entstandenen Anspruch hingewiesen und konnte deshalb ihren Antrag erst verspätet stellen.

Die Richter stellten klar: Eine EDV-gestützte Auswertung von Daten zur Erkennung anspruchsberechtigter Personen ist zumutbar und notwendig. Die Rentenversicherung darf sich nicht auf unklare Einzelfaktoren berufen oder ihre Hinweispflicht vernachlässigen. Wer anhand seiner Aktenlage offensichtlich mindestens 45 Jahre Wartezeit erreicht hat, muss zügig individuell informiert werden.

Diese aktive Informationspflicht soll verhindern, dass berechtigte Ansprüche aufgrund unterlassener Beratung verloren gehen oder verspätet geltend gemacht werden müssen.

Grundlagen und folgen der rückwirkenden rentenzahlung ab juli 2014

Die Klägerin erfüllte am Stichtag 1. Juli 2014 alle Voraussetzungen für die abschlagsfreie Altersrente nach mindestens 45 Versicherungsjahren – einem sogenannten besonders langjährig Versichertenstatus – konnte ihren Antrag jedoch erst im Mai 2015 stellen. Normalerweise beginnt eine Rente erst mit dem Monat des Antrags . Das Gericht wandte hier den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch an: Aufgrund des unterlassenen Hinweises durch die Rentenversicherung sei es zu einer schuldhaften Verzögerung gekommen.

Folglich wurde entschieden, dass die Rente so zu zahlen ist, als wäre der Antrag rechtzeitig gestellt worden – also rückwirkend ab Juli 2014 inklusive aller daraus resultierenden Zahlungen.

Mit dem RV-Leistungsverbesserungsgesetz vom gleichen Datum wurde erstmals eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte eingeführt; diese konnten nun schon mit Vollendung des Lebensjahres 63 ohne Abschläge in Rente gehen . Die Reform erweiterte deutlich den Kreis anspruchsberechtigter Personen und führte auch zur Berücksichtigung freiwilliger Beiträge unter bestimmten Bedingungen als Teil der Wartezeit von mindestens fünf Jahrzehnten Beitragszeiten.

Neben den Rentenzahlungen entsteht durch das Urteil auch ein Anspruch auf Beitragszuschüsse zur Krankenversicherung für freiwillig oder privat versicherte Rentnerinnen und Rentner während dieses Zeitraums; dieser Zuschuss orientiert sich an tatsächlichen Aufwendungen und muss gesondert beantragt werden.

Reformdetails seit juli 2014: rentenanspruch ohne abschlag für besonders langjährige versicherte

Zum Stichtag am 1. Juli 2014 trat das RV-Leistungsverbesserungsgesetz in Kraft und schuf neue Regelungen zur Altersrente ohne Abschläge für Menschen mit langer Versicherungshistorie von mindestens 45 Jahren Wartezeit .

Vor diesem Gesetz mussten viele Betroffene länger warten oder Abschläge in Kauf nehmen; nun konnten insbesondere ältere Geburtsjahrgänge bereits mit Vollendung ihres 66. Lebensjahres beziehungsweise früher je nach Geburtsjahrgang ohne finanzielle Einbußen in Ruhestand treten.

Die Reform erweiterte zudem die Möglichkeit zur Anrechnung freiwilliger Beiträge auf diese Mindestwartezeit erheblich – allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen:

  • Es müssen ausreichend Pflichtbeiträge vorhanden sein.
  • Freiwillige Beiträge innerhalb der letzten zwei Jahre vor Beginn der Rente zählen nur dann nicht dazu, wenn gleichzeitig Arbeitslosenzeiten bestehen.

Diese Einschränkungen sollten missbräuchliche Gestaltungen verhindern sowie gleichzeitig Menschen unterstützen, welche knapp an den erforderlichen 45 Jahren scheiterten, aber durch gezielte freiwillige Beitragszahlungen nun doch anspruchsberechtigt wurden.

Durch diese Neuerungen erhöhte sich sowohl Anzahl als auch Vielfalt potenzieller Berechtigter spürbar; dies machte korrekte individuelle Information umso wichtiger – was das Sozialgericht Karlsruhe ausdrücklich hervorhob.

Praktische empfehlungen bei vermutetem fehlendem hinweis auf rentenanwartschaft

Personen sollten prüfen lassen beziehungsweise selbst kontrollieren, ob sie seit dem Jahr 2014 neu anspruchsberechtigt geworden sind aufgrund gesetzlicher Änderungen wie etwa jener besonderen Langzeitrentnerregelung ohne Abschlag ab Alter 63 bzw., je nach Geburtsjahrgang, späterer Schwellenwerte.

Wichtig ist dabei:

  • Sichten Sie alle vorhandenen Unterlagen sorgfältig.
  • Dazu gehören Beratungsprotokolle sowie schriftliche Auskünfte über Ihre Versicherungslage.
  • Prüfen Sie Ihren aktuellen Versicherungsverlauf genau hinsichtlich Dauer Ihrer Pflicht-, Kindererziehungs-, Pflegezeiten sowie eventuell angerechneter freiwilliger Beiträge.

Sollten Sie feststellen,

dass Ihnen damals kein Hinweis gegeben wurde trotz offensichtlicher Anspruchsvoraussetzungen,

kann ein sogenannter Herstellungsanspruch bestehen – also das Recht darauf,

dass Ihre Rente so behandelt wird,

als hätten Sie rechtzeitig einen entsprechenden Antrag gestellt.

In diesem Fall empfiehlt es sich:

  • Einen aktuellen detaillierten Versicherungsverlauf anzufordern,
  • Den Überprüfungsantrag bei Ihrer zuständigen Stelle einzureichen,
  • Dabei explizit auf fehlende Beratung hinzuweisen,
  • Und gegebenenfalls zusätzlich den Zuschuss zur Krankenversicherung zu beantragen, falls keine gesetzliche Versicherungspflicht besteht.

Eine strukturierte Vorgehensweise erhöht Chancen darauf,

alle Ihnen zustehenden Leistungen einschließlich Nachzahlungen korrekt zu erhalten.

Bedeutung des urteil s2 r3648/15 für weitere rentenanträge und rechtsklarheit

Das Urteil stärkt grundsätzlich Rechte von Versicherten gegenüber ihrer Rentenkasse bei fehlerhafter Beratung oder unzureichender Information über neue Leistungsansprüche infolge gesetzlicher Änderungen.

Es zeigt klar:

Versicherungsverhältnisse dürfen wegen fehlender Hinweise nicht benachteiligt werden;

wenn ein neuer Anspruch entsteht,

muss aktiv informiert werden;

unterbleibt dies,

kann Rückwirkung bis zum Zeitpunkt tatsächlicher Berechtigung erfolgen;

weitere Gerichtsentscheidungen bestätigen diesen Trend zunehmend,

was mehr Rechtssicherheit schafft

und Betroffenen ermöglicht,

Beratungsfehler korrigieren zu lassen statt Nachteile dauerhaft tragen zu müssen.

Damit gewinnt das Thema „Hinweispflichten“ verstärkt Bedeutung

für alle Personen,

die zwischen Mitte der zwanziger Jahre bis heute längere Erwerbsbiografien aufgebaut haben

und deren Ansprüche wegen komplexer Rechtsänderungen noch ungeklärt sein könnten.

Wer gilt als besonders langjährig versichert? definition und anrechnungsregeln seit reformbeginn

Als „besonders langjährig“ gelten Personen mit einer Mindestwartezeit von 45 Jahren gemäß § 236a SGB VI bzw. verwandter Vorschriften.

Dabei zählen hauptsächlich Pflichtbeiträge aus Beschäftigung dazu;

auch Zeiten etwa wegen Kindererziehung oder Pflege können angerechnet werden;

Arbeitslosengeldbezugszeiten wirken sich jedoch einschränkend aus:

Beiträge innerhalb zweier Jahre vor Beginn eines möglichen Ruhestands gelten nur dann vollständig,

wenn keine gleichzeitigen Arbeitslosenzeiten vorliegen;

seit Inkrafttreten des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes vom Juli 2014 wurden zudem freiwillige Beiträge stärker berücksichtigt,

allerdings ebenfalls unter genannten Bedingungen bezüglich letzter zwei Jahre vor Eintritt ins Ruhegeldalter.

Wer unsicher ist sollte seine Zeiten professionell prüfen lassen

und ggf. fehlende Nachweise ergänzen, um seinen Status eindeutig festzustellen.

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