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Gleichstellung von arbeitnehmern mit grad der behinderung 30 am arbeitsplatz und ihre voraussetzungen

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Das Bundessozialgericht hat klargestellt, unter welchen Bedingungen Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung von 30 Anspruch auf Gleichstellung mit Schwerbehinderten haben. Dabei steht die Sicherung des Arbeitsplatzes im Mittelpunkt, auch wenn keine Kündigung unmittelbar droht.

Rechtliche grundlagen und anspruchsvoraussetzungen für die gleichstellung am arbeitsplatz

Die Gleichstellung von Arbeitnehmern mit einem Grad der Behinderung von mindestens 30 ist ein wichtiger Schutzmechanismus im deutschen Sozialrecht. Sie ermöglicht es Betroffenen, den besonderen Kündigungsschutz zu erhalten, der normalerweise Menschen mit Schwerbehinderung vorbehalten ist. Voraussetzung für eine solche Gleichstellung ist nach § 2 Abs. 3 SGB IX jedoch nicht nur das Vorliegen einer Behinderung, sondern auch eine konkrete Gefährdung des Arbeitsplatzes oder erhebliche Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche ohne diese Gleichstellung.

Im vorliegenden Fall hatte ein Arbeitnehmer einen anerkannten Grad der Behinderung von 30 aufgrund mehrerer Einzelerkrankungen. Er beantragte bei der Bundesagentur für Arbeit die Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen, da er seine Tätigkeit zwar weiterhin ausüben konnte, jedoch Einschränkungen beim Heben schwerer Lasten hatte. Die zentrale Frage war somit: Reicht die bloße Einschränkung in den Arbeitsfähigkeiten aus oder muss bereits eine Kündigungsdrohung vorliegen?

Die Bundesagentur lehnte den Antrag ab, weil keine ausdrückliche oder angedrohte Kündigung bestand und somit keine akute Gefährdung des Arbeitsplatzes gegeben sei. Der Arbeitgeber bestätigte zwar häufige Fehlzeiten aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen und erklärte zudem, dass eine Versetzung innerhalb des Betriebs nicht möglich sei. Dennoch sah die Agentur keinen Grund zur Gewährung besonderer Rechte.

Dieser Fall verdeutlicht das Spannungsfeld zwischen formalen Voraussetzungen und tatsächlichen Benachteiligungen am Arbeitsplatz sowie die Bedeutung einer differenzierten Prüfung durch Sozialgerichte.

Entscheidung des bundessozialgerichts zur gleichstellungsregelung

Das Bundessozialgericht entschied in seinem Urteil , dass eine Gleichstellung nicht erst dann erfolgen muss, wenn bereits eine Kündigung ausgesprochen wurde oder unmittelbar droht. Vielmehr diene sie dem Ziel einer frühzeitigen Integration behinderter Menschen in das Arbeitsleben und solle verhindern, dass erst Maßnahmen zum Abbau eines Arbeitsverhältnisses eingeleitet werden müssen.

Die Richter betonten: „Eine Gleichstellung setzt nicht voraus, dass das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist.“ Damit wird klar formuliert, dass präventive Schutzmaßnahmen notwendig sind – bevor sich Nachteile verschärfen oder gar ein Verlust des Arbeitsplatzes droht.

Im konkreten Fall führte das Gericht aus: Der Arbeitnehmer sei infolge seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen an seinem bisherigen Arbeitsplatz nicht mehr konkurrenzfähig gegenüber anderen Beschäftigten ohne Behinderungen gewesen. Diese Benachteiligung begründe einen Anspruch auf Nachteilsausgleiche wie etwa besonderen Kündigungsschutz durch Gleichstellung.

Zudem stellte das BSG heraus: Es reiche aus Sicht des Gesetzgebers aus, wenn durch die Gewährung einer Gleichstellung „mit hinreichender Wahrscheinlichkeit“ davon ausgegangen werden könne, dass dadurch der Verbleib im Betrieb gesichert werde – unabhängig davon ob aktuell schon konkrete Maßnahmen zur Beendigung geplant seien.

Diese Entscheidung stärkt damit grundsätzlich alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung ab 30 Punkten gegenüber Arbeitgebern sowie Behörden bei Anträgen auf besondere Schutzrechte am Arbeitsplatz.

Folgen für arbeitnehmer und praxisrelevanz dieser gerichtsurteile

Das Urteil hat weitreichende Bedeutung für Betroffene sowie deren Rechtsvertretung im Bereich Schwerbehindertenrecht beziehungsweise Nachteilsausgleich am Arbeitsmarkt. Es stellt klar heraus: Ein Anspruch auf Gleichstellung besteht grundsätzlich auch dann schon, wenn kein akutes Risiko einer Kündigung besteht – sondern lediglich eingeschränkte Wettbewerbsfähigkeit aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen vorliegt.

Für viele Beschäftigte bedeutet dies konkret:

  • Sie können früher als bisher angenommen besonderen Schutz erhalten.
  • Die Beantragung erfolgt über die Bundesagentur für Arbeit.
  • Eine genaue Dokumentation medizinischer Befunde sowie Auswirkungen auf Tätigkeiten ist wichtig.
  • Auch häufige Fehlzeiten können als Indizien gewertet werden.
  • Arbeitgeber müssen sich darauf einstellen, verstärkt Anträge prüfen zu lassen.

Aus Sicht betroffener Unternehmen empfiehlt es sich daher, interne Prozesse anzupassen, um frühzeitig Lösungen zu finden. Dies kann beispielsweise Umstrukturierungen beinhalten oder Anpassungen an den jeweiligen Gesundheitszustand einzelner Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter.

Insgesamt trägt dieses Urteil dazu bei, Diskriminierung wegen gesundheitlicher Einschränkungen abzubauen. Es fördert zudem Inklusion durch gezielte Unterstützung dort, wo sie notwendig erscheint. Damit wird dem sozialen Auftrag Rechnung getragen, behinderten Menschen gleiche Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Das Bundessozialgericht hat wichtige Klarstellungen getroffen, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit Personen mit einem Grad der Behinderung ab 30 Jahren vom besonderen gesetzlichen Schutz profitieren können – unabhängig davon ob bereits konkrete Gefahren wie etwa drohende Entlassung bestehen.

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