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vier jahre Taliban-herrschaft in Afghanistan: lebensrealität, frauenrechte und internationale reaktionen

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Die Machtübernahme der Taliban vor vier Jahren hat Afghanistan tiefgreifend verändert. Während die Sicherheitslage sich laut offiziellen Angaben verbessert hat, verschlechtert sich die Lebenssituation vieler Menschen, insbesondere von Frauen, dramatisch. Internationale Hilfsorganisationen berichten von massiven Einschränkungen und wachsender Armut.

lebensbedingungen unter der Taliban-herrschaft: alltag und einschränkungen für frauen

Seit dem Machtwechsel im August 2021 haben sich die Lebensumstände in Afghanistan grundlegend gewandelt. Besonders betroffen sind Frauen wie Fatema, eine 18-jährige Bewohnerin Kabuls, deren Name aus Sicherheitsgründen geändert wurde. Als die Taliban an die Macht kamen, besuchte sie noch die neunte Klasse mit dem Traum, internationale Beziehungen zu studieren – ein Wunsch, der heute unerreichbar scheint.

Frauen sind aus dem öffentlichen Leben weitgehend verschwunden. Weiterführende Schulen und Universitäten bleiben ihnen verwehrt; viele Berufe dürfen sie nicht mehr ausüben. Ein aktueller Erlass verbietet Frauen sogar das öffentliche Sprechen oder Singen – beides gilt als „moralisches Vergehen“. Diese Maßnahmen stehen im klaren Widerspruch zu den ursprünglichen Versprechen der Taliban von 2021, Frauenrechte zumindest innerhalb der Scharia zu respektieren.

Die sogenannte Sittenpolizei kontrolliert das Verhalten von Frauen rigoros. Laut Veronika Staudacher von der Hilfsorganisation Caritas wurden an manchen Tagen über hundert Frauen wegen angeblich unangemessener Kleidung oder fehlender männlicher Begleitung festgenommen. Die Arbeit humanitärer Organisationen wird durch bürokratische Hürden erschwert; afghanische Mitarbeiterinnen dürfen nicht für ausländische Organisationen tätig sein.

Die Vereinten Nationen dokumentieren rund 100 Dekrete seit Rückkehr der Taliban an die Macht – alle zielen auf eine Einschränkung weiblicher Rechte ab. Über 78 Prozent aller afghanischen Frauen sind weder in Ausbildung noch beruflich aktiv.

Wirtschaftliche lage und sicherheitssituation: zwischen stabilisierung und hilfebedarf

Trotz internationaler Kritik behauptet das Islamische Emirat unter Führung der Taliban eine Stabilisierung des Landes erreicht zu haben. Auf dem Mandawi-Markt in Kabul wirkt das tägliche Leben vergleichsweise normal: Händler bieten Hülsenfrüchte sowie Gewürze an; etwa 80 Prozent aller Waren stammen inzwischen aus eigener Produktion.

Der stellvertretende Sprecher des Islamischen Emirats, Hamdullah Fetrat, betont gegenüber dem ARD-Studio Neu-Delhi Fortschritte bei Arbeitsplätzen sowie Preis- und Wechselkurskontrollen zur Vermeidung von Inflation. Einige Ladenbesitzer bestätigen eine verbesserte Sicherheitssituation im Vergleich zur Zeit vor vier Jahren; längere Öffnungszeiten seien möglich geworden.

Dennoch bleibt mehr als ein Drittel der Bevölkerung arbeitslos oder sucht Beschäftigung im Ausland – fast 23 Millionen Menschen benötigen humanitäre Hilfe laut internationalen Organisationen wie Caritas oder UN-Agenturen.

Verschärft wird diese Lage durch Rückkehrerinnen und Rückkehrer aus Pakistan sowie Iran: Allein dieses Jahr nahm Afghanistan etwa zwei Millionen Menschen auf, was zusätzliche Belastungen verursacht hat. Der Wegfall großer Teile internationaler Entwicklungshilfe nach Abzug westlicher Akteure verstärkt den Druck auf lokale Strukturen weiter erheblich.

Diplomatische annäherung trotz fehlender anerkennung: neue kontakte weltweit

Obwohl viele Staaten die Taliban-Regierung weiterhin nicht offiziell anerkennen, lockert sich ihre Isolation zunehmend spürbar auf internationaler Ebene. Das International Institute for Strategic Studies zählt aktuell mindestens 17 Länder mit wieder eröffneten Vertretungen in Kabul.

Das Islamische Emirat selbst gibt an über weltweit 39 Botschaften beziehungsweise Konsulate zu verfügen; Russland erkannte es im Juli als erstes Land offiziell als Regierung Afghanistans an – ein bedeutendes Signal für weitere diplomatische Entwicklungen.

Auch Deutschland passt seine Haltung schrittweise an: Um Abschiebungen besser durchsetzen zu können, sollen zwei Vertreter des Islamischen Emirats offiziell in Berlin akkreditiert werden. Hamdullah Fetrat formuliert gegenüber Deutschland klare Absichten einer kooperativen Außenpolitik ohne Bedrohung anderer Staaten durch Afghanistan selbst.

Diese Annäherung zeigt einen pragmatischen Umgang mit den Realitäten vor Ort trotz bestehender Differenzen bezüglich Menschenrechten oder politischer Legitimität seitens westlicher Regierungen.

perspektiven junger frauen wie Fatema zwischen hoffnungslosigkeit und widerstandskraft

Zurück bei Fatema in Kabul zeigt sich eindrücklich das Spannungsfeld zwischen persönlichem Alltag unter strengen Restriktionen und innerem Widerstandswillen junger Afghaninnen heute:

Sie verbringt ihre Tage meist zuhause am Fenster sitzend; nur Koranschule darf sie weiterhin besuchen – andere Schulbücher meidet sie bewusst wegen emotionaler Belastung durch verlorene Träume vergangener Jahre.
Fatema beschreibt ihr Gefühl so: „Ich fühle mich wie im Gefängnis.“ Die grundlegenden Rechte seien ihr genommen worden.
Trotz allem hält sie fest am Glauben daran, dass Veränderungen möglich bleiben könnten:
„Auch wenn es immer härter wird – wir kämpfen weiter… Es wird nicht für immer so bleiben.“

Diese Worte spiegeln den Mut vieler junger Mädchen wider angesichts eines Umfeldes voller Unsicherheiten sowie gesellschaftlicher Zwänge unter einem Regime mit rigiden Vorstellungen vom Platz der Frau.

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