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Frankenburger würfelspiel in oberösterreich: historisches drama und aktuelle erinnerungskultur

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Das „Frankenburger Würfelspiel“ zieht jährlich rund 500 Laiendarsteller und zahlreiche Besucher nach Frankenburg in Oberösterreich. Die historische Nachstellung des dramatischen Ereignisses von 1625 verbindet Geschichte mit gesellschaftlicher Relevanz.

Das frankenburger würfelspiel als historisches theaterereignis

Das „Frankenburger Würfelspiel“ ist eine der größten Freiluftinszenierungen Europas und findet seit Jahrzehnten im oberösterreichischen Frankenburg statt. Rund 500 Laiendarsteller schlüpfen dabei in historische Kostüme, um ein bedeutendes Ereignis aus dem Jahr 1625 nachzustellen. Damals sollte ein katholischer Geistlicher in Frankenburg eingesetzt werden, was bei der überwiegend evangelischen Bevölkerung zu einem bewaffneten Aufstand führte. Der adelige Statthalter reagierte mit einer grausamen Strafe: Er ließ 36 Männer würfeln – wer verlor, musste sein Leben lassen.

Die Inszenierung bringt diese dramatische Geschichte eindrucksvoll auf die Bühne. Pferde preschen durch die Nacht, Menschen strömen aus den umliegenden Feldern herbei, um Zeugen dieses packenden Historiendramas zu werden. Das Stück wird noch an diesem Wochenende aufgeführt und zieht Besucher aus ganz Österreich an.

Neben der historischen Darstellung vermittelt das Stück auch eine Botschaft für die Gegenwart: Es zeigt die Bedeutung von Menschenrechten und Toleranz gegenüber Andersgläubigen auf eindringliche Weise. Diese Parallelen zur heutigen Zeit wurden bei der Premiere besonders betont.

Erinnerungskultur zwischen politik und kontroversen namensgebungen

Die Aufführung des „Frankenburger Würfelspiels“ regt auch zur Auseinandersetzung mit aktuellen politischen Fragen an – insbesondere im Umgang mit Österreichs NS-Vergangenheit. Oberösterreichs Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner verwies in seiner Rede vor der Premiere auf die Wichtigkeit von Achtung und Toleranz gegenüber Minderheiten sowie den Schutz der Menschenrechte.

Diese Haltung steht jedoch im Kontrast zur politischen Realität: In Oberösterreich koaliert seine Partei mit der FPÖ, deren Vertreter sich häufig gegen klare Positionierungen zum Thema NS-Vergangenheit sperren oder blockieren. Dieses Spannungsfeld spiegelt eine typisch österreichische Haltung wider – nämlich öffentlich Werte zu vertreten, aber politisch oft anders zu handeln oder heikle Themen eher auszuklammern.

Ein Beispiel dafür ist die Benennung von Straßen nach Personen mit belasteter Vergangenheit: In Frankenburg wurde ein Weg nach dem Autor des ursprünglichen Stücks benannt, Karl Itzinger, einem bekannten NS-Propagandisten. Um Kritik abzumildern, wurde dieser Weg offiziell nun nach Josef Itzinger benannt – einem Theologen –, während der Straßenname erhalten blieb.

Ähnlich verhält es sich in anderen Regionen wie etwa Ried, wo politische Kompromisse solche Umbenennungen prägen oder verzögern.

Braunau als beispiel für schwierige auseinandersetzung mit ns-vergangenheit

In Braunau am Inn gestaltet sich die Aufarbeitung besonders schwierig trotz großer Symbolkraft des Ortes als Geburtsstadt Adolf Hitlers. Erst vor wenigen Wochen fand dort eine Mehrheit für die Umbenennung zweier Straßen statt, deren Namen Nationalsozialisten trugen: Josef Reiter und Franz Resl waren Namensgeber dieser Verkehrswege gewesen.

Der Umbau von Hitlers Geburtshaus zu einer Polizeistation verdeutlicht den Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger nach Distanzierung vom nationalsozialistischen Erbe – doch politische Widerstände bleiben bestehen: Bei Abstimmungen stimmten FPÖ-Vertreter regelmäßig gegen entsprechende Maßnahmen zur Umbenennung oder Erinnerungskultur.

Im Herbst steht zudem eine weitere Abstimmung über die Umbenennung einer Stiege bevor, benannt nach dem Nazi Eduard Kriechbaum; dies bietet erneut Gelegenheit für klare Positionierungen innerhalb der Stadtgesellschaft Braunaus sowie darüber hinaus im Bundesland Oberösterreich insgesamt.

Herausforderungen bei erinnerungspolitik in österreichischen städten

Nicht nur FPÖ-Politiker erschweren Veränderungen im Umgang mit belasteten Straßennamen; auch andere Parteien zeigen Zurückhaltung oder zögerliches Vorgehen beim Thema Erinnerungskultur:

In Salzburg sind noch immer mehr Straßen nach ehemaligen NSDAP-Mitgliedern benannt als beispielsweise Frauen . Die rot-rot-grüne Stadtregierung geht hier nur langsam voran trotz öffentlicher Debatten über angemessene Ehrungen beziehungsweise kritische Distanzierung von belasteten Persönlichkeiten aus dem Nationalsozialismus.

Auch Wien bleibt hinter Erwartungen zurück: Dort existiert weiterhin ein Platz samt Denkmal zum Gedenken an den Antisemiten Karl Lueger – obwohl dessen Rolle zunehmend kritisch bewertet wird und Forderungen bestehen, solche Ehrungen abzubauen oder umzubenennen.

Diese Beispiele zeigen deutlich das Spannungsfeld zwischen Traditionen sowie politischem Willen auf Veränderung versus Widerständen innerhalb verschiedener gesellschaftlicher Gruppen beziehungsweise Parteien unterschiedlicher Couleur in Österreichs Städten auf regionaler Ebene bis hin zur Bundeshauptstadt Wien.

Straßen- und platznamen als spiegel gesellschaftlicher erinnerung

Straßen‑und Platznamen sind mehr als bloße Orientierungshilfen; sie stellen öffentliche Würdigungen dar sowie kollektive Erinnerungsorte einer Gesellschaft dar. Die Benennung trägt dazu bei, welche Persönlichkeiten gewürdigt werden — gleichzeitig reflektiert sie Wertevorstellungen eines Landes beziehungsweise einer Region zum jeweiligen Zeitpunkt ihrer Vergabe bzw. Änderung dieser Namensträgerinhalte – gerade wenn es um sensible Themen wie Nationalsozialismus geht.

Viele Stimmen fordern daher seit Jahren konsequente Entfernung sogenannter „brauner Flecken“ aus dem öffentlichen Raum Österreichs zugunsten eines bewussteren Umgangs mit Geschichte unter Einbeziehung aller Bevölkerungsgruppen inklusive Minderheiten.

80 Jahre nach Befreiung vom Nationalsozialismus zeigt sich jedoch weiterhin deutliche Uneinigkeit darüber hinausgehender Konsequenzen hinsichtlich symbolischer Zeichen wie Straßennamen – sowohl politisch als auch gesellschaftlich.

Die Diskussion um das Frankenburger Würfelspiel verbindet somit nicht nur kulturelles Theatererlebnis sondern stellt zugleich einen Spiegel aktueller Herausforderungen dar – nämlich wie Erinnerungspolitik gestaltet wird ohne Verdrängung alter Konflikte.

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