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Besonderer kündigungsschutz für schwerbehinderte arbeitnehmer am beispiel eines hausmeisters in leipzig

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Der besondere Kündigungsschutz für schwerbehinderte Arbeitnehmer verpflichtet Arbeitgeber, vor einer Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes einzuholen. Ein aktueller Fall aus Leipzig zeigt, unter welchen Voraussetzungen dieser Schutz greift und wann eine Entschädigungsforderung aussichtslos bleibt.

Grundlagen des besonderen kündigungsschutzes bei schwerbehinderung

Schwerbehinderte Arbeitnehmer genießen einen gesetzlichen Sonderkündigungsschutz. Dieser sieht vor, dass der Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung grundsätzlich die Zustimmung des zuständigen Integrationsamtes einholen muss. Diese Regelung soll verhindern, dass Menschen mit Schwerbehinderung ohne sachlichen Grund entlassen werden und schützt sie somit vor Diskriminierung im Arbeitsleben.

Eine Ausnahme besteht in den ersten sechs Monaten eines Arbeitsverhältnisses: In dieser Probezeit ist keine Zustimmung erforderlich. Wird das Integrationsamt nicht beteiligt, ist die ausgesprochene Kündigung unwirksam und kann vom Arbeitnehmer angefochten werden.

Voraussetzung für den besonderen Schutz ist jedoch, dass zum Zeitpunkt der Kündigung entweder eine Schwerbehinderung bereits amtlich festgestellt wurde oder diese offenkundig erkennbar war. Alternativ reicht es aus, wenn mindestens drei Wochen vor Zugang der Kündigung ein Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung gestellt wurde. Das Bundesarbeitsgericht hat dies in seinem Urteil klargestellt und damit präzisiert, wann der Schutz greift.

Der Begriff „offenkundig“ bedeutet dabei konkret: Die Behinderung muss für den Arbeitgeber klar erkennbar sein und darf keinen Zweifel zulassen. Liegt keine dieser Voraussetzungen vor – etwa wenn ein Antrag erst nach Zugang der Kündigung gestellt wird – entfällt die Pflicht zur Einholung der Zustimmung durch das Integrationsamt.

Dieser rechtliche Rahmen bildet die Grundlage dafür, ob eine Entschädigungsforderung wegen unterlassener Beteiligung des Integrationsamtes Erfolg haben kann oder nicht.

Fallbeispiel leipziger hausmeister klagt gegen stadt wegen fehlender integrationsamtzustimmung

Ein Hausmeister aus Leipzig führte einen langwierigen Rechtsstreit um eine Entschädigungszahlung nach seiner fristgerechten Kündigung durch seinen Arbeitgeber – einem Gebäudeservice-Unternehmen –, das an einer Leipziger Grundschule tätig war. Die Stadt Leipzig fungierte als Auftraggeber dieses Unternehmens; sie hatte den Auftrag zur Betreuung des Schulgebäudes gekündigt und damit indirekt auch das Arbeitsverhältnis beendet.

Im Jahr 2018 wurde der Hausmeister arbeitsunfähig krankgemeldet; kurz darauf erhielt er zum 30.04.2018 seine ordentliche Kündigung mit dem Hinweis auf Wegfall seiner Stelle infolge Auftragskündigung durch die Stadt Leipzig. Die schriftlichen Kündigungen datieren vom 29., 31., beziehungsweise korrigiert vom 04. April 2018 als Zugangsdaten beim Mitarbeiter.

Nach Erhalt der Kündigung forderte er im April desselben Jahres von seinem ehemaligen Einsatzort erfolglos eine Entschädigungszahlung aufgrund vermeintlicher Verletzung seines besonderen Schutzes als schwerbehinderter Mensch ein – zu diesem Zeitpunkt lag jedoch noch kein Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung vor.

Erst im Oktober beantragte er beim zuständigen Landesverwaltungsamt offiziell die Feststellung seiner Schwerbehinderteneigenschaft; diese erfolgte anschließend positiv bestätigt . Damit lag sein Antrag mehr als sechs Monate nach Zugang seiner ordentlichen Beendigungserklärung beim Arbeitgeber bzw. dessen Auftraggeberin Stadt Leipzig.

Gerichtliche verlaufsstationen der klagesache

In mehreren Instanzen versuchte er nun gerichtlich geltend zu machen, dass seine Rechte verletzt wurden: Vor dem Arbeitsgericht verwies er darauf, dass ohne Beteiligung des Integrationsamtes keine wirksame Beendigung möglich gewesen sei und forderte Schadensersatz beziehungsweise Entschädigungen statt eines klassischen Aufhebungs- oder Wiedereinstellungsprozesses.

Das Landesarbeitsgericht wies seine Klage ab; auch in letzter Instanz bestätigte das Bundesarbeitsgericht diese Entscheidung . Der Fall illustriert exemplarisch Grenzen sowie Anforderungen an den besonderen gesetzlichen Schutz von Menschen mit Behinderungen im Beschäftigtenverhältnis gegenüber öffentlichen Auftraggebern wie Kommunen oder deren Dienstleistern.

Entscheidung des bundesarbeitsgerichts zur wirkung verspäteter anträge auf schwerbehindertenfeststellung

Das Bundesarbeitsgericht stellte klar heraus: Für den Anspruch auf besonderen kündigungsrechtlichen Schutz muss zum Zeitpunkt des Zugangs einer ordentlichen oder außerordentlichen Beendigungserklärung entweder bereits eine amtliche Feststellung über die Schwerbehinderteneigenschaft bestehen oder diese unzweifelhaft offenkundig sein beziehungsweise mindestens drei Wochen vorher ein entsprechender Antrag eingegangen sein .

Im konkreten Fall hatte sich gezeigt: Der Kläger reichte seinen Antrag erst gut sechs Monate nach Erhalt seiner fristgerechten Vertragsbeendigng bei seinem ehemaligen Arbeitgeber bzw. dessen Auftraggeberin ein – somit fehlten alle Voraussetzungen für einen wirksamen Sonderkündigungsschutz gemäß § 168 SGB IX sowie § 174 SGB IX analog Anwendung finden können).

Die Richter betonten ausdrücklich:

„Offenkundigkeit bedeutet hier Klarheit über Art und Umfang der Behinderung ohne jeden Zweifel seitens des Arbeitgebers.“

Da dies nicht gegeben war und kein rechtzeitiger Antrag gestellt worden war, bestand keine Verpflichtung zur Einholung einer Zustimmungsentscheidung durch das Integrationsamt bei Ausspruch jener ordentlichen Vertragsbeendigungsschreiben Ende März / Anfang April 2018 gegenüber dem Kläger-Hausmeister aus Leipzig.

Ohne festgestellte oder offenkundige Behinderung entfällt folglich auch jeglicher Anspruch auf Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Beteiligung dieses Amtes am Verfahren gemäß §§ 95 ff SGB IX sowie arbeitsrechtlicher Vorschriften zum Sonderkündigungsschutz.

Diese Entscheidung verdeutlicht praxisnah Grenzen von Rechten behinderter Beschäftigter insbesondere dann, wenn Anträge spät gestellt werden bzw. erst nach Kenntnisnahme von beabsichtigten Maßnahmen erfolgen.

Sie stellt zugleich wichtige Orientierungshilfe dar sowohl für Betroffene wie auch Unternehmen hinsichtlich korrektem Umgang mit gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensabläufen rund um Integration sowie Gleichbehandlung behinderter Menschen im Erwerbsleben.

Die Rechtsprechung stärkt so zwar grundsätzlich Rechte behinderter Arbeitnehmerinnen, aber macht zugleich deutlich, welche Fristen zwingend einzuhalten sind, um diesen umfassenden gesetzlichen Schutz tatsächlich wirksam geltend machen zu können.

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