Die ukrainische Journalistin Viktoria Roschtschyna berichtete monatelang aus den von Russland besetzten Gebieten der Ostukraine. Nach ihrer Gefangennahme im August 2023 wurde ihr Tod erst im Oktober 2024 bestätigt. Im Februar 2025 kehrte ihr Leichnam nach Kiew zurück, wo sie nun beigesetzt wurde.
Würdigung der journalistin auf dem unabhängigkeitsplatz in kiew
Am Unabhängigkeitsplatz, dem Maidan Nesaleschnosti im Herzen von Kiew, versammelten sich Hunderte Menschen, um der verstorbenen Journalistin Viktoria Roschtschyna die letzte Ehre zu erweisen. Vier Männer trugen ihren schwarzen Sarg aus einem Fahrzeug und stellten ihn auf dem zentralen Platz auf. Die Anwesenden gingen nieder, als Zeichen des Respekts und Gedenkens an die mutige Berichterstatterin.
Roschtschyna hatte immer wieder aus den russisch besetzten Gebieten der Ukraine berichtet und sich damit selbst großen Gefahren ausgesetzt. Im August 2023 verlor sich ihre Spur im Süden des Landes; russische Behörden verweigerten monatelang jegliche Auskunft über ihren Verbleib. Erst im April 2024 bestätigten offizielle Stellen ihre Gefangenschaft in Russland. Die Familie erhielt erst ein halbes Jahr später die Nachricht vom Tod der Journalistin.
Viele Kolleginnen und Kollegen sowie Angehörige kamen zum Maidan, um Abschied zu nehmen. Unter ihnen war auch Angelina Karjakina, Chefredakteurin des Fernsehsenders Suspilne, für den Roschtschyna gearbeitet hatte: „Vika gab nie auf“. Sie beschrieb die Verstorbene als eine Person mit unermüdlichem Einsatz für den Journalismus – eine Berufung für sie gewesen sei.
Berufung journalismus unter lebensgefahr
Für Viktoria Roschtschyna war das Berichten nicht nur ein Beruf, sondern eine Lebensaufgabe mit großer Verantwortung gegenüber Wahrheit und Öffentlichkeit. Ihre Arbeit führte sie immer wieder in gefährliche Regionen unter russischer Besatzung – ein Einsatz mit hohem persönlichem Risiko.
Angelina Karjakina erinnerte daran, dass Roschtschyna keine Beschwerden äußerte: „Ich habe nie gehört, dass sie Hunger hatte oder müde war.“ Urlaub oder freie Tage nahm sie kaum; stattdessen widmete sie sich unermüdlich ihrer Arbeit bei verschiedenen ukrainischen Medienhäusern wie Suspilne. Diese Haltung machte sie zu einer herausragenden Persönlichkeit innerhalb der ukrainischen Journalistenszene.
Der Verlust trifft viele Kolleginnen und Kollegen tief; einige berichteten während der Trauerfeierlichkeiten mit Tränen in den Augen vor laufender Kamera über das Leben und Wirken von Roschtschyna – ein Zeugnis ihres bleibenden Einflusses auf die Medienlandschaft während des Krieges.
Rückkehr des leichnams und ungeklärte todesursache
Im Februar 2025 wurde der Leichnam von Viktoria Roschtschyna zusammen mit Hunderten anderen Toten an die Ukraine übergeben – darunter zahlreiche gefallene Soldaten. Ursprünglich war ihr Körper als „nicht identifizierte männliche Person“ deklariert worden. Nur durch intensive Recherchen investigativer Journalistinnen sowie einen DNA-Abgleich konnte ihre Identität schließlich bestätigt werden.
Die Generalstaatsanwaltschaft teilte mit, dass aufgrund des Zustands der Leiche keine eindeutige Todesursache festgestellt werden konnte; fortgeschrittene Verwesung erschwerte jede genaue Analyse erheblich. Dennoch wiesen mehrere Abschürfungen sowie Knochenbrüche darauf hin, dass Folter angewandt worden sein könnte.
Diese Erkenntnisse fügen sich in Berichte über systematische Misshandlungen ukrainischer Zivilisten in russischen Gefängnissen ein: Laut Tetjana Katrytschenko von einer Medieninitiative für Menschenrechte sind dort Schläge üblich; Schlaf- oder Nahrungsentzug gehören ebenso zur Praxis wie Drohungen sexueller Gewalt oder Elektroschocks zur Folterung Gefangener.
Folterberichte aus russischen gefängnissen gegen zivilisten und journalisten
Der Fall Viktoria Roschtschnyas ist kein Einzelfall: Mindestens 28 weitere Journalistinnen und Journalisten sitzen laut Organisation Reporter ohne Grenzen derzeit noch in russischer Haft fest – oft unter unmenschlichen Bedingungen leidend.
Sewhil Musajewa, Chefredakteurin bei Ukrainska Prawda, fordert verstärkten internationalen Druck gegen Russland zur Freilassung dieser Personen: Sie nennt exemplarisch Iryna Danylowytsch sowie Dmytro Chiljuk von Nachrichtenagentur UNIAN als Beispiele für Inhaftierte unter schwerer Misshandlung etwa im Gefängnis Wladimir nahe Moskau.
Musajewa betont: „Wir wollen Aufmerksamkeit für unsere Kollegen schaffen“, denn viele Häftlinge hätten stark an Gewicht verloren oder würden gefoltert werden – dies müsse öffentlich bekannt gemacht werden angesichts ihrer prekären Lage hinter Gittern seit Beginn des Krieges zwischen beiden Ländern.
Seltenheit unabhängiger berichterstattung aus besetzten gebieten
Unabhängige journalistische Berichte direkt aus den aktuell besetzten Gebieten sind äußerst selten geworden – sowohl wegen hoher Risiken als auch logistischer Hindernisse beim Zugang dorthin. Sewhil Musajewa kann weder bestätigen noch verneinen, ob es noch aktive ukrainische Reporter vor Ort gibt:
„Frühere Mitarbeiter unserer Redaktionen arbeiten nicht mehr dort“, erklärt sie weiter. „Selbst internationale Korrespondenten kommen nur vereinzelt hinein.“
Vor diesem Hintergrund hebt Musajewa hervor, wie außergewöhnlich mutig Viktoria Roschtschnyas Engagement gewesen sei:
„Das was Vika tat war absolut einzigartig.“
Ihr Vermächtnis bestehe darin fortzuleben durch ihre Reportagen – diese würden dazu beitragen sicherzustellen, dass man sich langfristig an diesen Krieg erinnere.