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Versorgungsausgleich bei scheidung: wie rentenbescheide in nordrhein-westfalen gekürzt werden

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Viele geschiedene Rentnerinnen und Rentner in Nordrhein-Westfalen erleben beim Erhalt ihres ersten Rentenbescheids eine unerwartete Kürzung ihrer Altersrente. Grund dafür ist häufig der Versorgungsausgleich, der die während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften zwischen den Ex-Partnern aufteilt. Ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen bestätigt diese Praxis auch dann, wenn die geschiedene Partnerin oder der Partner noch keine eigene Rente bezieht.

Versorgungsausgleich und seine auswirkungen auf rentenansprüche nach scheidung

Der Versorgungsausgleich ist eine familienrechtliche Regelung, die bei einer Scheidung sicherstellen soll, dass die während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften gerecht zwischen den Eheleuten verteilt werden. Dabei werden Entgeltpunkte – also die Grundlage für die spätere Rentenhöhe – rechnerisch hälftig geteilt und von einem Versicherungskonto auf das andere übertragen. Diese Maßnahme soll verhindern, dass ein Partner durch eine lange Ehezeit ohne eigenes Einkommen im Alter benachteiligt wird.

Früher galt das sogenannte Rentnerprivileg: Die Kürzung der eigenen Rente wurde erst wirksam, wenn auch der oder die geschiedene Ex-Partnerin tatsächlich Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezog. Dieses Privileg wurde jedoch im Jahr 2009 abgeschafft. Seitdem tritt die Kürzung sofort mit Rechtskraft des Versorgungsausgleichs in Kraft – unabhängig davon, ob und wann der andere Teil seine Rente erhält.

Das bedeutet konkret: Selbst wenn ein Ex-Ehepartner noch keine Rente bezieht oder erst Jahre später damit beginnt, wird dem anderen bereits jetzt ein Teil seiner Entgeltpunkte abgezogen und somit seine monatliche Altersrente reduziert. Dies führt oft zu erheblichen finanziellen Einbußen bei Betroffenen kurz vor oder zum Zeitpunkt ihres eigenen Ruhestands.

Gerichtsurteil des lsg nordrhein-westfalen bestätigt sofortige kürzung trotz fehlender rente beim ex-partner

Im April 2024 entschied das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen über einen Fall eines geschiedenen Mannes aus Dortmund, dessen Regelaltersrente aufgrund eines rechtskräftigen Versorgungsausgleichs gekürzt wurde – obwohl seine ehemalige Ehefrau noch keine eigene gesetzliche Rente bezog. Der Kläger forderte eine Aufschiebung dieser Kürzung bis zum tatsächlichen Leistungsbezug seiner Ex-Frau.

Das Gericht wies diese Klage ab mit dem Hinweis darauf, dass allein das Vorliegen eines rechtskräftigen Versorgungsausgleichs maßgeblich sei und nicht dessen aktuelle Auswirkung auf den anderen Partner. Die Deutsche Rentenversicherung habe gesetzeskonform gehandelt; es bestehe kein Anspruch darauf, den Abzug von Entgeltpunkten zeitlich zu verschieben.

Dieses Urteil verdeutlicht für viele Betroffene eine schwer nachvollziehbare Rechtslage: Die finanzielle Belastung entsteht unmittelbar mit dem Bescheid zur eigenen Altersrente – unabhängig vom Status des ehemaligen Partners beziehungsweise dessen Bezug von Leistungen aus dem Sozialversicherungssystem.

Folgen für betroffene rentnerinnen und rentner sowie mögliche hilfsangebote

Die unmittelbare Wirkung des Wegfalls des sogenannten Rentnerprivilegs führt dazu, dass viele Menschen im Alter weniger Geld zur Verfügung haben als erwartet – trotz lebenslanger Erwerbsarbeit und Beitragszahlungen in die gesetzliche Rentenkasse. Besonders problematisch ist dies dann, wenn sich an den Lebensverhältnissen seit Abschluss des Versorgungsausgleichs viel geändert hat oder dieser lange zurückliegt und daher kaum noch präsent ist.

In einigen Fällen sind Differenzen so groß geworden, dass Betroffene gezwungen sind einen Antrag auf Grundsicherung im Alter zu stellen oder gegebenenfalls Bürgergeld zu beantragen. Eine nachträgliche Korrektur durch Widerspruch bei der Deutschen Rentenversicherung ist ausgeschlossen; rechtlicher Weg führt nur über Familiengerichte mittels Anträgen zur Abänderung gemäß § 51 VersAusglG .

Solche Verfahren sind jedoch komplex sowie langwierig mit ungewissem Ausgang; sie erfordern meist fachanwaltliche Beratung im Familienrecht sowie sorgfältige Prüfung aller Unterlagen rund um Scheidungsbeschluss und ursprünglichen Ausgleichsbeschluss.

Sozialverbände wie VdK oder SoVD bieten ihren Mitgliedern Beratungen an; zudem gibt es Informationsangebote seitens Deutscher-Rentenversicherung-Stellen vor Ort für individuelle Fragen rund um Versorgungsanwartschaften nach Scheidung.

Praktische empfehlungen zum umgang mit versorgungsausgleichen in rentenbescheiden

Wer bereits einen aktuellen Bescheid über seinen zukünftigen Bezug einer gesetzlichen Altersrente erhalten hat sollte diesen genau prüfen: Erwähnungen von „Abzug von Entgeltpunkten“ beziehungsweise „Übertragung auf das Versicherungskonto des geschiedenen Ehepartners“ deuten klar auf einen vollzogenen Versorgungsausgleich hin.

Es empfiehlt sich dringend alle relevanten Dokumente bereitzuhalten: insbesondere Scheidungsurteile inklusive Beschlüsse zum Versorgungsausgleich sowie frühere Mitteilungen zur Kontostandentwicklung bei Versicherungen einzusehen bzw. kopieren zu lassen.

Bei Unsicherheiten kann man direkt Kontakt zur Deutschen-Rentenversicherung aufnehmen; dort erfolgt zwar keine Änderung am Bescheid selbst aber Auskunft über geltende Rechtslage beziehungsweise Hinweise zum weiteren Vorgehen können gegeben werden.

Fachanwälte für Familienrecht helfen dabei abzuschätzen ob unter Berücksichtigung individueller Umstände ein Antrag zur Abänderung Erfolg haben könnte.

Sollte durch diese Kürzungen existenzielle Not entstehen bleibt als letzte Möglichkeit ein Antrag auf Grundsicherung nach Zwölftem Sozialgesetzbuch . Zuständig hierfür sind kommunale Sozialämter vor Ort.

Beispielfall herr k.: altersrenten-kürzung trotz fehlender rente beim ex-partner

Herr K., wohnhaft in Dortmund, beantragte im Juli 2022 seine Regelaltersrente nach jahrzehntelanger Berufstätigkeit voller Erwartung einer bestimmten Höhe seiner monatlichen Bezüge.

Der Bewilligungsbescheid überraschte ihn negativ: Über 100 Euro weniger pro Monat standen ihm nun tatsächlich zu als angenommen.

Grund war ein bereits Jahre zuvor erfolgter Versorgungsausgleich infolge seiner Scheidung aus dem Jahr 2005.

Obwohl seine ehemalige Frau bis dato keinerlei eigene gesetzliche Rente bezog reduzierte sich sein persönliches Konto um exakt 3,8898 Entgeltpunkte entsprechend diesem Beschluss.

Herr K., enttäuscht vom Ergebnis legte Widerspruch gegen diesen Bescheid ein klagte schließlich vor Sozialgericht Dortmund sowie Landessozialgericht NRW gegen diese Praxis – beide Instanzen lehnten seinen Einspruch ab.

Heute lebt Herr K., wie viele andere Betroffene ebenfalls teilweise ergänzend von staatlicher Grundsicherung weil sein Einkommen nicht mehr ausreichend ist.

Politische debatte um wiedereinführung modifizierter regelungen beim versorgungsausgleich

Der Fall zeigt exemplarisch gesellschaftspolitischen Handlungsbedarf hinsichtlich gerechter Gestaltung von Versorgungsansprüchen nach Trennung beziehungsweise Scheidung älterer Menschen insbesondere angesichts wachsender Armutsrisiken im Alter trotz Beitragszahlungen ins System während Erwerbsleben.

Fachleute fordern deshalb verstärkt Wiedereinführung eines modifizierten sogenannten Rentnerprivilegs etwa als Härtefallregelung zugunsten jener Personen deren Existenz durch sofortige Kürzungen gefährdet wäre.

Darüber hinaus wird diskutiert Möglichkeiten einzuführen welche spätere Überprüfungen erlaubten falls sich Lebensumstände wesentlich ändern sollten – was aktuell kaum vorgesehen sei.

Ziel wäre es dadurch zusätzliche Belastungen öffentlicher Sicherungssysteme langfristig abzuwenden sowie Vertrauen gegenüber staatlicher Altersvorsorge wiederherzustellen.

Die Debatte bleibt offen; Gesetzgeber steht weiterhin vor Herausforderung ausgewogene Lösungen zwischen sozialer Gerechtigkeit einerseits sowie Rechtssicherheit andererseits umzusetzen ohne bestehende Systeme grundlegend infrage zustellen.

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