Die Grenzkontrollen an den deutschen Außengrenzen sollen irreguläre Migration verhindern, führen jedoch zu erheblichen Verzögerungen und Kostensteigerungen im Warenverkehr. Besonders die Speditionsbranche an der Grenze zu Polen ist von langen Staus und Produktivitätsverlusten betroffen.
Kontrollen an der a12 bei frankfurt verursachen staus und verzögerungen
Auf der Autobahn A12 zwischen Polen und Deutschland verengt sich die Fahrbahn kurz hinter der Grenze auf eine Spur, um Kontrollen durch die deutsche Bundespolizei durchzuführen. Die rechte Spur wird abgesperrt, während Beamte jedes Fahrzeug überprüfen. Dabei kommt es immer wieder zu kurzen Vollstopps, wenn einzelne Fahrzeuge genauer inspiziert oder herausgewunken werden. Diese Verzögerungen betreffen nicht nur Pendlerinnen und Pendler sowie Autofahrende, sondern auch den Güterverkehr.
Die Wartezeiten summieren sich insbesondere für Lkw-Fahrer schnell: Montags betragen sie im günstigsten Fall 40 bis 60 Minuten; freitags mit höherem Verkehrsaufkommen sind ähnliche Verzögerungen üblich. Nach Feiertagen können Staus sogar sechs bis sieben Stunden dauern. Die Folge sind erhebliche Zeitverluste für Fahrerinnen und Fahrer sowie steigende Betriebskosten für Speditionen.
Koos den Rooijen vom polnischen Unternehmen Log Way Solution in Frankfurt kritisiert diese Situation scharf: „Für die Fahrer ist das nur Stress.“ Er bezeichnet die Wartezeiten als verdeckte Kosten, welche von niemandem ausgeglichen würden. Seit Polen ebenfalls Grenzkontrollen eingeführt hat – als Reaktion auf Deutschland –, stehen seine Fahrer in beiden Richtungen regelmäßig im Stau.
Diese Entwicklung belastet nicht nur einzelne Unternehmen, sondern ganze Branchenstandorte entlang der Grenze massiv.
Wirtschaftliche folgen für speditionen und logistikbranche
Die Fachvereinigung Güterfernverkehr unterstreicht mit Nachdruck das betriebswirtschaftliche Grundprinzip: Zeit ist Geld. Wenn Fahrzeuge aufgrund von Kontrollen stillstehen müssen, sinkt ihre Produktivität erheblich – sie können keine Wertschöpfung generieren. Am Grenzübergang Frankfurt entstehen dadurch jährlich Schäden in Millionenhöhe für die gesamte Branche.
Der Verlust betrifft sowohl direkte Arbeitszeit als auch indirekte Effekte wie verspätete Lieferketten oder zusätzliche Personalkosten durch längere Schichten oder Überstundenregelungen bei Fahrern. Auch Arbeitspendler leiden unter den verlängerten Reisezeiten infolge der Kontrollen.
Um diesen Problemen entgegenzuwirken, haben Industrie- und Handelskammer Ostbrandenburg sowie Verband des Verkehrsgewerbes einen Brandbrief an Bundesinnenminister Alexander Dobrindt gesandt. Darin fordern sie Maßnahmen zur Entlastung des Verkehrsflusses am Grenzübergang Frankfurt , wo jährlich knapp vier Millionen Lkw passieren beziehungsweise aktuell oft warten müssen.
Konkret schlagen sie vor:
- Einrichtung separater Spuren für Pkw/Kleintransporter sowie Busse/Lkw
- Nutzung eines ehemaligen Passkontrollgeländes aus DDR-Zeiten zur Erweiterung des Kontrollbereichs
Diese Vorschläge zielen darauf ab, mehr Kapazitäten zu schaffen und so lange Warteschlangen zu vermeiden beziehungsweise deutlich zu reduzieren.
Monique Zweig von der IHK Ostbrandenburg hebt hervor: „Polen hat zwei Kontrollspuren eingerichtet – wir wünschen uns so etwas auch auf deutscher Seite.“ Dies verdeutlicht Kritik am bisherigen Vorgehen Deutschlands bei Einführung dieser Kontrollen ohne ausreichende Infrastrukturplanung oder Koordination mit Nachbarstaaten.
Politische kontroverse um wirkung und zweckmäßigkeit der grenzkontrollen
Während deutsche Behörden betonen, dass Grenzkontrollen ein wesentlicher Beitrag zur Eindämmung irregulärer Migration seien, bezweifeln viele Experten deren Effektivität stark oder sehen diese lediglich als Teil eines komplexeren Geflechts aus Push- and Pull-Faktoren innerhalb Europas.
Bei einem Antrittsbesuch des polnischen Botschafters Jan Tombiński in Potsdam traf dieser Ministerpräsident Dietmar Woidke . Woidke verteidigte erneut die deutschen Maßnahmen gegen illegale Migration trotz wirtschaftlicher Nachteile: „Sie sind ein wesentlicher Beitrag gewesen.“
Botschafter Tombiński äußerte hingegen diplomatisch Kritik am Fortbestehen deutscher Kontrollen angesichts umfangreicher Investitionen Polens zum Schutz seiner Außengrenze gegenüber Belarus – darunter ein 186 Kilometer langer elektronisch überwachter Zaun:
„Das ist nur dann gerechtfertigt“, sagte er wörtlich, „wenn Innengrenzen innerhalb Europas Freizügigkeit gewährleisten.“
Polens Forderung nach Aufhebung deutscher Kontrollmaßnahmen steht damit im Spannungsfeld zwischen Sicherheitsinteressen einerseits sowie wirtschaftlichen Interessen andererseits – insbesondere entlang wichtiger Handelsrouten wie jener zwischen Brandenburg und Polen.
Perspektiven aus sicht eines spediteurs unter kosten-gesichtspunkten
Für Koos den Rooijen bleibt klar: Die politischen Entscheidungen treffen andere Akteure fernab seines Unternehmensstandorts; seine Firma trägt jedoch unmittelbar alle Konsequenzen finanziell wie organisatorisch mit:
Er rechnet vor: Bei 50 Lkw bedeute eine Stunde Stau jeden Montag einen wöchentlichen Verlust von mindestens 50 Stunden Arbeitszeit allein aufgrund dieser Verzögerungen am Grenzübergang Frankfurt .
Solche Ausfälle wirken sich langfristig negativ auf Wettbewerbsfähigkeit aus – gerade angesichts zunehmender Konkurrenz im europäischen Transportmarkt gilt dies als alarmierendes Signal für Logistikunternehmen entlang dieser Achse zwischen Deutschland und Osteuropa.
Ein Ende dieser Situation scheint derzeit nicht absehbar; kurzfristige Verbesserungsmaßnahmen könnten aber zumindest erste Entlastung bringen – etwa durch Ausbau vorhandener Infrastruktur gemäß Vorschlägen von IHK Ostbrandenburg sowie Verbänden des Verkehrsgewerbes.
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