Die Demonstration am Parliament Square in London richtete sich gegen das Verbot der Aktivistengruppe Palestine Action durch die britische Regierung. Hunderte Menschen protestierten friedlich, während die Polizei zahlreiche Festnahmen vornahm.
protest am Parliament Square vor Big Ben mit hunderten festnahmen
Am Samstagnachmittag fuhren Touristen im doppelstöckigen Bus an der bekannten Sehenswürdigkeit Big Ben vorbei und konnten von oben eine große Versammlung auf dem Parliament Square beobachten. Auf der sonnenbeschienenen Wiese saßen mehrere hundert Demonstranten, umgeben von weiteren Unterstützern, die Schilder mit Aufschriften wie „Ich widersetze mich Völkermord“ und „Ich unterstütze Palestine Action“ hochhielten. Die Stimmung war angespannt: Immer wieder wurden einzelne Personen von uniformierten Polizisten weggetragen oder abgeführt und in bereitstehende Streifenwagen gebracht.
Die Umstehenden skandierten lautstark „Shame on you“, was sich gegen die Polizei richtete. Bis zum Abend wurden insgesamt 466 Menschen wegen ihrer Plakate festgenommen. Die Aktion war Teil eines Protests, den die Initiative Defend Our Juries organisiert hatte und der als bisher größter Bezug auf Palestine Action gilt seit dessen Einstufung als terroristische Vereinigung durch die britische Regierung am 5. Juli.
Das Verbot macht es bereits strafbar, öffentlich Sympathie für diese Gruppe zu zeigen – mit Haftstrafen bis zu 14 Jahren für Unterstützerinnen und Unterstützer.
politische hintergründe des verbots von Palestine Action in großbritannien
Die Aktivistengruppe Palestine Action, gegründet im Sommer 2020 von Huda Ammori und Richard Barnard, richtet ihre Proteste vor allem gegen britische Standorte des israelischen Waffenherstellers Elbit Systems. Die Gruppe wird beschuldigt, direkte kriminelle Handlungen begangen zu haben – darunter Sachbeschädigungen an Fabrikgebäuden sowie Störungen wichtiger nationaler Infrastruktur-Standorte.
Mit dem Ausbruch des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 nahm sowohl die Zahl der Unterstützer als auch das Ausmaß der Aktionen deutlich zu; dabei kam es auch zu Verletzungen bei Angestellten des Unternehmens sowie Polizeibeamten. Im Juni dieses Jahres drangen zwei Mitglieder sogar in eine Luftwaffenbasis ein und verursachten Schäden an Tankflugzeugen im Wert von rund sieben Millionen Pfund .
Vor diesem Hintergrund stufte die Labour-Regierung unter Premierminister Keir Starmer diese Organisation offiziell als terroristisch ein – sie steht nun auf derselben Terrorliste wie etwa der IS.
Kritiker sehen darin einen Widerspruch zur wachsenden öffentlichen Kritik an Israels Vorgehen im Nahostkonflikt: Im Juli gaben mehr als die Hälfte aller Britinnen und Briten an, Israels Militäraktionen in Gaza für ungerechtfertigt zu halten; zudem kündigte Starmer kürzlich eine mögliche Anerkennung Palästinas unter bestimmten Bedingungen an.
Gesellschaftliche reaktionen auf das verbot zwischen sicherheitspolitik und grundrechten
Das Verbot löste breite Debatten aus: Amnesty International UK bezeichnete es als „beispiellosen gesetzlichen Übergriff“, da es weitreichende Befugnisse zur Festnahme schafft und Meinungsfreiheit einschränkt. Rund 300 britische Jüdinnen und Juden um den Filmemacher Mike Leigh kritisierten das Vorgehen gegenüber Premierminister Starmer scharf; sie nannten es „illegitim und unethisch“.
Während einer Demonstration bat eine Teilnehmerin einen stoisch wirkenden Polizisten eindringlich: „Die Aktivisten können natürlich für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden, aber nennt sie doch nicht Terroristen.“ Sie verwies darauf, dass keine Gewalt gegen Menschen ausgeübt werde sondern lediglich Farbe gesprüht werde.
Am Samstag kreiste ein Polizeihubschrauber über Westminster; Polizisten führten auch ältere Männer ab – begleitet vom lauten Protest zahlreicher Umstehender mit Appellen wie: „Stellt euch vor eure Kinder würden verhungern.“
Innenministerin Yvette Cooper dankte den Einsatzkräften ausdrücklich: „Viele Menschen kennen das wahre Wesen dieser Organisation vielleicht noch nicht“, sagte sie, „aber dies ist keine gewaltfreie Organisation.“ Sie betonte zugleich, dass nationale Sicherheit oberste Priorität habe.
Das Verbot gelte ausschließlich für diese Gruppe; andere Bürger könnten weiterhin ihr Recht auf friedlichen Protest ausüben. Tatsächlich zogen zeitgleich tausende weitere Demonstrierende vom Russel Square Richtung Downing Street sowie drei große Gruppen Radfahrer durch London – was den Verkehr erheblich beeinträchtigte ohne Stadtrundfahrten einzuschränken.