Die Erwerbsminderungsrente unterstützt Versicherte, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr voll arbeiten können. Dabei berücksichtigt das System sogenannte Zurechnungszeiten, um Beitragslücken auszugleichen und die Rentenhöhe zu stabilisieren.
Anspruchsvoraussetzungen und beitragszeiten bei der erwerbsminderungsrente
Um eine Erwerbsminderungsrente zu erhalten, müssen Versicherte grundsätzlich eine Wartezeit von fünf Jahren erfüllen. Diese Wartezeit bedeutet, dass innerhalb eines bestimmten Zeitraums Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt wurden. Die Regelung stellt sicher, dass nur Personen mit einer gewissen Beitragsdauer Anspruch auf diese Leistung haben.
Eine Ausnahme gilt für Fälle von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten. Hier reicht bereits ein einmaliger Beitrag in die Rentenkasse aus, um den Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente zu begründen. Diese Sonderregelung soll Betroffene schützen, deren Erwerbsfähigkeit durch äußere Umstände beeinträchtigt wurde.
Das deutsche Rentensystem basiert im Kern auf dem Umlageverfahren: Je länger und höher Beiträge eingezahlt werden, desto höher fällt später die Rente aus. Für junge Menschen mit kurzer Beitragszeit kann dies problematisch sein – sie erhalten oft nur geringe Leistungen bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben wegen Krankheit oder Behinderung.
Um diesem Nachteil entgegenzuwirken, gibt es bei der Erwerbsminderungsrente sogenannte Zurechnungszeiten. Diese Zeiten werden so angerechnet, als hätte der Versicherte bis zur regulären Altersgrenze weitergearbeitet – auch wenn dies tatsächlich nicht möglich war. Dadurch wird verhindert, dass kurze Beitragszeiten automatisch zu niedrigen Renten führen.
Berechnung der rente: reale arbeitszeit und zurechnungszeit bis zur regelaltersgrenze
Die Höhe der Erwerbsminderungsrente setzt sich zum einen aus den tatsächlich geleisteten Arbeits- beziehungsweise Beitragszeiten zusammen. Zum anderen wird für den Zeitraum zwischen Eintritt der Erwerbsminderung und Erreichen des regulären Rentenalters eine fiktive Beschäftigungsdauer angesetzt – die sogenannte Zurechnungszeit.
Diese Regelung sorgt dafür, dass Betroffene finanziell nicht benachteiligt werden durch fehlende Beiträge nach Beginn ihrer gesundheitlichen Einschränkung. Die Versicherung behandelt sie während dieser Phase so wie versicherte Arbeitnehmer mit voller Beschäftigung.
Mit dem Rentenversicherungs-Leistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetz von 2018 wurde das Ende dieser Zurechnungszeit schrittweise verlängert: Für den Jahrgang 2019 galt ein Endalter von 65 Jahren und acht Monaten; bis zum Jahr 2031 steigt dieses Alter auf 67 Jahre an – entsprechend der allgemeinen Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters in Deutschland.
Diese Anpassung trägt dazu bei, dass sich auch künftig keine Nachteile für erwerbsgeminderte Personen ergeben durch steigendes reguläres Eintrittsalter in den Ruhestand.
Rentenzuschlag ab juli 2024 für frühere bezugsjahre
Für Bezieher einer Erwerbsminderungsrente mit Beginn zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 31. Dezember 2018 ist ab Juli 2024 ein zusätzlicher Zuschlag vorgesehen:
- Wer seine Rente zwischen dem 1. Januar 2001 und 30. Juni 2014 begann, erhält einen Zuschlag von 7,5 Prozent.
- Bei einem Einstieg zwischen Juli 2014 und 31. Dezember 2018 beträgt dieser Zuschlag noch 4,5 Prozent.
Dieser Zuschlag erhöht monatlich ausgezahlte Beträge zusätzlich zur eigentlichen Rente wegen verminderter Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz deutlich – insbesondere für langjährige Bezieherinnen oder Bezieher solcher Leistungen bietet dies finanzielle Entlastung im Alter oder bei andauernder Erkrankung bzw. Behinderung.
Im Vergleich zeigt sich damit eine Anerkennung früherer Belastungen sowie Bemühungen um soziale Absicherung trotz eingeschränkter Arbeitsfähigkeit über längere Zeiträume hinweg, ohne vollständige Rückkehr ins Berufsleben möglich gewesen wäre.
Wirkung der zurechnungszeiten auf rentenhöhe seit jahrzehnten
Die Einführung sowie Verlängerung von Zurechningszeiten hat erhebliche Auswirkungen auf das durchschnittliche Niveau erworbener Ansprüche gehabt:
Wer im Jahr 2023 erstmals eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bezog, erhielt durchschnittlich rund 1001 Euro, was einem Anstieg gegenüber Vorjahr um etwa 51 Euro entspricht. Im Vergleich zum Jahr 2013 lag diese Summe sogar rund 390 Euro höher, also mehr als ein Drittel Steigerung innerhalb elf Jahren.
Diese Entwicklung zeigt deutlich, wie wichtig solche Ausgleichsmechanismen sind, damit Menschen trotz vorzeitigem Ausscheiden aus Berufstätigkeit aufgrund gesundheitlicher Gründe finanziell abgesichert bleiben können.
Seit Anfang 2019 wurden zudem weitere Verbesserungen umgesetzt: Die Ausweitung beziehungsweise Verlängerung jener Zeiten führte dazu, dass Neurentnerinnen bzw. Neurentner ihre Ansprüche spürbar erhöhen konnten. So stieg beispielsweise im Jahr 2023 allein durch verlängerte Zurechnung etwa zwölf Entgeltpunkte mehr an als zuvor üblich.
Der Effekt lässt sich konkret beziffern: Der erfahrene Rechtsanwalt Peter Knöppel errechnet anhand aktueller Werte folgendes Plus:
12,6 Entgeltpunkte × €39,32 = €495,40
Dies entspricht einer deutlichen Aufwertung ihrer monatlichen Zahlungen infolge verbesserter gesetzlicher Rahmenbedingungen zugunsten erwerbsbehinderter Menschen.