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Bundesverfassungsgericht erklärt einsatz von Staatstrojanern bei leichter kriminalität für verfassungswidrig

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Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat entschieden, dass der heimliche Einsatz sogenannter Staatstrojaner durch Strafermittler in bestimmten Fällen verfassungswidrig ist. Insbesondere die Quellen-Telekommunikationsüberwachung bei Straftaten mit einer Höchstfreiheitsstrafe von bis zu drei Jahren wurde für nichtig erklärt.

Rechtliche bewertung der quellen-telekommunikationsüberwachung und online-durchsuchung

Das Bundesverfassungsgericht hat die Befugnisse zur Quellen-TKÜ und zur Online-Durchsuchung im Strafverfahren umfassend geprüft. Die Quellen-TKÜ erlaubt es Ermittlern, Kommunikationsinhalte vor oder nach der Verschlüsselung abzufangen. Dabei handelt es sich um einen erheblichen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Das Gericht stellte fest: „Ausgehend von dem sehr hohen Eingriffsgewicht muss die Quellen-Telekommunikationsüberwachung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne auf die Verfolgung besonders schwerer Straftaten beschränkt sein.“

Besonders schwere Straftaten sind solche, für die eine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren vorgesehen ist. Für weniger schwere Delikte mit einer Höchstfreiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafen sei diese Überwachungsmethode nicht zulässig. Damit erklärte das Gericht auch rückwirkend alle entsprechenden Maßnahmen für ungültig.

Aspekte der online-durchsuchung

Die Online-Durchsuchung geht über die reine Kommunikationsüberwachung hinaus: Sie ermöglicht den Zugriff auf sämtliche Daten eines Endgeräts wie Computer oder Smartphone des Verdächtigen – nicht nur auf laufende Kommunikation. Das Gericht erkannte hier ebenfalls verfassungsrechtliche Bedenken an, ließ diese Befugnis aber vorerst weiter gelten, bis eine Neuregelung erfolgt.

Diese Entscheidungen zeigen den sensiblen Umgang des Gerichts mit neuen technischen Überwachungsmöglichkeiten und deren Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz.

Hintergrund und einsatzhäufigkeit der maßnahmen seit 2017

Die gesetzlichen Grundlagen für den Einsatz von Staatstrojanern wurden 2017 durch eine Reform der Strafprozessordnung geschaffen – damals unter großer politischer Debatte innerhalb der großen Koalition aus Union und SPD. Der Begriff „Staatstrojaner“ bezeichnet Spähsoftware, welche ohne Wissen des Betroffenen heimlich auf dessen Endgerät installiert wird.

Bei klassischer Telekommunikationsüberwachung werden Telefonate oder E-Mails abgefangen; verschlüsselte Messenger wie WhatsApp erschweren dies jedoch stark. Die Quellen-TKÜ ermöglicht es Ermittlern deshalb, Nachrichten direkt am Gerät abzugreifen – bevor sie verschlüsselt werden – beziehungsweise nach deren Entschlüsselung auszulesen.

Die verdeckte Online-Durchsuchung erlaubt darüber hinaus einen noch umfassenderen Zugriff: Neben Kommunikation können sämtliche gespeicherte Daten eingesehen werden.

Statistiken des Bundesamts für Justiz zeigen den tatsächlichen Umfang dieser Maßnahmen: Im Jahr 2023 wurden insgesamt 104 richterliche Anordnungen zur Quellen-TKÜ erlassen; davon wurden 62 tatsächlich umgesetzt. Im Vorjahr waren es 94 Anordnungen mit 49 Durchführungen gewesen.

Online-Durchsuchungen sind deutlich seltener angeordnet worden: Nur 26-mal im Jahr 2023 erfolgte eine richterliche Genehmigung; sechs Mal wurde sie durchgeführt. In vielen Fällen standen Vorwürfe wegen Bildung krimineller Vereinigungen im Mittelpunkt dieser Einsätze.

Diese Zahlen verdeutlichen sowohl den behutsamen Umgang als auch die Bedeutung solcher Überwachungsmethoden bei schweren strafrechtlichen Ermittlungen in Deutschland heute.

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