Home Nachrichten Klimaanlagen in deutschland: warum sie trotz hitzewellen selten sind und welche rolle kultur und technik spielen
Nachrichten

Klimaanlagen in deutschland: warum sie trotz hitzewellen selten sind und welche rolle kultur und technik spielen

Share
Share

Hitzeperioden führen in Deutschland zunehmend zu Diskussionen über Klimaanlagen. Während solche Geräte international weit verbreitet sind, zeigt sich hierzulande eine ausgeprägte Zurückhaltung gegenüber ihrer Nutzung.

Klimaanlagen im internationalen vergleich und ihre rolle in deutschen gebäuden

Klimaanlagen gehören weltweit seit Jahrzehnten zum Alltag vieler Länder. In den USA etwa sind sie selbstverständlich, ebenso in Städten wie Dubai, Athen, Madrid, Bangkok oder Singapur. Dort haben Klimageräte maßgeblich zum wirtschaftlichen Aufschwung beigetragen, indem sie angenehme Arbeits- und Lebensbedingungen auch bei hohen Außentemperaturen sicherstellen. Im Gegensatz dazu ist die Verbreitung von Klimaanlagen in Deutschland nach wie vor gering.

Viele deutsche Bürogebäude besitzen keine oder nur unzureichende Klimatisierung. Auch Geschäfte, Hotels sowie Restaurants bleiben häufig ohne Kühlung – ein Zustand, der besonders für Krankenhäuser problematisch ist, da Patientinnen und Patienten sowie das Personal unter den hohen Temperaturen leiden können. Im privaten Bereich hat sich die Nutzung von Klimageräten im Auto etabliert; kaum jemand verzichtet heute auf eine funktionierende Fahrzeugklimaanlage.

Der öffentliche Nahverkehr zeigt ebenfalls deutliche Unterschiede: Die Deutsche Bahn kämpft immer wieder mit Ausfällen der ICE-Klimaanlagen. Die Berliner Verkehrsbetriebe setzen hingegen ausschließlich auf Lüftungen ohne aktive Kühlungssysteme in ihren U-Bahnen. Begründet wird dies mit Wirtschaftlichkeitserwägungen und Umweltaspekten: „Wir öffnen bei der U-Bahn minütlich am U-Bahnhof alle Türen. Dieser Umstand ist für Klimaanlagen nicht gerade hilfreich.“ Diese Praxis erschwert den Einsatz effizienter Klimatechnik erheblich.

Kulturelle hintergründe der skeptischen haltung gegenüber klimatisierung

Die Kulturwissenschaftlerin Eva Horn erklärt die zurückhaltende Haltung vieler Deutscher gegenüber Klimageräten mit kulturellen Gewohnheiten: „Es gibt so etwas wie kulturelle Gewohnheiten. Die Erfahrung, aus der Hitze in einen gefühlt eiskalten Raum zu kommen, ist für Deutsche ungewohnt.“ Horn lehrt an der Universität Wien und veröffentlichte 2024 das Buch Klima – Eine Wahrnehmungsgeschichte.

Sie weist darauf hin, dass viele Menschen hierzulande negative Assoziationen mit dem Begriff „Klimaanlage“ verbinden – etwa „unökologisch“ oder „ungesund“. Ein Hauptkritikpunkt betrifft die oft zu kühl eingestellten Geräte mit Normwerten um 22 Grad Celsius bei 50 Prozent Luftfeuchtigkeit. Dies führe häufig zu Unbehagen durch Zugluft oder trockene Luft.

Darüber hinaus fehlt es vielen Deutschen an erprobten Strategien zur natürlichen Abkühlung ohne technische Hilfsmittel – anders als beispielsweise in tropischen Regionen oder Südeuropa, wo Fächergebrauch, Siesta-Zeiten oder kühle Speisen alltäglich sind. Horn beschreibt diese fehlenden Anpassungsmechanismen als Grund dafür, dass viele Menschen höhere Temperaturen kaum tolerieren können.

Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Innofact im Auftrag von Verivox ergab zudem ein rückläufiges Kaufinteresse an stationären Klimageräten: Nur rund 18 Prozent nutzen zuhause eine solche Anlage; fast zwei Drittel davon greifen auf mobile Monoblock-Geräte zurück – günstiger aber weniger effizient als fest installierte Systeme.

Hohe Stromkosten sowie alternative Technologien wie Wärmepumpen könnten weitere Gründe sein, weshalb viele Verbraucher auf zusätzliche Anschaffungen verzichten.

Technische aspekte und gesellschaftliche mentalitäten beim einsatz von klimageräten

Der Geschäftsführer des Instituts für Luft- und Kältetechnik Dresden, Uwe Franzke, sieht neben Kosten- und Umweltbedenken auch historische Ursachen für das deutsche Fremdeln mit Klimatisierungstechnik: „Kühlung galt lange als Luxus – Heizen war wichtiger.“ Zudem bestünden weit verbreitete Gesundheitsängste bezüglich Zugluft oder trockener Luft durch Anlagenbetrieb sowie Beschwerden über Geräuschentwicklung.

Franzke betont außerdem eine Mentalität des Durchhaltens bei Hitzephasen statt aktiver Bekämpfung: „Da muss man halt durch“, lautet oft die Devise trotz nachlassender Konzentrationsfähigkeit beziehungsweise Leistungsverminderung während extremer Wärmeperioden.

Technisch stoßen sommerlicher Wärmeschutz mittels Sonnenschutzvorrichtungen oder thermischer Gebäudespeicher bei längeren Hitzewellen zunehmend an Grenzen; kurzfristige Verbesserungen seien nicht absehbar. Während private Unternehmen verstärkt bereit seien zu investieren, zeige sich im öffentlichen Sektor wenig Veränderung hinsichtlich moderner Klimatechnik-Infrastruktur.

Insgesamt bleibt Deutschlands Umgang mit steigenden Temperaturen geprägt von einer Mischung aus kultureller Skepsis sowie technischen Herausforderungen verbunden mit ökonomischen Überlegungen – Faktoren also jenseits rein technischer Machbarkeit eines breiteren Einsatzes von Klimaanlagen hierzulande.

Share
Related Articles
Nachrichten

Unterschiede zwischen gesetzlicher rente und beamtenpension in deutschland und österreich

Die Debatte um die Höhe der Alterssicherung in Deutschland konzentriert sich seit...

Nachrichten

Sozialgericht Dresden hebt Bescheid zur Einschränkung des Dispositionsrechts bei Erwerbsminderungsrente auf

Das Sozialgericht Dresden hat mit Urteil einen Bescheid einer gesetzlichen Krankenkasse aufgehoben,...

Nachrichten

Rückwirkende Zahlung der abschlagsfreien rente ab 2014 nach fehlender hinweispflicht des sozialgerichts karlsruhe

Das Sozialgericht Karlsruhe entschied, dass die Rentenversicherung eine Altersrente rückwirkend zahlen muss,...

Nachrichten

Qantas muss millionenstrafe wegen illegaler corona-entlassungen zahlen

Die australische Fluggesellschaft Qantas wurde wegen rechtswidriger Massenkündigungen während der Corona-Pandemie zu...

Immer aktuell: Nachrichten, Klatsch, Sport und Politik in Echtzeit.

Infos & Mitteilungen

Infos und Pressemitteilungen senden Sie eine E‑Mail an: info@thenga.de

Copyright © 2025 im Eigentum von Influencer Srls – Dieser Blog ist keine journalistische Publikation, da er ohne jegliche Periodizität aktualisiert wird. Er kann daher nicht als redaktionelles Produkt im Sinne des Gesetzes Nr. 62 vom 07.03.2001 angesehen werden.