Die Große Meerjungfrau in Kopenhagen steht seit Jahren im Zentrum einer öffentlichen Diskussion. Die 14 Tonnen schwere Skulptur, ein Pendant zur berühmten Kleinen Meerjungfrau, wird von Behörden und Teilen der Bevölkerung kritisch bewertet.
Die entstehung und aufstellung der großen meerjungfrau
Die Große Meerjungfrau wurde vom Künstler Peter Bech als Reaktion auf die Kleine Meerjungfrau geschaffen, die am Pier der dänischen Hauptstadt steht. Diese Statue basiert auf dem Märchen von Hans Christian Andersen und gilt als eines der bekanntesten Wahrzeichen Kopenhagens. Viele Touristinnen und Touristen empfanden die Kleine Meerjungfrau jedoch als zu klein und unbedeutend, was Bech dazu veranlasste, eine größere Version zu schaffen.
Im Jahr 2006 wurde seine Figur erstmals in unmittelbarer Nähe zur Kleinen Meerjungfrau aufgestellt. Mit einer Größe von vier mal sechs Metern überragt sie das Original deutlich. Die Skulptur ist barbusig gestaltet und wiegt etwa 14 Tonnen. Bereits kurz nach ihrer Aufstellung kam es zu Kritik aus der Bevölkerung: Anwohner bezeichneten sie als „falsche“ sowie „vulgäre“ Darstellung einer Meerjungfrau.
2018 wurde die Große Meerjungfrau deshalb entfernt und an einen anderen Standort verlegt – das Festungsareal Dragør, Teil der ehemaligen Seebefestigungsanlagen Kopenhagens. Dort stand sie bis zum Eingreifen der dänischen Behörde für Schlösser und Kultur im März dieses Jahres.
Kritik an skulptur aus kultur- und gesellschaftlicher sicht
Die dänische Behörde begründet ihre Forderung nach Entfernung mit dem Argument, dass die Skulptur nicht zum kulturellen Erbe des Wahrzeichens aus dem Jahr 1910 passe. In den Medien wird sie zudem häufig als „hässlich“ oder gar „pornografisch“ beschrieben.
Der Kunstkritiker Mathias Kryger von Politiken verwendete genau diese Adjektive zur Beschreibung des Kunstwerks. Auch gesellschaftliche Stimmen äußerten sich kritisch: Die Pastorin sowie Journalistin Sorine Gotfredsen schrieb in Berlingske, „dass eine solche Statue den männlichen Traum davon verkörpere, wie Frauen auszusehen hätten – was kaum dazu beitrage, dass Frauen ihren eigenen Körper besser akzeptieren könnten.“
Gotfredsen bezeichnete es als ermutigend, dass viele Menschen die Figur vulgär oder unerwünscht fänden: Sie sieht darin ein Zeichen gegen übermächtige Körperbilder im öffentlichen Raum.
Verteidigung durch den künstler gegen bodyshaming-vorwürfe
Der Schöpfer selbst versteht diese Kritik nicht oder weist sie zurück. Für ihn war das Ziel seiner Arbeit eine Antwort auf touristische Erwartungen an ein größeres Denkmal neben dem bekannten Vorbild aus Bronze und Granit.
Während einige Stimmen betonen, dass weibliche Nacktheit im öffentlichen Raum immer wieder Gegenstand kontroverser Debatten sei, kritisieren andere vor allem das Bodyshaming gegenüber der Großen Meerjungfrau scharf.
So fragte beispielsweise Aminata Corr Thrane von Berlingske: „Müssen nackte weibliche Brüste eine bestimmte akademische Form oder Größe haben?“ Sie wies darauf hin, dass die Große Meerjungfrau trotz ihrer größeren Brüste wohl etwas weniger nackt wirke als ihre kleine Zeitgenossin – doch genau dies werde offenbar problematisiert.
Auch Helle Barth vom Klima-, Stadt- sowie Wirtschaftsausschuss Dragørs äußerte sich skeptisch gegenüber einem Verbleib am aktuellen Standort: Zwar sei eine Schenkung nett gemeint gewesen; dennoch passe die Figur nicht gut ins Umfeld und nehme viel Platz weg.
Aktuelle situation rund um entfernungsklage und zukunftsperspektiven
Nach Aufforderung durch staatliche Stellen soll die Skulptur nun entfernt werden – was bei Peter Bech Widerstand hervorruft. Er kämpft dafür entweder um einen Verbleib am jetzigen Ort oder darum, seine Arbeit anderweitig verschenken zu dürfen statt einer Vernichtung beziehungsweise Einlagerung zuzusehen.
Diese Debatte spiegelt grundsätzliche Fragen wider: Wie definiert man kulturelles Erbe? Welche Rolle spielt öffentliche Kunst bei gesellschaftlichen Normen? Und wie geht man mit Darstellungen weiblicher Körper jenseits klassischer Schönheitsideale um?
Bislang bleibt offen, ob sich Behörden sowie Öffentlichkeit noch einigen können oder ob das Kunstwerk endgültig verschwindet – womöglich ohne je wirklich akzeptiert worden zu sein.