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Merkzeichen H bei volljähriger Frau mit Down-Syndrom darf nicht entzogen werden, entscheidet sozialgericht Karlsruhe

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Das Sozialgericht Karlsruhe hat in einem Fall entschieden, dass das Merkzeichen H im Schwerbehindertenausweis einer volljährigen Frau mit Down-Syndrom nicht rechtswidrig entzogen werden darf. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der individuellen Beurteilung von Hilflosigkeit trotz Erreichens der Volljährigkeit.

Hintergrund und medizinische einstufung der betroffenen

Die betroffene Frau wurde 1999 mit dem Down-Syndrom geboren. Bereits unmittelbar nach der Geburt wurde ihr ein Grad der Behinderung von 100 zuerkannt. Zudem erhielt sie drei Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis: G für erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr, B für die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson im öffentlichen Personennahverkehr sowie H für Hilflosigkeit. Das Merkzeichen H wird häufig Kindern mit geistiger Behinderung zuerkannt, da hier bereits bei geringem Hilfebedarf eine ständige Überwachung angenommen wird.

Die gesetzliche Grundlage sieht vor, dass das Merkzeichen H bei Erreichen des 18. Lebensjahres neu bewertet wird; ein automatischer Entzug erfolgt jedoch nicht. Die zuständige Versorgungsbehörde ist verpflichtet, das Merkzeichen weiterhin einzutragen, wenn eine geistige Behinderung eine dauerhafte Überwachung aufgrund von Verhaltensstörungen erforderlich macht.

Menschen mit Down-Syndrom zeigen unterschiedliche Entwicklungsverläufe: Während viele Betroffene Sprechen sowie Lesen und Schreiben erlernen und später nahezu selbstständig leben können, benötigen andere lebenslang intensive Unterstützung aufgrund erheblicher Einschränkungen in verschiedenen Bereichen.

Verfahren zum entzug des merkzeichens H und gerichtliche bewertung

Im April 2018 erklärte die zuständige Versorgungsbehörde per Bescheid den Wegfall der Voraussetzungen für das Merkzeichen H bei der Betroffenen. Diese legte Widerspruch ein; die Behörde wies diesen zurück. Daraufhin klagte sie vor dem Sozialgericht Karlsruhe auf Erhalt des Merkmals.

Das Gericht beauftragte eine medizinische Gutachterin zur Untersuchung des aktuellen Zustands der Klägerin. Die Sachverständige bestätigte weiterhin die Voraussetzungen für das Merkzeichen H: Aufgrund ihres Down-Syndroms benötige die Frau bei allen Verrichtungen Überwachung oder Anleitung.

Die Richter nahmen dieses Gutachten an und erläuterten ausführlich ihre eigene Einschätzung zur fortbestehenden Hilflosigkeit trotz Volljährigkeit: Zwar habe sich seit Oktober 1999 – damals war die Klägerin Säugling – einiges geändert; dennoch seien „die Besonderheiten der Beurteilung der Hilflosigkeit bei Kindern und Jugendlichen“ nach Erreichen des Erwachsenenalters nicht mehr maßgeblich anzuwenden.

Nach allgemeinen gesetzlichen Vorschriften zum Nachteilsausgleich bleibe jedoch festzuhalten, dass Einschränkungen wie feinmotorische Defizite, erhebliches Sprach- und Sprechdefizit sowie Störungen im Sozialverhalten vorliegen würden. Auch fehle es an Gefahrenbewusstsein in ausreichendem Maße.

Der anerkannte Pflegegrad 3 dokumentiere schwere Beeinträchtigungen in Selbstständigkeit und Alltagsbewältigung – somit bestehe weiterhin eine erhebliche Behinderung.

Entscheidung und dabei berücksichtigte faktoren

Das Gericht stellte klar fest, dass kein Nachweis erbracht wurde, wonach sich Zustand oder Fähigkeiten wesentlich verbessert hätten. Ein GdB von 100 wegen Hirnschäden oder geistiger Behinderung rechtfertigt grundsätzlich allein schon das Vorliegen des Merkmals H gemäß Vermutungsregelung .

Im konkreten Fall begründet insbesondere das Vorliegen eines operierten Herzfehlers neben dem Down-Syndrom den hohen Grad an schwerwiegender Einschränkung – dies berechtigt ohne weitere Nachweise zum Eintrag des Merkmals Hilflosigkeit.

Bedeutung des urteils für behördliche entscheidungen zum merkzeichen H

Mit diesem Urteil machte das Sozialgericht deutlich: „Der Entzug eines solchen wichtigen Nachteilsausgleichsmerkzeichens darf nicht pauschal wegen Volljährigkeit erfolgen“; vielmehr ist stets individuell zu prüfen, ob tatsächlich keine dauerhafte Überwachung mehr notwendig ist oder ob weiterhin Hilflosigkeitsmerkmale bestehen bleiben.

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