Der Grünen-Bundesvorsitzende Felix Banaszak äußerte sich im ARD-Sommerinterview zu verschiedenen politischen Themen, darunter Migrationspolitik, Wirtschaftsfragen und Deutschlands Haltung zu Israel. Dabei wurden seine Aussagen auf ihre Faktenlage geprüft.
Aussagen zur migrationspolitik und abschiebungen nach afghanistan
Im Interview kritisierte Felix Banaszak die Abschiebepraxis der Bundesregierung gegenüber illegalen Migranten aus Afghanistan. Er bezeichnete die Ausweisung als „symbolisch“ und behauptete, die Taliban würden „etwas dafür bekommen haben“, um die Rücknahme der Menschen zu gewährleisten. Diese Aussage bezieht sich auf den ersten Abschiebeflug unter der aktuellen Regierung im Juli 2025, bei dem 81 Afghanen zurückgeführt wurden.
Konkrete Belege für eine Gegenleistung an das Taliban-Regime liegen nicht vor. Die Bundesregierung hat jedoch zwei Vertreter der afghanischen Konsularverwaltung einreisen lassen, um Rückführungsflüge organisatorisch zu unterstützen. Regierungssprecher Stefan Kornelius erklärte dazu: „Der Austausch sei mit dem Abschiebeflug einhergegangen.“ Die Taliban nutzen diese Rückkehrer zudem für ihre eigene politische Inszenierung, wie ARD-Korrespondentin Stefanie Markert berichtete.
Banaszaks Kritik bleibt vage bezüglich Art und Umfang möglicher Gegenleistungen an das Regime in Kabul. Es gibt keine Hinweise darauf, dass finanzielle Zahlungen geleistet wurden oder werden sollen.
Familiennachzug subsidiär schutzberechtigter – faktenlage unklar
Zum Thema Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte sagte Banaszak, dass 80 Prozent der Betroffenen Frauen und Kinder seien. Subsidiär Schutzberechtigte erhalten keinen Flüchtlingsschutz nach Genfer Konvention oder Asylrecht, sind aber vor ernsthaftem Schaden in ihrem Herkunftsland geschützt.
Bis Juli 2023 konnten sie Ehegatten sowie minderjährige Kinder beziehungsweise Eltern zusammenführen lassen. Die Behauptung über den hohen Anteil von Frauen und Kindern wurde auch von Grünen-Politikerin Filiz Polat genannt sowie vom Kölner Flüchtlingsrat verbreitet.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge liefert hierzu keine detaillierten Zahlen; es ist lediglich bekannt, dass 67 Prozent der eingereisten Angehörigen subsidiär schutzberechtigter Kinder selbst subsidiären Schutz hatten. Eine eindeutige Bestätigung von Banaszaks Angabe fehlt somit.
Die Debatte zeigt eine Diskrepanz zwischen politischer Rhetorik und verfügbaren statistischen Daten zum Familiennachzug in diesem Bereich.
Wahrnehmung sozialer gerechtigkeit in deutschland laut banaszak
Auf Nachfrage zur sozialen Gerechtigkeit verwies Banaszak auf Umfragen zufolge einen weit verbreiteten Eindruck von Ungerechtigkeit: „80 Prozent der Menschen haben das Gefühl, dass es in diesem Land nicht gerecht zugeht.“ Er beschrieb zudem steigende Vermögensunterschiede bei gleichzeitig zunehmender finanzieller Belastung vieler Bürgerinnen und Bürger bereits Mitte des Monats.
Eine konkrete Quelle nannte er nicht direkt; vergleichbare Studien zeigen unterschiedliche Werte: Eine Umfrage der Universität Konstanz aus April 2025 ergab eine Zustimmung von 81 Prozent zur Aussage über große Einkommensunterschiede in Deutschland. Der ARD-DeutschlandTrend vom Juli desselben Jahres zeigte hingegen nur rund 60 Prozent Zustimmung zum Gefühl gesellschaftlicher Ungerechtigkeit bei einer repräsentativen Stichprobe – während ein Drittel eher Gerechtigkeit empfand.
Diese Zahlen verdeutlichen unterschiedliche Wahrnehmungen je nach Fragestellung sowie methodischem Ansatz sozialwissenschaftlicher Erhebungen innerhalb kurzer Zeiträume im Jahr 2025.
Kritik an stromsteuer-senkungspolitik durch regierung
Banaszak warf der Bundesregierung Wortbruch bei ihrer Stromsteuerpolitik vor: Im Wahlkampf habe man versprochen, die Steuer „für alle schnell spürbar günstiger“ zu machen – umgesetzt werde dies nun nur selektiv für bestimmte Gruppen statt flächendeckend für Verbraucherinnen wie Unternehmen gleichermaßen.
Tatsächlich enthielten Wahlprogramme von CDU/CSU sowie SPD Forderungen nach einer allgemeinen Senkung dieser Steuerlast auf europäisches Mindestmaß zugunsten aller Stromkunden. Auch Koalitionsvertragstexte sprachen noch davon, Verbraucher*innen dauerhaft entlasten zu wollen – inklusive Unternehmen gleichermaßen.
Im Haushaltsentwurf ist nun vorgesehen:
- Senkung bestimmter Netzentgelte,
- Wegfall der Gasspeicherumlage ab Januar 2026,
doch eine generelle Absenkung der Stromsteuer soll wegen Finanzierungsproblemen zunächst ausbleiben – was breite Kritik hervorruft sowohl außerhalb als auch innerhalb des Regierungsbündnisses. Ohne bisherige Einigung im Koalitionsausschuss zum Thema Energiepreise zeigt diese Kontroverse deutlich auf politischer Ebene weiter Wirkungskraft trotz komplexer Budgetrestriktionen seitens Bundesfinanzministerium.
Verwendung des sondervermögens klima-und infrastrukturfonds kritisch bewertet
Der Grünen-Vorsitzende übte deutliche Kritik am Umgang mit dem Sondervermögen Infrastruktur-und Klimaschutzfonds , welches durch Grundgesetzänderung März 2025 eingerichtet wurde mit einem Gesamtvolumen bis etwa fünfzig Milliarden Euro jährlich verteilt über mehrere Jahre:
Von den geplanten Mitteln sollen u.a.:
- rund zehn Milliarden jährlich dem KTF zufließen,
- weitere Mittel an Länder zwecks Infrastrukturinvestitionen gehen,
während laut Banaszak Gelder aus eben diesem Fonds genutzt würden zur Subvention fossiler Energieträger wie Gaspreisstützung .
Berichte des Bundesrechnungshofs bestätigen Pläne zur Finanzierung fossiler Kraftwerksentschädigungen ebenfalls aus KTF-Mitteln neben Investitionen etwa in Bildungseinrichtungen oder Digitalisierung gemäß Haushaltsentwurf 2026. Explizite Klimaschutzmaßnahmen werden darin allerdings nicht gesondert ausgewiesen.
Die Debatte verdeutlicht Spannungsfelder zwischen kurzfristiger Krisenbewältigung mittels vorhandener Finanzmittel versus langfristigen Zielen nachhaltiger Transformation deutscher Infrastrukturpolitik.
Pünktlichkeit bei deutscher bahn weiterhin verbesserungswürdig
Zur Pünktlichkeit beim Fernverkehr gab Felix Banaszak einen Wert von circa 65 Prozent an als unzureichend kritisierten Zustand. Offizielle Zahlen bestätigen diesen Wert annähernd:
Laut integriertem Zwischenbericht Deutsche Bahn erstes Halbjahr 2025 betrug betriebliche Pünktlichkeitsquote knapp unterhalb dieses Werts . Reisendenpünktlichkeit lag etwas höher bei etwa 68,7 %. Beide Werte verbesserten sich leicht gegenüber Vorjahr.
Unterscheidung erfolgt dabei zwischen betrieblicher Pünktlichkeit versus Reisendenpünktlichkeit, welche Anschlussverbindungen berücksichtigt. Trotz leichter Steigerungen bleibt deutlicher Handlungsbedarf bestehen angesichts Kundenerwartungen hinsichtlich Zuverlässigkeit öffentlicher Verkehrsmittel insbesondere Fernverkehrssegment.
Deutsche haltung gegenüber israelische regierung kritisch hinterfragt
Nach dem Interview beantwortete Felix Banaszak Fragen aus Community-Beiträgen unter anderem zur deutschen Position gegenüber Israel angesichts Konflikten im Gazastreifen. Er forderte mehr Druck gegen israelische Regierung aufgrund aktueller Lage dort.
Besonders kritisierte er fehlende EU-Sanktionen gegen zwei Minister mit rechtsextremen Einschätzungen:
- Finanzminister Bezalel Smotrich, Mitglied einer religiös-rechtsextremen Partei laut Institute for Strategic Dialogue London; selbst bezeichnet als „faschistischer Homophob“ gemäß Berichten israelischer Medien;
- Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir, Angehöriger rechtsradikaler Partei Otzma Yehudit, verurteilt wegen Anstachelung zum Rassismus, unterstützt Terrororganisation laut UN-Bericht;
Mehrere Staaten verhängten bereits Sanktionen gegen beide Politiker aufgrund ihrer extremistischen Äußerungen; Deutschland hat bislang keine solchen Maßnahmen ergriffen. Diese Position verdeutlicht innenpolitische Diskussionen um Balance zwischen Bündnispolitik, Menschenrechtsstandards sowie außenpolitischem Engagement Deutschlands innerhalb EU-Kontextes.