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Urlaubsanspruch für Bezieher von Bürgergeld trotz Klagefreudigkeit und Verhaltensauffälligkeiten

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Das Sozialgericht Dortmund hat entschieden, dass auch Bezieher von Bürgergeld nach dem SGB II Anspruch auf drei Wochen Urlaub im Jahr haben. Dies gilt selbst dann, wenn sie sich in der Vergangenheit nicht regelkonform verhalten oder als klagefreudig eingestuft wurden.

Urlaubsrechtliche Grundlagen für Leistungsempfänger nach SGB II

Leistungsempfänger nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch haben grundsätzlich Anspruch auf eine zeitlich begrenzte Ortsabwesenheit beziehungsweise Urlaub. Das Sozialgericht Dortmund stellte klar, dass dieser Urlaubsanspruch unabhängig vom bisherigen Verhalten des Leistungsbeziehers besteht. Die Regelungen zur Ortsabwesenheit dienen weder als Sanktionierungsinstrument noch als Belohnungssystem für konformes Verhalten.

In der Praxis bedeutet dies: Ein Jobcenter darf einem Bürgergeldempfänger den beantragten Urlaub nicht verweigern, nur weil dieser sich zuvor möglicherweise nicht an Grundsatzregelungen gehalten hat oder häufig Klagen gegen Entscheidungen eingelegt hat. Das Gericht wies diese Praxis ausdrücklich als sachfremd zurück und betonte die Rechtslage zugunsten des Leistungsbeziehers.

Der Urlaubsanspruch umfasst eine Dauer von bis zu drei Wochen pro Kalenderjahr und soll sicherstellen, dass auch Langzeitarbeitslose Erholungszeiten wahrnehmen können, ohne ihre Leistungen zu gefährden. Dabei ist entscheidend, dass die berufliche Eingliederung durch die Abwesenheit nicht beeinträchtigt wird.

Auswirkungen des Urteil auf Jobcenter-Praxis und Leistungsempfänger

Das Urteil verpflichtet das Jobcenter dazu, bereits einbehaltene Leistungen aufgrund verweigerter Urlaube nachzuzahlen. Im konkreten Fall musste das Jobcenter das einbehaltene Arbeitslosengeld II rückwirkend auszahlen. Diese Entscheidung stärkt die Rechte der Leistungsempfänger erheblich und sorgt für mehr Rechtssicherheit bei Anträgen auf Ortsabwesenheit.

Darüber hinaus unterstreicht das Gericht die Notwendigkeit einer sachlichen Prüfung jedes Einzelfalls ohne Vorurteile gegenüber sogenannten „schwierigen“ oder „klagefreudigen“ Beziehern von Bürgergeld-Leistungen. Eine Sanktionierung allein aufgrund eines unbotmäßigen Verhaltens im Zusammenhang mit früheren Verfahren ist unzulässig.

Reisekosten und persönliche Vorsprache

Ein weiterer Aspekt betrifft Reisekosten: Wenn das Jobcenter eine persönliche Vorsprache verlangt, um einen Antrag auf Ortsabwesenheit zu bearbeiten, muss es grundsätzlich auch die dadurch entstehenden Reisekosten übernehmen – so erläutert Detlef Brock in seiner Anmerkung zum Urteil.

Diese Klarstellungen tragen dazu bei, den Umgang zwischen Behörden und Leistungsempfängern transparenter zu gestalten und Missverständnisse sowie ungerechtfertigte Ablehnungen beim Thema Urlaub zu vermeiden.

Rechtliche Rahmenbedingungen zur Ortsabwesenheit bei Bürgergeld

Die gesetzliche Grundlage für den Urlaubsanspruch findet sich im SGB II sowie in entsprechenden Verwaltungsvorschriften zum Bezug von Arbeitslosengeld II beziehungsweise Bürgergeldleistungen. Demnach dürfen Leistungsempfänger bis zu drei Wochen jährlich außerhalb ihres gewöhnlichen Aufenthaltsortes verbringen – vorausgesetzt dies beeinträchtigt nicht ihre Eingliederungsbemühungen in Arbeit oder Ausbildung.

Die Zustimmung durch das zuständige Jobcenter ist erforderlich; diese darf jedoch nur aus triftigen Gründen verweigert werden – etwa wenn während der Abwesenheit keine Erreichbarkeit gewährleistet wäre oder wichtige Termine versäumt würden. Ein generelles Verweigern wegen früherer Konflikte mit dem Amt widerspricht diesen Vorgaben eindeutig.

Das Urteil des Sozialgerichts Dortmund verdeutlicht zudem: Die Behörde muss jeden Antrag individuell prüfen und kann dabei keine pauschalen Vorurteile gegenüber bestimmten Personengruppen anwenden – insbesondere nicht gegenüber Personen mit einer hohen Klageaktivität gegen behördliche Entscheidungen.

Damit wird ein wichtiger Beitrag zum Schutz sozialrechtlicher Ansprüche geleistet sowie zur Wahrung eines fairen Umgangs zwischen Behördenmitarbeitern und Leistungsberechtigten beigetragen – was gerade im sensiblen Bereich der sozialen Sicherung essenziell ist.

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