Das Bundesverwaltungsgericht hat klargestellt, unter welchen Voraussetzungen Alleinerziehung im Sinne des Unterhaltsvorschusses und Mehrbedarfs beim Bürgergeld anerkannt wird. Dabei steht die zeitliche Betreuung der Kinder durch einen Elternteil im Mittelpunkt.
Rechtliche grundlagen zum anspruch auf unterhaltsvorschuss bei alleinerziehung
Alleinerziehende haben grundsätzlich Anspruch auf einen Mehrbedarf beim Bürgergeld sowie auf Unterhaltsvorschuss, wenn der andere Elternteil keinen regelmäßigen Unterhalt zahlt. Entscheidend ist dabei, ob ein Elternteil die Kinder allein oder überwiegend betreut. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem aktuellen Urteil präzisiert, welche Kriterien für die Anerkennung von Alleinerziehung gelten.
Im konkreten Fall klagte eine Mutter von Zwillingen gegen das zuständige Jugendamt, das ihr keinen Unterhaltsvorschuss gewährte. Die Begründung lautete, sie sei nicht voll alleinerziehend, da der getrennt lebende Vater während der Schulzeit etwa 36 Prozent an der Kinderbetreuung beteiligt war. Die Mutter hielt dies für ungerecht und zog vor Gericht.
Zwei Instanzen lehnten den Anspruch ab: Sowohl das Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht sahen in der Beteiligung des Vaters eine ausreichende Entlastung und verneinten damit den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss.
Das Bundesverwaltungsgericht hob diese Entscheidungen jedoch auf und stellte klar: Eine vollständige Alleinerziehung im Sinne einer hundertprozentigen Betreuung ist nicht Voraussetzung für den Anspruch. Vielmehr reicht es aus, wenn ein Elternteil die überwiegende Betreuung übernimmt – konkret definiert als mehr als 60 Prozent des Betreuungsaufwands.
Zentrale definition der betreuung
Die Richter betonten ausdrücklich, dass es bei dieser Definition ausschließlich um den zeitlichen Aufwand geht. Es soll keine Bewertung hinsichtlich Qualität oder Art der Betreuung erfolgen; entscheidend ist allein die Frage, welcher Elternteil mehr Zeit mit den Kindern verbringt.
Bedeutung des urteils für mehrbedarf beim bürgergeld und familienrechtliche praxis
Neben dem Unterhaltsvorschuss betrifft das Urteil auch Ansprüche auf Mehrbedarf bei Alleinerziehenden im Rahmen des Bürgergeldes . Das Bundessozialgericht hatte bereits zuvor entschieden , dass dieser Mehrbedarf pauschal zu gewähren ist – unabhängig vom Nachweis eines konkreten Mehraufwands durch die alleinerziehende Person.
Ein weiterer Streitpunkt war in diesem Zusammenhang die Mitbetreuung durch weitere Familienmitglieder im gemeinsamen Haushalt. Im vorliegenden Fall lebte die Klägerin mit ihrem Kind sowie ihren rentenleistungsbeziehenden Eltern und ihrer Schwester zusammen. Das Jobcenter verweigerte daraufhin einen Mehrbedarf mit dem Argument, andere Familienmitglieder könnten sich an der Kinderbetreuung beteiligen oder täten dies bereits.
Das Bundessozialgericht wies diese Argumentation zurück: Die tatsächliche Ausübung der elterlichen Sorge liegt ausschließlich bei dem betreffenden Elternteil; Mitbewohner ohne elterliches Sorgerecht können diesen Status nicht infrage stellen oder ersetzen. Damit bestätigte das Gericht eine gesetzgeberische Entscheidung zugunsten von Alleinerziehenden: Der Mehrbedarf richtet sich nach dem tatsächlichen Umfang alleiniger elterlicher Sorge – unabhängig davon, ob weitere Personen im Haushalt leben oder unterstützen könnten.
Diese Rechtsprechungen schaffen Klarheit über Voraussetzungen zur Anerkennung von Alleinerziehung sowohl hinsichtlich finanzieller Leistungen wie Unterhaltsvorschuss als auch zusätzlichem Bedarf beim Bürgergeld und stärken damit Rechte von alleinerziehenden Familien in Deutschland umfassend.