Viele Erben in Deutschland sehen sich mit unerwarteten Forderungen des Sozialamts konfrontiert, wenn sie Vermögen von verstorbenen Angehörigen übernehmen, die zuvor Sozialhilfe bezogen haben. Besonders bei Pflegebedürftigkeit oder Heimunterbringung kann das geerbte Haus oder Bargeld schnell zur Rückzahlungspflicht führen.
Gesetzliche rückforderung von sozialhilfe durch das sozialamt
Das Sozialamt ist berechtigt, die Kosten für geleistete Sozialhilfe der letzten zehn Jahre vom Erbe zurückzufordern. Diese Regelung basiert auf § 102 des Sozialgesetzbuches XII , der den sogenannten Kostenersatz durch Erben vorschreibt. Dabei handelt es sich um eine gesetzlich verankerte Pflicht und nicht um willkürliches behördliches Vorgehen.
Erben müssen demnach die Ausgaben ersetzen, die das Amt für Pflegeleistungen oder Heimunterbringung übernommen hat – sofern das geerbte Vermögen dies zulässt. Die Rückforderung beschränkt sich auf den Wert des Nachlasses; überschüssige Beträge dürfen nicht verlangt werden. Das bedeutet konkret: Wenn ein Haus im Wert von 50 000 Euro vererbt wird und die Pflegekosten 40 000 Euro betragen, muss nur dieser Betrag erstattet werden.
Die Frist zur Geltendmachung dieser Forderungen beträgt drei Jahre ab dem Todestag des Leistungsberechtigten. Nach Ablauf dieser Zeit verfällt der Anspruch des Sozialamts auf Rückzahlung vollständig.
Auswirkungen auf immobilienerbschaften und freibeträge
Auch Immobilien fallen unter diese Regelung: Wer als Erbe ein Haus oder eine Wohnung übernimmt, muss damit rechnen, dass das Sozialamt einen Verkauf verlangt, um offene Pflegekosten zu begleichen. Dabei gilt eine Wohnflächenbegrenzung für Empfänger von Sozialhilfe: Einzelpersonen dürfen Eigentum bis zu einer Größe von 90 Quadratmetern besitzen.
Ein Freibetrag schützt jedoch einen Teil des Erbes vor vollständiger Inanspruchnahme durch das Amt. Dieser liegt aktuell bei 3 378 Euro und entspricht dem Sechsfachen eines monatlichen Regelbedarfs eines Alleinstehenden nach SGB XII. Nur wenn die Gesamtkosten der übernommenen Leistungen diesen Betrag übersteigen, greift die Rückforderungspflicht.
Besonders relevant ist zudem der Fall häuslicher Gemeinschaft zwischen Verstorbener beziehungsweise Verstorbener und Erbe beziehungsweise Erbin: Hier können sogar bis zu etwa 15 000 Euro an Vermögen vor dem Zugriff geschützt sein – vorausgesetzt bestimmte Voraussetzungen sind erfüllt.
Gerichtliche entscheidungen zum schutz vor rückforderungen
Das Bundessozialgericht hat mehrfach klargestellt, dass es kein sogenanntes „postmortales Schonvermögen“ gibt – also keinen generellen Schutz gegen den Zugriff auf geerbtes Vermögen nach dem Tod eines Leistungsempfängers. Ein Urteil aus dem Jahr 2019 befasste sich mit einer Witwe im Alter von 83 Jahren; sie sollte ihr Eigenheim verkaufen müssen, um rund 15 316 Euro an Heimkosten ihres verstorbenen Mannes an das zuständige Sozialamt zu zahlen.
Gleichzeitig sieht § 102 SGB XII eine Härteklausel vor: Das Amt darf dann keine Rückforderungen stellen, wenn dies „nach der Besonderheit des Einzelfalles eine besondere Härte bedeuten würde“. Diese Klausel bietet jedoch keinen automatischen Schutz; jeder Fall wird individuell geprüft.
Wichtig ist auch festzuhalten: Der Schutz erstreckt sich nicht generell auf Wohneigentum selbst dann nicht, wenn Angehörige seit Jahrzehnten darin leben oder dieses selbst nutzen wollen. Die Folge kann sein, dass Hinterbliebene gezwungen sind, ihre Wohnung zu verkaufen – was im schlimmsten Fall Wohnungslosigkeit bedeutet.
Zusammenfassung der wichtigsten rechtsgrundlagen für erben
Die zentrale Rechtsgrundlage bildet § 102 SGB XII mit seiner Verpflichtung zur Kostenerstattung gegenüber dem Träger öffentlicher Hilfeleistungen innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren vor Todesfall sowie einer dreijährigen Verjährungsfrist ab Todesdatum.
Diese Vorschrift gilt insbesondere bei „Hilfe zur Pflege“, also Übernahme von Kosten für stationäre Unterbringung in einem Pflegeheim durch öffentliche Mittel wie etwa Grundsicherungsträger oder kommunale Ämter.
Erben sollten beachten:
- Es besteht grundsätzlich keine Möglichkeit zum Ausschluss solcher Forderungen.
- Freibeträge schützen nur begrenzte Teile des Nachlasses.
- Bei häuslicher Gemeinschaft können höhere Beträge erhalten bleiben.
- Härteklauseln bieten Ausnahmefälle ohne generellen Anspruch.
- Immobilienerbschaften sind besonders betroffen vom Verkaufsdruck zugunsten öffentlicher Kostendeckung.
Diese gesetzlichen Vorgaben machen deutlich: Eine sorgfältige Prüfung möglicher Ansprüche seitens Behörden ist unverzichtbar beim Antritt einer solchen Erbschaft mit vorherigem Bezug staatlicher Leistungen wie etwa Pflegesozialhilfe in Deutschland.