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Handelskompromiss mit den usa bringt planungssicherheit, birgt aber milliardengefahren für deutsche wirtschaft

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Der Zollkompromiss zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten sorgt für mehr Planungssicherheit in der deutschen Industrie, insbesondere bei der Autoindustrie. Gleichzeitig werfen die milliardenschweren Investitions- und Energieeinkaufszusagen der EU neue Fragen auf.

Zollkompromiss schafft planungssicherheit für deutsche autoindustrie trotz belastungen

Der kürzlich erzielte Handelskompromiss zwischen EU und USA markiert einen wichtigen Schritt zur Deeskalation des transatlantischen Handelsstreits. Für die deutsche Autoindustrie bedeutet dies vor allem eine Reduzierung der US-Einfuhrzölle von zuvor 27,5 Prozent auf nunmehr 15 Prozent. Zwar bleibt dieser Satz weiterhin hoch und belastet die Branche erheblich, doch stellt er im Vergleich zu den vorherigen Zöllen eine Entlastung dar. Die Gegenzölle der EU auf amerikanische Produkte liegen hingegen bei lediglich 2,5 Prozent – ein Wert, der weit entfernt von fairen Handelsbedingungen ist.

Die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie , Hildegard Müller, betonte: „Es sei grundsätzlich gut, dass eine weitere Eskalation des Handelsstreits abgewendet worden sei.“ Dennoch verursachten die US-Zölle jährlich Milliardenverluste für die Branche und erschwerten deren Transformation hin zu nachhaltigen Technologien. Die Unsicherheiten vergangener Monate hätten Produktion und Investitionen stark beeinträchtigt; nun könnten Unternehmen wieder besser planen.

Mögliche zollfreie verrechnungen schaffen chancen

Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht zudem Chancen auf sogenannte Verrechnungen: Wenn deutsche Autobauer in den USA produzieren und Fahrzeuge nach Europa exportieren, könnten im Gegenzug zollfreie Exporte aus Deutschland in die USA ermöglicht werden. Ohne solche Ausgleichsmechanismen drohe jedoch ein Arbeitsplatzverlust von bis zu zehn Prozent innerhalb Deutschlands – das entspricht etwa 70 000 Jobs mittelfristig.

Diese Entwicklung zeigt exemplarisch das Spannungsfeld zwischen politischen Kompromissen und wirtschaftlichen Realitäten in einer globalisierten Weltwirtschaft. Während kurzfristige Erleichterungen erzielt wurden, bleiben strukturelle Herausforderungen bestehen.

Milliardenschäden durch us-zölle belasten pharma-, stahl- und aluminiumbranche

Neben dem Automobilsektor trifft das neue Zollregime auch andere Schlüsselindustrien Deutschlands hart. Besonders gravierend sind die Auswirkungen auf Pharmahersteller sowie Stahl- und Aluminiumproduzenten.

Der Verband forschender Pharma-Unternehmen kritisierte scharf den Wegfall des jahrzehntelangen Prinzips eines zollfreien Arzneimittelhandels mit den USA durch Einführung eines Einfuhrzolls von 15 Prozent. Der Präsident des Verbands, Han Steutel, bezeichnete diesen Schritt als „folgenreichen Rückschritt“, welcher Milliardenbelastungen für den Pharmastandort Deutschland bedeute – negative Folgen seien sowohl für Arbeitsplätze als auch Investitionen zu erwarten.

Für Stahl- sowie Aluminiumproduzenten verschärft sich die Lage noch weiter: Washington behält weiterhin hohe Importzölle von bis zu 50 Prozent bei diesen Produkten bei. Die Wirtschaftsvereinigung Stahl spricht daher unverändert von einer „katastrophalen Situation“. Ein Sprecher aus dem Bundeswirtschaftsministerium kündigte anhaltenden Verhandlungsbedarf an.

Auch europäische Rüstungsunternehmen sehen sich benachteiligt angesichts hoher Investitionszusagen seitens Europas zugunsten amerikanischer Industrien im Rahmen dieses Deals – sie zählen ebenfalls zu den Verlierern dieses Abkommens.

Als Exportnation mit einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt von über 42 Prozent durch Ausfuhren ist Deutschland besonders anfällig gegenüber solchen Handelshindernissen. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft prognostiziert einen Rückgang des BIP um etwa 0,15 Prozent binnen eines Jahres infolge neuer Zölle; dies entspricht einem Verlust von rund 6,5 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung laut Berichten deutscher Medien wie dem Handelsblatt.

Diese Zahlen verdeutlichen eindrücklich das Risiko langfristiger ökonomischer Schäden trotz kurzfristiger politischer Kompromisse im transatlantischen Handelssystem.

Zweifel an umsetzung milliardenzusagen zur energieversorgung aus usa

Ein besonders komplexes Thema stellen neben Zöllen auch Kauf- sowie Investitionszusagen dar: Im Rahmen des Abkommens verpflichtet sich die EU dazu, innerhalb dreier Jahre Energieimporte aus den USA im Wert von insgesamt rund 750 Milliarden Dollar abzunehmen sowie zusätzlich circa 600 Milliarden Dollar in US-amerikanische Unternehmen zu investieren – Zahlenangaben beziehen sich auf Zeiträume bis zum Ende der Amtszeit Donald Trumps beziehungsweise vergleichbare Fristen danach.

Allerdings wirft diese Verpflichtung erhebliche praktische Probleme auf: Im Jahr zuvor importierte Europa lediglich Energieprodukte aus Amerika im Wert knapp unter 77 Milliarden Euro; insgesamt betrugen alle europäischen Energieimporte etwa 376 Milliarden Euro pro Jahr – was deutlich macht, dass ein Dreifaches davon kaum realistisch erscheint ohne massive Marktverwerfungen oder Preissteigerungen zugunsten amerikanischer Anbieter zulasten anderer Lieferanten weltweit anzunehmen wäre.

Energieimporte und klimaziele im widerstreit

Die Expertin Anne-Sophie Corbeau vom Center on Global Energy Policy an der Columbia University weist darauf hin: „Die Kommission müsste europäische Unternehmen dazu bringen […] ohne Rücksicht auf Preise.“ Zudem sei unklar ob US-Anbieter überhaupt ausreichende Mengen liefern könnten oder wollten angesichts bestehender Kapazitätsgrenzen beziehungsweise Marktprioritäten außerhalb Europas.

Darüber hinaus widersprechen erhöhte Importe fossiler Brennstoffe wie Flüssiggas oder Öl grundsätzlich europäischen Klimaschutzzielen zur Förderung erneuerbarer Energien erklärte Volkswirtin Samina Sultan vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln : „Mehr LNG-Importe laufen dem Ziel entgegen […], Erneuerbare auszubauen.“

Sollten einzelne Mitgliedstaaten ihre zugesagten Investitionen nicht erfüllen können oder wollen drohen laut Aussagen aus Washington mögliche zukünftige Strafmaßnahmen durch erneute Zollanhebungen seitens Amerikas – was Zweifel am dauerhaften Bestand dieses Deals nährt statt ihn endgültig abzuschließen.

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