Die italienischen Alpen verzeichnen im Sommer 2023 eine außergewöhnlich hohe Zahl an tödlichen Unfällen. Innerhalb eines Monats starben mindestens 83 Menschen, weitere fünf gelten als vermisst. Experten warnen vor unterschätzten Gefahren und mangelnder Ausrüstung.
Anstieg der unfallzahlen in den italienischen alpen im sommer 2023
Im Zeitraum vom 21. Juni bis zum 23. Juli sind in den italienischen Alpen mindestens 83 Menschen bei Bergunfällen ums Leben gekommen, wie Maurizio Dellantonio, Leiter des nationalen Berg- und Höhlenrettungsdienstes, gegenüber der Zeitung Corriere della Sera berichtete. Zusätzlich werden fünf Personen vermisst, deren Schicksal noch ungeklärt ist. Dies entspricht einem Durchschnitt von fast drei tödlichen Unfällen pro Tag – eine Zahl, die es so im Sommer bislang nicht gegeben hat.
Die Einsatzstatistik zeigt zudem einen Anstieg der Rettungseinsätze um rund 20 Prozent gegenüber dem Durchschnitt der vergangenen Jahre. Die meisten Betroffenen waren Wanderer, gefolgt von Bergsteigern, Mountainbikern sowie Fallschirmspringern. Auch Personen mit gesundheitlichen Problemen suchten trotz Risiken die Berge auf und gerieten dabei in Notlagen.
Diese Entwicklung verdeutlicht die steigende Gefahr durch Überforderung und falsche Selbsteinschätzung am Berg sowie durch unzureichende Vorbereitung auf alpine Herausforderungen.
Ursachen für die zahlreichen bergunfälle: überschätzung und fehlende ausrüstung
Beliebte Urlaubsregionen wie Südtirol, das Aostatal oder Venetien ziehen zahlreiche Besucher an – darunter viele deutsche Urlauber –, was zu überfüllten Wanderwegen führt. Laut Aussagen von Maurizio Dellantonio sind häufig schlecht ausgerüstete Ausflügler unterwegs, die sich selbst überschätzen oder ihre körperliche Leistungsfähigkeit falsch einschätzen.
Ein Beispiel dafür ist ein Vorfall mit einem 30-jährigen Mann, der versuchte, einen Gipfel auf etwa 3 600 Metern Höhe nur mit Turnschuhen zu erklimmen. In der Nacht musste er schließlich um Hilfe rufen, da ihm kalt wurde und er sich nicht mehr selbst retten konnte.
Neben mangelhafter Ausrüstung spielt auch das Streben nach spektakulären Bildern eine Rolle: Viele Touristen lassen sich durch Fotos in sozialen Medien zu riskanten Touren verleiten ohne ausreichende Information über Wetterbedingungen oder Geländegegebenheiten einzuholen.
Zudem verweigert etwa jeder zweite Gerettete laut Dellantonio die Übernahme der teilweise hohen Kosten für Rettungseinsätze – ein Problem für Rettungsdienste und Behörden gleichermaßen.
Tragischer unfall einer deutschen wanderin im aostatal
Vor kurzem ereignete sich ein weiterer schwerwiegender Unfall nahe des Colle della Lace im Aostatal an der Grenze zu Frankreich und Schweiz: Eine deutsche Wanderin stürzte dort rund hundert Meter tief ab und kam dabei ums Leben.
Dieser Vorfall unterstreicht erneut die Gefahren alpiner Regionen auch für erfahrene Bergsportler sowie Urlauber ohne ausreichende Vorbereitung oder Kenntnis des Geländes.
Die Kombination aus anspruchsvollen Routen, wechselhaften Wetterverhältnissen sowie teils fehlender Vorsicht führt immer wieder zu lebensbedrohlichen Situationen in den Bergen Italiens – besonders während stark frequentierter Urlaubszeiten wie dem Sommermonat Juli.
/dpa