Die Debatte um die Kürzung der Mittel für die Goethe-Institute im Ausland hat eine wichtige Diskussion über die Rolle kultureller Institutionen in der internationalen Politik entfacht. Historikerin Jessica Gienow-Hecht zeigt, wie solche Einrichtungen essenziell für nationale Sicherheit und das internationale Image von Staaten sind.
Kulturinstitute als elemente nationaler sicherheit
Die Entscheidung, den Goethe-Instituten im Ausland Mittel zu kürzen und einige Standorte zu schließen, stieß bei vielen Politikern der Ampel-Koalition auf Unverständnis. Im Auswärtigen Amt wurde die Aufregung teilweise als übertrieben abgetan, da es sich angeblich nur um „Kultur“ handele und nicht um bedeutende finanzielle Summen. Doch diese Sichtweise unterschätzt den Einfluss solcher liberaler Kulturinstitutionen auf das internationale Ansehen Deutschlands.
Die Historikerin Jessica Gienow-Hecht, Professorin für Nordamerikastudien an der Freien Universität Berlin, bringt einen neuen Blickwinkel ein: Sie bezeichnet Kulturinstitutionen als „unmittelbar und essenziell für die nationale Sicherheit – genauso wie ein Verteidigungsministerium oder ein Bundesnachrichtendienst“. Diese Aussage mag zunächst übertrieben wirken, doch ihre Analyse in dem Buch Vom Staat zur Marke – die Geschichte des Nation Branding verdeutlicht den strategischen Wert von Kultur- und Bildungsinstituten im Ausland.
Kulturinstitute fungieren als Brückenbauer zwischen Ländern. Sie fördern Austauschprogramme, Sprachkurse sowie kulturelle Veranstaltungen und tragen so dazu bei, positive Bilder eines Landes zu verbreiten. In Zeiten geopolitischer Spannungen gewinnen solche weichen Machtinstrumente an Bedeutung. Die Präsenz eines Landes durch seine Kulturinstitutionen kann Vertrauen schaffen oder Konflikte entschärfen helfen – Aspekte, die unmittelbar mit nationaler Sicherheit verknüpft sind.
Nation branding: geschichte und mechanismen staatlicher imagepflege
Das Konzept des Nation Brandings beschreibt den bewussten Aufbau einer nationalen Marke zur Förderung des internationalen Ansehens eines Staates. Im 19. Jahrhundert begann mit der Herausbildung moderner Nationalstaaten auch eine neue Form der Selbst- und Fremdwahrnehmung von Ländern weltweit.
Anfangs waren es vor allem Intellektuelle sowie Künstlerinnen und Künstler, welche versuchten, ihre Heimatländer positiv darzustellen – etwa durch Literatur oder Kunstwerke mit patriotischem Bezug. Zwischen 1920 bis 1990 übernahmen zunehmend Regierungen selbst diese Aufgabe; sie organisierten gezielte Kampagnen zur Imageförderung ihrer Länder im Ausland.
Mit dem Ende des Kalten Krieges wandelte sich das Bild erneut: Viele Staaten delegierten ihre Markenwerbung an professionelle PR-Agenturen aus dem Westen – insbesondere aus den USA –, was laut Gienow-Hecht problematisch ist. Denn autoritäre Regime haben diesen Trend erkannt und eigene Instrumente entwickelt: Gastrodiplomatie etwa nutzt kulinarische Angebote zur positiven Darstellung; Megasportevents dienen dazu, Modernität zu demonstrieren; Auslandssender verbreiten kontrollierte Nachrichtenbilder ins Weltpublikum.
Diese vielfältigen Maßnahmen zeigen deutlich: Nation Branding ist kein harmloses Marketing mehr sondern Teil internationaler Machtstrategien geworden – gewaltlos zwar aber wirkungsmächtig zugleich.
Liberale werte im markenkern
Vor diesem Hintergrund appelliert Jessica Gienow-Hecht eindringlich an liberale Demokratien wie Deutschland oder andere westliche Staaten: Sie müssten jetzt verstärkt daran arbeiten, ihren Markenkern authentisch herauszustellen. Dazu zählen Freiheit – verstanden als individuelle Selbstbestimmung –, Gleichberechtigung aller Bürgerinnen und Bürger sowie Rechtsstaatlichkeit inklusive funktionierender demokratischer Institutionen ebenso wie wirtschaftliche Offenheit durch Marktwirtschaftssysteme.
Diese Werte sollten nicht nur propagiert werden sondern tatsächlich gelebt werden; glaubwürdige Darstellung sei entscheidend für nachhaltigen Erfolg beim Nation Branding. Nur so könne man gegen autoritäre Konkurrenten bestehen bleiben beziehungsweise deren Einfluss begrenzen helfen.
Der Erfolg solcher Bemühungen lässt sich schwer direkt in Euro oder Dollar messen; dennoch beeinflusst er langfristig politische Beziehungen ebenso wie wirtschaftlichen Austausch oder touristische Ströme erheblich positiv – Faktoren also mit großer gesamtgesellschaftlicher Relevanz gerade auch unter Sicherheitsaspekten.