Immer mehr junge Menschen verschulden sich, weil sie zu wenig über den Umgang mit Geld wissen. Ein Schulworkshop an der Hans-Litten-Schule in Berlin-Charlottenburg zeigt, wie Finanzbildung praktisch vermittelt wird.
Finanzwissen an der hans-litten-schule: wirtschaftsschwerpunkt und praxisnahe vorträge
An einem Freitagmittag um 12.00 Uhr herrscht im Klassenraum der 12. Klasse an der Hans-Litten-Schule gespannte Aufmerksamkeit. Das Oberstufenzentrum mit Wirtschaftsschwerpunkt richtet heute einen Vortrag aus, bei dem zwei Fachleute – eine Schuldnerberaterin und ein Finanzberater – den Schülerinnen und Schülern grundlegendes Wissen zum Umgang mit Geld vermitteln. Die Jugendlichen sind interessiert, denn viele von ihnen wollen verstehen, wie man verantwortungsvoll mit Finanzen umgeht.
Lukas etwa hofft auf Informationen zu Geldanlagen in Aktien, während sein Mitschüler Finn betont, „dass das Thema generell wichtig für die Zukunft sei.“ Viele seiner Freunde hätten kaum Kenntnisse über Finanzen – ein Problem, das häufig bei jungen Menschen auftrete.
Die Referentin Jeannette Keck arbeitet als Schuldnerberaterin und kennt die Risiken mangelnder Finanzkompetenz aus erster Hand. Sie erklärt den Jugendlichen zunächst den Unterschied zwischen Bedürfnissen und Wünschen: Bedürfnisse seien notwendige Ausgaben wie Miete oder Lebensmittel; Wünsche kämen erst danach zum Zug. Dieses Verständnis ist zentral für eine vernünftige Haushaltsplanung.
Der Vortrag beginnt deshalb mit dem Thema Haushaltsplan: Einnahmen müssen dokumentiert werden ebenso wie Ausgaben, damit Spielräume erkennbar sind. Keck berichtet von ihrer eigenen Erfahrung: Seit ihrem 18. Lebensjahr führt sie einen Haushaltsplan – eine Praxis, die unter jungen Leuten selten verbreitet ist.
Die Schülerinnen und Schüler reagieren zurückhaltend auf Fragen zur eigenen finanziellen Situation zuhause; nur wenige sprechen offen über Geld oder kennen Details wie die Höhe der Familienmiete oder das Einkommen ihrer Eltern.
Tabuisierung von finanzen überwinden: mehr gespräche über geld nötig
Ein zentrales Anliegen des Workshops ist es daher auch, die Tabuisierung des Themas Finanzen aufzubrechen. Sowohl Jeannette Keck als auch ihr Co-Dozent Tilo Kette fordern mehr Offenheit im Umgang miteinander bezüglich Geldfragen.
Der Workshop wird von der Berliner Sparkasse organisiert; deren Ziel ist es laut Kette, Finanzbildung kostenlos sowie werbefrei anzubieten – ohne konkrete Produktempfehlungen oder Verkaufsabsichten gegenüber den Schülern.
Kette informiert allgemein über Chancen und Risiken verschiedener Anlageformen ohne spezifische Empfehlungen abzugeben. Auf eine Frage eines Schülers hin erklärt er klar: „Für Personen mit geringem Kapital sei eine Investition in Aktien nicht sinnvoll wegen des Risikos eines Totalverlusts am Börsenmarkt.“
Praktische Tipps ergänzen diese Hinweise: Disziplin beim Sparen sei entscheidend; regelmäßiges Zurücklegen kleiner Beträge führe eher zum Erfolg als sporadisches Sparen nur bei Überschuss am Monatsende. Der beste Zeitpunkt dafür sei gleich zu Beginn des Monats nach Zahlungseingang auf dem Konto.
Finanzbildung als schulfach gefordert angesichts wachsender verschuldung junger menschen
Jeannette Keck warnt eindringlich vor den Folgen fehlender Finanzkompetenz für junge Menschen heute: „Wer Schulden habe, lebe nicht selbstbestimmt; dann träfen andere Entscheidungen statt einem selbst.“
Sie fordert deshalb ein eigenes Schulfach Wirtschaft beziehungsweise Finanzbildung an Schulen zur Vermittlung grundlegender Kenntnisse rund ums Budgetieren sowie Verschuldungsvermeidung – gerade weil es durch Online-Banking immer leichter werde, Schulden anzuhäufen ohne unmittelbares Gefühl für Ausgaben zu entwickeln. „Es klickt sich so schnell.“
Die Berichte aus ihrem Beratungsalltag berühren viele Jugendliche tiefgehend: Härtefälle gebe es oft genug – junge Leute verlieren Strom- oder Wasserversorgung wegen unbezahlter Rechnungen; solche Situationen wolle niemand erleben müssen.
Auch wenn einige Schülerinnen und Schüler bereits Vorwissen besitzen , sind neue Erkenntnisse dabei gewesen – beispielsweise dass jeder Anspruch auf ein Basiskonto hat oder welche Gefahren Überziehungen bergen können.
Praxisnahe tipps für jugendliche zur vermeidung von schulden
Im Workshop erhalten die Jugendlichen zahlreiche praktische Ratschläge zur Vermeidung finanzieller Probleme im Alltag:
Zunächst sollten Einnahmen genau dokumentiert werden sowie alle fixen Kosten bekannt sein . Nur wenn diese gedeckt sind, dürfen Wünsche erfüllt werden – etwa neue Kleidung oder Freizeitaktivitäten.
Disziplin beim Sparen steht im Mittelpunkt aller Empfehlungen:
Regelmäßiges Zurücklegen kleiner Beträge direkt nach Gehaltseingang schafft Sicherheit gegen unerwartete Ausgaben.
Das Girokonto gilt dabei als zentraler Ausgangspunkt aller finanziellen Bewegungen:
„Ihr müsst den Cashflow im Griff haben“, betont Tilo Kette mehrfach während seines Vortrags.
Außerdem warnen beide Experten davor, unbedacht Kredite aufzunehmen:
Besonders Dispositionskredite bergen hohe Zinsen bei Überziehung.
Viele Jugendliche wissen zudem nicht ausreichend darüber Bescheid:
Nur wenige sprechen offen zuhause über Einkommen oder laufende Kosten.
Der Workshop will hier Abhilfe schaffen durch Aufklärung sowie Anregung offener Gespräche innerhalb der Familie.
Diese Kombination aus theoretischem Wissen plus praktischen Tipps soll helfen,
finanzielle Selbstständigkeit frühzeitig aufzubauen
und problematische Verschuldung langfristig vermeiden.
Die Veranstaltung zeigt exemplarisch,
wie wichtig umfassende finanzielle Bildung schon während der Schulzeit ist.
Damit können junge Menschen besser vorbereitet ins Erwachsenenleben starten,
mit einem sicheren Umgang rund ums eigene Geld.