Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung sind häufig auf verschreibungspflichtige Medikamente und medizinische Leistungen angewiesen, die mit Zuzahlungen verbunden sind. Die Krankenkassen bieten eine Befreiung von diesen Zuzahlungen an, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden.
Grundlagen der zuzahlungsbefreiung bei krankenkassen für schwerbehinderte
Die Zuzahlungsbefreiung ist eine gesetzlich verankerte Regelung im § 62 des fünften Sozialgesetzbuches , die Versicherte vor übermäßigen finanziellen Belastungen durch Zuzahlungen schützt. Sie begrenzt die jährlichen Eigenanteile, die Patienten für verschiedene medizinische Leistungen zahlen müssen. Sobald diese Belastungsgrenze erreicht ist, übernimmt die Krankenkasse alle weiteren Zuzahlungen innerhalb des Kalenderjahres.
Zu den relevanten Zuzahlungen zählen unter anderem der Eigenanteil bei stationären Krankenhausaufenthalten in Höhe von 10 Euro pro Tag für maximal 28 Tage jährlich sowie Kostenbeteiligungen bei Heilmitteln und häuslicher Krankenpflege in Höhe von 10 Euro pro Verordnung plus zehn Prozent der Kosten. Auch Medikamente und Hilfsmittel erfordern einen Eigenanteil von zehn Prozent des Abgabepreises, mindestens fünf Euro und höchstens zehn Euro je Medikament. Ähnliche Regelungen gelten für Haushaltshilfe und Fahrtkosten zur Behandlung.
Diese Staffelung soll sicherstellen, dass Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen nicht durch hohe Zusatzkosten belastet werden. Nach Erreichen der Belastungsgrenze kann ein Antrag auf Befreiung gestellt werden; bereits geleistete Zahlungen werden erstattet.
Belastungsgrenzen und definition chronischer krankheiten im kontext
Die finanzielle Belastungsgrenze liegt grundsätzlich bei zwei Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens einer Familie beziehungsweise eines Einzelnen. Für chronisch Kranke gilt eine niedrigere Grenze von einem Prozent des Bruttoeinkommens aufgrund ihrer dauerhaften Behandlungsbedürftigkeit infolge schwerwiegender Erkrankungen.
Eine chronische Krankheit wird gemäß Richtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses definiert als eine Erkrankung, die mindestens ein Jahr andauert und mindestens einmal pro Quartal ärztlich behandelt wird. Zusätzlich muss sie eines folgender Kriterien erfüllen: Pflegebedürftigkeit ab Pflegegrad drei bis fünf nach dem zweiten Kapitel SGB XI; ein Grad der Behinderung oder Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 60 oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit ab 60 Prozent; oder es besteht kontinuierlicher medizinischer Versorgungsbedarf zur Verhinderung lebensbedrohlicher Verschlimmerung oder dauerhafter Beeinträchtigung der Lebensqualität.
Diese Definitionen sind entscheidend dafür, ob Betroffene Anspruch auf reduzierte Belastungsgrenzen haben und somit schneller Anspruch auf Befreiung erhalten können.
Entscheidende kriterien im überblick
- Pflegebedürftigkeit ab Pflegegrad 3–5
- GdB oder GdS mindestens 60
- MdE ab 60 Prozent
- Kontinuierlicher medizinischer Versorgungsbedarf zur Verhinderung lebensbedrohlicher Verschlimmerung oder dauerhafter Beeinträchtigung der Lebensqualität
Feststellung grad behinderung sowie beantragung zuzahlungsbefreiung
Der Grad der Behinderung wird nach den Maßstäben aus § 152 in Verbindung mit § 153 Absatz 2 SGB IX festgestellt. Der Grad der Schädigungsfolgen folgt den Vorgaben aus dem Bundesversorgungsgesetz , ergänzt durch die Versorgungsmedizin-Verordnung. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach § 56 Absatz 2 SGB VII.
Für Menschen mit Schwerbehinderungen bilden diese Feststellungen wichtige Grundlagen zur Beantragung einer Befreiung von den gesetzlichen Zuzahlungsverpflichtungen gegenüber ihrer Krankenkasse.
Der Antrag selbst muss schriftlich eingereicht werden und sämtliche erforderlichen Nachweise enthalten: Einkommensnachweise zum Bruttojahreseinkommen sowie Dokumentationen über bestehende chronische Krankheiten beziehungsweise den GdB beziehungsweise GdS bzw. MdE-Wert gehören dazu.
Nach Prüfung stellt die Krankenkasse dann einen Bescheid aus – entweder bewilligt sie die Befreiung rückwirkend oder gewährt sie ab Antragsdatum für das laufende Kalenderjahr.
Vorteile durch sgb ix-einstufung sowie rückwirkende befreihungsmöglichkeiten
Die Einstufung als schwerbehindert nach dem Sozialgesetzbuch IX bietet neben dem Recht auf Zuzahlungsbefreiungen weitere Vorteile wie zusätzliche Unterstützungsleistungen im Alltag oder erleichterten Zugang zu bestimmten Rehabilitationsmaßnahmen – viele Betroffene kennen diese Möglichkeiten nicht vollständig.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Recht auf rückwirkende Befreiungeinreichungen bis zu vier Jahre zurück – sofern entsprechende Zahlungsbelege vorgelegt werden können. Apotheken stellen solche Quittungen gesammelt aus; einige Krankenkassen ermöglichen zudem Vorauszahlungen gegen sofortige Ausstellung einer sogenannten „Befreiungskarte“.
Diese Optionen helfen dabei, finanzielle Nachteile auch im Nachhinein auszugleichen – vorausgesetzt es erfolgt rechtzeitiges Handeln seitens Betroffener beziehungsweise deren Angehöriger bzw. Beraterinnen und Berater im Gesundheitswesen.