In Baden-Württemberg wächst die Population des Luchses nach über 180 Jahren Ausrottung wieder. Das Projekt „Luchs Baden-Württemberg“ setzt auf gezielte Auswilderungen, um den Bestand zu erhöhen und die Akzeptanz in der Bevölkerung zu fördern.
Auswilderungsprojekt zur wiederansiedlung des luchses im schwarzwald
Der Eurasische Luchs galt in Baden-Württemberg lange Zeit als ausgestorben. Seit dem 19. Jahrhundert wurden keine freilebenden Tiere mehr gesichtet, bis nun erste Wiederansiedlungen erfolgreich verlaufen. Im Rahmen des vierjährigen Projekts „Luchs Baden-Württemberg“, das 2023 gestartet wurde, sollen gezielt junge Luchse ausgewildert werden, um eine stabile Population aufzubauen.
Das einjährige Männchen Martin ist eines der aktuell freilebenden Tiere im Schwarzwald und wurde speziell für dieses Vorhaben vorbereitet. Er stammt aus dem Tiergarten Nürnberg und verbrachte mehrere Monate in einem Gehege im Karlsruher Zoo, wo er nur minimalen Kontakt zu Menschen hatte – eine wichtige Voraussetzung für seine spätere Freiheit in der Wildnis. Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg begleitet das Projekt wissenschaftlich engmaschig.
Mit Martins Auswilderung steigt die Zahl der Luchse im Schwarzwald auf acht an – darunter weitere ausgewilderte Tiere wie Verena und Reinhold, die Ende 2024 freigelassen wurden, sowie fünf männliche Wildlinge, die sich natürlich angesiedelt haben. Die Hoffnung liegt darin, dass Martin sich gut eingewöhnt und zur Vermehrung beiträgt.
Biologie des eurasischen luchses und seine bedeutung für den wald
Der Eurasische Luchs ist mit einer Körperlänge von 80 bis 110 Zentimetern sowie einer Schulterhöhe von bis zu 60 Zentimetern Europas größte Katzenart. Diese Einzelgänger sind überwiegend nachtaktiv und benötigen große Reviere mit ausreichend Deckung durch Waldgebiete.
Als reine Fleischfresser ernähren sie sich vor allem von mittelgroßen Huftieren wie Rehen oder Rothirschkalbern; kleinere Beutetiere wie Mäuse gehören ebenfalls zum Speiseplan. Ihre Rolle als Spitzenprädatoren trägt dazu bei, das ökologische Gleichgewicht im Wald zu erhalten.
Die Rückkehr des Luchses gilt daher nicht nur als Erfolg für den Artenschutz, sondern auch für die Biodiversität in Baden-Württembergs Wäldern.
Forschungsergebnisse durch satellitentechnologie bei martin
Vor seiner Freilassung wurde Martin umfassend tierärztlich untersucht sowie gegen Krankheiten geimpft – unter anderem gegen Staupe, welche bereits zum Tod der ersten ausgewilderten Katze Finja führte. Zusätzlich erhielt er einen Sender zur Ortung mittels Satellitentechnik.
Diese Technologie ermöglicht es Wissenschaftlern der FVA, detaillierte Daten über sein Bewegungsverhalten sowie seinen Lebensraumverbrauch zu sammeln: Wo hält er sich bevorzugt auf? Wie groß sind seine Streifgebiete? Welche Jagdstrategien nutzt er?
Solche Erkenntnisse helfen dabei herauszufinden, welche Bedingungen notwendig sind, damit sich eine nachhaltige Population etablieren kann – etwa hinsichtlich Schutzmaßnahmen oder Konfliktmanagement mit Menschen.
Gesellschaftliche akzeptanz und perspektiven für baden-württemberg
Das Ministerium für Ländlichen Raum betont neben dem Naturschutzaspekt auch die Bedeutung gesellschaftlicher Akzeptanz gegenüber dem Raubtier: „Der Luchs Martin kann dazu beitragen, dass diese faszinierende Tierart den Schwarzwald wie einst wieder dauerhaft besiedelt“, so Minister Peter Hauk .
Die Naturschutzorganisation WWF Deutschland unterstützt das Projekt ebenfalls aktiv: „Vor über 180 Jahren wurde der letzte Luchs in Baden-Württemberg ausgerottet“, erklärt Sybille Klenzendorf vom WWF Deutschland weiter, „Nun können wir endlich seine Rückkehr feiern.“
Bislang gibt es deutschlandweit nur drei ständige Vorkommen wildlebender Luchse: im Pfälzer Wald, Harz sowie Bayerischen Wald – was zeigt, wie bedeutsam dieses Wiederansiedlungsprojekt ist.
Bis Ende 2027 sollen insgesamt rund zehn weitere vornehmlich weibliche Tiere ausgewildert werden; dies soll langfristig einen genetisch vielfältigen Bestand sichern und so zum dauerhaften Schutz dieser bedrohten Art beitragen.