Das Landessozialgericht Hamburg und das Bundessozialgericht in Kassel haben sich mit der Frage befasst, ob eine Reporterin des Norddeutschen Rundfunks Anspruch auf Arbeitslosengeld 1 hat. Dabei ging es insbesondere um die Erfüllung der Anwartschaftszeit bei mehreren befristeten Beschäftigungsverhältnissen ohne Dauerarbeitsverhältnis.
Rechtliche bewertung des beschäftigungsverhältnisses beim ndr
Das Landessozialgericht Hamburg prüfte, ob ein Dauerarbeitsverhältnis vorliegt, wenn eine Mitarbeiterin einer Rundfunk- und Fernsehanstalt wie dem NDR in mehreren voneinander getrennten befristeten Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnissen tätig ist. Die Klägerin war bei ihrem Arbeitgeber über Einzelaufträge beschäftigt, die sie zur Hälfte eigeninitiativ annahm und zeitlich unregelmäßig ausführte. Ein Direktionsrecht seitens des Arbeitgebers bestand nicht.
Das Gericht stellte fest, dass kein Dauerarbeitsverhältnis begründet wurde. Die Mitarbeiterin erfüllte auch nicht die erforderlichen 360 Tage Versicherungspflicht durch ihre Einsätze beim NDR. Entscheidend sei nicht allein die durchgehende Zahlung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung oder die Auffassung des Arbeitgebers, sie als ständige Mitarbeiterin zu führen. Diese Faktoren reichten für den Nachweis eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses sowie zum Beleg weiterer Beschäftigungstage nicht aus.
Darüber hinaus argumentierte das Gericht, dass Tätigkeiten wie Vor- und Nachbereitungen ohne Entgeltzahlung vom Arbeitgeber keine versicherungspflichtigen Beschäftigungstage im Sinne von § 25 Absatz 1 Satz 1 SGB III darstellen können. Damit fallen solche Zeiten nicht unter den Schutz der Versicherungspflicht.
Abgrenzung dauer- oder befristetes arbeitsverhältnis
Zur Abgrenzung zwischen einem Dauerarbeitsverhältnis und mehreren befristeten Verträgen ist laut Rechtsprechung entscheidend, ob eine ausdrückliche Vereinbarung über ein unbefristetes Rechtsverhältnis besteht oder eine stillschweigende Abrede vorliegt, aus der sich ein dauerhaft angelegtes Rechtsverhältnis ergibt . Im vorliegenden Fall traf keines dieser Kriterien zu.
Entscheidung des bundessozialgerichts zum anspruch auf arbeitslosengeld
Das Bundessozialgericht in Kassel bestätigte mit Urteil vom 16.07.2025 den Beschluss des Landessozialgerichts Hamburg und wies den Anspruch der NDR-Reporterin auf Arbeitslosengeld 1 ab.
Nach § 142 Absatz 1 Satz 1 SGB III gilt als erfüllt, wer innerhalb einer Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem versicherungspflichtigen Verhältnis stand – diese Voraussetzung wurde hier verfehlt.
Die Richter führten aus: „In Zeiträumen ohne angenommene Aufträge liegt keine entgeltliche Beschäftigung im Sinne von § 7 Absatz 1 SGB IV vor.“ Die Klägerin war weder verpflichtet noch verpflichtetbar gewesen, dem NDR über einzelne Auftragszeiten hinaus zur Verfügung zu stehen; ebenso bestand keine Verpflichtung seitens des Senders zur weiteren Beschäftigung außerhalb dieser Aufträge.
Auch nach § 7 Absatz 3 Satz 1 SGB IV konnten keine zusätzlichen Versicherungszeiten anerkannt werden; maßgeblich sei ausschließlich das rechtliche Bestehen einer Versicherungspflicht während der jeweiligen Zeiträume – unabhängig von Beitragszahlungen an sich.
Zudem erfüllte die Klägerin auch nicht die sogenannte kleine Anwartschaftszeit gemäß § 142 Absatz 2 SGB III von sechs Monaten innerhalb eines Jahres vor Eintritt der Arbeitslosigkeit beziehungsweise bezog kein ausreichend hohes beitragspflichtiges Einkommen nach Maßgabe von § 18 Absatz 1 SGB IV während dieses Zeitraums.
Expertenhinweise zum sozialrechtlichen anspruch auf alg i und bürgergeld
Der Sozialrechtsexperte Detlef Brock weist darauf hin: Wer keinen oder nur einen geringen Anspruch auf Arbeitslosengeld I besitzt – wie im Fall dieser Reporterin –, kann Leistungen beim Jobcenter beantragen; dort wird Bürgergeld gewährt statt ALG II .
Ein Antrag auf ALG II kann auch am Monatsletzten per E-Mail außerhalb üblicher Dienstzeiten gestellt werden; gemäß § 37 Absätze 2 Satz 2 SGB II wirkt dieser Antrag rückwirkend zum ersten Tag des Folgemonats.
Bei geringem ALG-I-Anspruch sollte berücksichtigt werden: Das Bürgergeld rechnet das ALG I als Einkommen an – bereinigt um eine Pauschale für Versicherungsbeiträge in Höhe von dreißig Euro –, selbst wenn das Geld erst am Monatsende eingeht. Das Bundessozialgericht bestätigt dieses Monatsprinzip bei Einkommensanrechnung mehrfach .
Diese Hinweise sind wichtig für Betroffene mit unsicherem Leistungsanspruch aufgrund mehrerer kurzer Befristungen oder wechselnder Auftragssituationen im Medienbereich sowie vergleichbaren Branchen mit projektbezogenen Tätigkeiten ohne feste Anstellungspraxis.