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Rechtsextremismus unter Jugendlichen in der Lausitz nimmt zu – Angriffe auf queere Zentren und zunehmende Radikalisierung

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In der Lausitz wächst eine neue Generation rechtsextremer Jugendlicher heran, die offen Gewaltbereitschaft zeigt und ihre Ideologie unverhohlen nach außen trägt. Die Zivilgesellschaft steht dadurch zunehmend unter Druck.

Gewalt gegen alternative jugendliche und queere zentren in cottbus

Ende Mai kam es in der Cottbuser Parzellenstraße zu einem Angriff auf das als Zelle 79 bekannte Haus, das als Schutzraum für alternative Jugendliche dient. Vermummte Personen warfen Brandsätze auf das Gebäude und riefen dabei „Adolf Hitler Hooligans“. Glücklicherweise wurde niemand verletzt, da die Angreifer offenbar erfolglos versuchten, ins Haus einzudringen. Dieses Ereignis verdeutlicht die wachsende Bedrohung für geschützte Räume in der Region.

Das Regenbogenkombinat in Cottbus, ein Zentrum für Schwule, Lesben und trans Menschen im Stadtteil Sachsendorf, ist ebenfalls Ziel von Angriffen geworden. Der Leiter Christian Müller zeigt Überwachungsvideos, auf denen Unbekannte versuchen, Regenbogenbanner abzureißen. Dabei sind schwulenfeindliche Beleidigungen deutlich zu hören. Müller berichtet von einer Serie solcher Vorfälle: „Wir hatten eine ganze Serie. Da hatten wir so alle vier Wochen Angriffe oder Banner wurden abgerissen.“ Einmal sei sogar ein Hakenkreuz mit SS-Runen an den Bannern angebracht worden.

Diese Attacken senden laut Müller klare Signale: Queere Menschen stehen im Fokus rechtsextremer Feindseligkeit. Früher sei es noch möglich gewesen, offen als queere Person durch Cottbus zu gehen und beispielsweise am Bahnhofsfest teilzunehmen – diese Zeiten seien vorbei: „Von diesen Zeiten haben wir uns schon lange verabschieden müssen,“ sagt er.

Die Regenbogenfahne hat sich vom Symbol einer Gemeinschaft zum Hassobjekt entwickelt: Für viele Rechtsextreme steht sie für alles Andersartige und wird gezielt angegriffen oder diffamiert.

Neonazistische veranstaltungen und hetze gegen queere menschen

Rund 50 Kilometer von Cottbus entfernt findet im Ort Klettwitz eine Sonnenwendfeier statt, organisiert von den Jungen Nationalisten , der Jugendorganisation der ehemaligen NPD-Partei „Die Heimat“. Die Veranstaltung ist geheim gehalten; Teilnehmer erfahren den Veranstaltungsort erst kurz vorher telefonisch. Das Gelände wird abgeschirmt; Zuschauer sind unerwünscht.

Nico Koal, Jugendbeauftragter dieser Partei und Redner bei Demonstrationen gegen Christopher-Street-Day-Veranstaltungen , spielt eine zentrale Rolle bei solchen Events. Er äußert sich klar ablehnend gegenüber queeren Lebensformen: „Naturmäßig gibt es nur zwei Geschlechter… Und alles andere ist für mich krank.“ Koal kritisiert zudem die Thematisierung von Genderfragen an Schulen scharf: „Warum müssen unsere Kinder damit belästigt werden?“

Solche Aussagen zeigen die ideologische Radikalisierung innerhalb dieser Gruppen sowie deren Mobilisierungspotenzial durch Hetze gegen Minderheiten wie LGBTQ+-Personen.

Zunehmende radikalisierung rechter jugendlicher in spremberg

In Spremberg beobachtet Sozialarbeiter Benny Stobinski seit über 20 Jahren einen Prozess zunehmender Radikalisierung junger Rechtsextremer. Er warnt vor einer Wiederholung gewaltsamer Auseinandersetzungen ähnlich den sogenannten „Baseballschläger-Jahren“ der 1990er-Jahre: „Irgendwann werden sie wahrscheinlich diese Schwelle zum Körperlichen überschreiten.“

Besonders aktiv ist dort die neonazistische Kleinpartei „Der Dritte Weg“. An öffentlichen Orten wie dem Busbahnhof kleben zahlreiche Sticker mit rechtsextremen Botschaften wie „Deutschland den Deutschen“ oder Symbolen wie der schwarzen Sonne – einem aus mehreren übereinandergelegten Hakenkreuzen bestehenden Zeichen. Im Stadtpark führt diese Partei militärisch anmutende Sportübungen mit Jugendlichen durch.

Stobinski befürchtet ernsthafte gesellschaftliche Folgen dieser Entwicklung: Menschen könnten Angst bekommen vor Angriffen aufgrund ihrer Meinung oder Kleidung; öffentliche Räume würden nicht mehr sicher sein.

Warnungen von verfassungsschutz und reaktionen aus politik sowie zivilgesellschaft

Der Verfassungsschutz Brandenburg bestätigt gegenüber dem rbb eine gewaltbereite rechte Jugendszene mit starkem Einfluss sozialer Netzwerke zur Verbreitung nationalistischer Ideologien. Michael Höhn vom Verfassungsschutz erklärt dazu: „Das bereitet uns große Sorgen.“

In Spremberg hat sich die Lage zuletzt verschärft; Bürgermeisterin Christine Herntier wandte sich öffentlich an Politik sowie Bevölkerung wegen Berichten über Bedrohungen an Schulen ohne Nennung konkreter Täternamen aus Angst vor Repressalien:

„Wie kann es sein… dass Lehrer und Schüler voller Wut und Angst kommen? Sie fragen mich… ob sie wegziehen sollen.“

Herntier betont Öffentlichkeitsarbeit als einziges Mittel gegen das Problem: „Man kann es nicht weiter vor sich hin wabern lassen.“

Brandenburgs Innenminister René Wilke kündigte einen baldigen Einsatz des Verfassungsschutzes vor Ort zur Lageeinschätzung an; zugleich forderte er einen breiten Schulterschluss aller gesellschaftlichen Kräfte:

„Es braucht Unterstützung von außerhalb… Strukturen unseres Ministeriums wollen wir zur Verfügung stellen.“

Am 23. Juli sendet das rbb-Fernsehen zudem eine Reportage über Neonazis in der Lausitz unter dem Titel Jung.Rechts.Radikal, um Öffentlichkeit weiter zu sensibilisieren.

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