Das Sozialgericht Karlsruhe hat entschieden, dass das Jobcenter keine Mietschulden übernimmt, wenn Bürgergeldempfänger in einer unangemessen teuren Wohnung leben. Die Entscheidung betrifft insbesondere Fälle mit deutlich überhöhten Bruttokaltmieten.
Urteil des sozialgerichts karlsruhe zur übernahme von mietschulden bei bürgergeldempfängern
Am 11.07.2025 fällte die 12. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe ein Urteil , das die Übernahme von Mietschulden durch das Jobcenter bei Bürgergeldempfängern einschränkt. Im Kern ging es um einen Haushalt mit drei Personen, dessen monatliche Bruttokaltmiete von 2 000,00 Euro die angemessene Miete nach dem Wohngeldgesetz für die Mietenstufe III in Höhe von 726,66 Euro um ein Vielfaches überschritt.
Das Gericht stellte klar, dass gemäß § 22 Abs. 8 SGB II nur Darlehen zur Übernahme von Schulden für Unterkunft und Heizung gewährt werden dürfen, wenn diese zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage erforderlich sind. Im vorliegenden Fall sei eine Darlehensgewährung nicht gerechtfertigt gewesen, da der Zweck der Sicherung der Unterkunft nicht erreicht werde.
Die Richter argumentierten weiter: Selbst wenn durch eine Schuldenübernahme kurzfristig eine Entlastung erfolge, könne langfristig die unangemessen teure Wohnung nicht erhalten bleiben. Das Bürgergeld dürfe daher nicht dazu dienen, Leistungsempfänger lediglich vor zivilrechtlichen Forderungen des Vermieters zu schützen.
Zudem bestehe keine konkrete Aussicht darauf, wie die Antragstellerin oder der Antragsteller künftig die hohe Miete tragen könne – zumal Unterhaltspflichten gegenüber zwei minderjährigen Kindern außerhalb der Bedarfsgemeinschaft bestehen würden. Daraus folge eine hohe Wahrscheinlichkeit erneuter Mietrückstände und damit keine dauerhafte Sicherung der Unterkunft.
Rahmenbedingungen und ausnahmen bei mietschuldendarlehen im bürgergeldbezug
Trotz dieser restriktiven Haltung gibt es Ausnahmen: Nach Einschätzung von Experten für Sozialrecht müssen Jobcenter im Einzelfall auch dann ein Mietschuldendarlehen gewähren, wenn die Unterkunft als unangemessen teuer gilt – allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.
Erster fall: differenzbetrag aus eigenem einkommen
Erstens kann ein Darlehen erteilt werden, wenn Leistungsbezieher den Differenzbetrag zwischen tatsächlicher und angemessener Miete aus eigenem Erwerbseinkommen oder Regelleistungen aufbringen können. Dies wurde etwa vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg bestätigt .
Zweitens ist eine langfristige Sicherung einer nicht kostenangemessenen Wohnung grundsätzlich ausgeschlossen; Ausnahmen sind denkbar bei geringfügiger Überschreitung des Angemessenen etwa durch Aufstocken unter Nutzung eines Freibetrags aus Einkommen sowie gesicherter zukünftiger Erhaltung der Wohnung.
Ein weiterer wichtiger Hinweis betrifft gesetzliche Grenzen: Es existiert keine betragsmäßige Obergrenze für den Anspruch auf Übernahme von Mietschulden als Darlehen im Rahmen des Bürgergeldes .
In einem bemerkenswerten Fall erstritten Bürgergeldempfänger vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg sogar erfolgreich eine Mietschuldübernahme in Höhe von insgesamt 9 680 Euro während einer Karenzzeit trotz unangemessen hoher Kosten für ihre Unterkunft im Eilverfahren.
Diese Urteile verdeutlichen den komplexen Umgang mit hohen Wohnkosten im System des Bürgergeldes und zeigen zugleich Handlungsspielräume innerhalb strenger rechtlicher Vorgaben auf.