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Glaubhaftmachung eines anordnungsanspruchs für den erlass einer einstweiligen anordnung bei bürgergeldbezug verneint

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Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass Bezieher von Bürgergeld im Eilverfahren die Unzumutbarkeit eines Umzugs aus gesundheitlichen Gründen nur dann glaubhaft machen können, wenn sie entsprechende ärztliche Befundberichte vorlegen. Eine bloße amtsärztliche Feststellung oder Bescheinigungen über vorübergehende Arbeitsunfähigkeit reichen nicht aus.

Entscheidung des landessozialgerichts zur glaubhaftmachung der unzumutbarkeit eines umzugs

Im Verfahren vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg wurde festgestellt, dass Antragsteller, die im Rahmen eines Eilverfahrens geltend machen, ein Umzug sei ihnen aus gesundheitlichen Gründen unmöglich, diesen Anspruch nicht ohne weitere Nachweise durchsetzen können. Das Gericht betonte die Notwendigkeit einer konkreten Glaubhaftmachung durch Vorlage ärztlicher Befundberichte beider Antragsteller. Eine alleinige amtsärztliche Untersuchung mit der Feststellung, dass Unterstützung beim Umzug wünschenswert sei, reiche nicht aus.

Die Amtsärztin hatte zwar bestätigt, dass aufgrund der Erkrankungen eine Unterstützung beim Umzug sinnvoll wäre. Einen generellen Ausschluss des Umzugs sah sie jedoch nicht gegeben. Dies führte dazu, dass das Gericht den Einwand der Unmöglichkeit als unbegründet zurückwies. Die Antragsteller hatten zudem einen Termin zur weiteren amtsärztlichen Untersuchung abgesagt und somit keine zusätzlichen medizinischen Nachweise erbracht.

Das Gericht stellte klar: „Wenn Betroffene selbst in der Lage sind und es ihnen möglich ist, durch Vorlage von Bescheinigungen ihrer behandelnden Ärzte substantiiert darzulegen und zu belegen, warum ein Umzug unzumutbar ist oder gar ausgeschlossen werden muss, sind diese Nachweise vorzulegen und können nicht ersetzt werden durch allgemeine Hinweise auf Unterstützungsbedarf.“

Wesentliche erkenntnisse zur glaubhaftmachung

  • Eine bloße amtsärztliche Feststellung reicht nicht aus.
  • Konkrete ärztliche Befundberichte sind erforderlich.
  • Abgesagte amtsärztliche Untersuchungen führen zur Ablehnung.

Rechtliche grundlagen zur unzumutbarkeit des umzugs bei behinderten leistungsempfängern

Das Urteil weist auch auf wichtige Aspekte hin bezüglich behinderungsbedingter Anforderungen an eine neue Wohnung sowie die Haltung von Therapiehunden als Teil des Bedarfsbildes bei Leistungsbeziehern mit Behinderung oder chronischer Erkrankung.

Erstens genügt es nach Auffassung des Gerichts nicht allein zu behaupten oder Bescheinigungen über vorübergehende Arbeitsunfähigkeit vorzulegen; dies reicht insbesondere dann nicht aus für eine Glaubhaftmachung der Unmöglichkeit eines Umzugs, wenn seit Bekanntgabe einer Kostensenkungsaufforderung bereits mehrere Monate vergangen sind und ausreichend Zeit bestand, sich um eine angemessene Wohnung zu bemühen.

Zweitens konnten die Antragsteller weder glaubhaft machen noch ausreichend belegen,

  • dass ihre neue Wohnung zwingend ebenerdig sein müsse,
  • einen Fahrstuhl haben müsse,
  • noch welche konkreten Auswirkungen ein Therapiehund auf den Wohnbedarf habe,

obwohl sie angaben, bereits mehrfach Ablehnungen wegen Hundehaltung erhalten zu haben. Das Gericht verwies darauf hin: „Sowohl hinsichtlich einer gehbehinderungsgerechten Wohnung als auch bezüglich behinderungsbedingter Notwendigkeiten wie einem Therapiehund fehlt es ohne konkrete medizinische Nachweise an ausreichender Glaubwürdigkeit für diese Forderungen.“

Diese Anforderungen müssen Leistungsbezieher konkret darlegen und beweisen; bloße Wünsche genügen hierfür nicht.

Sozialrechtlicher expertenhinweis zum anspruch auf kostenübernahme bei schwer verfügbaren wohnungen

Der Sozialrechtsexperte Detlef Brock weist darauf hin: Sozialhilfeträger beziehungsweise Jobcenter müssen in Fällen besonders schwer verfügbarer barrierefreier Wohnungen auch Kosten übernehmen dürfen oberhalb der üblichen Angemessenheitsgrenzen – etwa wenn eine barrierefreie Wohnung notwendig ist und Vermieter einen Therapiehund zulassen müssen . Diese Rechtsprechung orientiert sich unter anderem am Urteil des Bundessozialgerichts vom 06.10.2022 .

Ist der Wohnungsmarkt für Menschen mit Behinderung verschlossen oder sehr eingeschränkt zugänglich – etwa weil geeignete Wohnungen kaum vorhanden sind –, besteht nach § 22 Abs. 1 SGB II ein Anspruch darauf, tatsächliche Unterkunftskosten übernommen zu bekommen statt nur pauschalierte Angemessenheitsgrenzen erstattet zu erhalten.

Ein Beispiel hierfür ist das Urteil des Sozialgerichts Aurich , wonach einem alleinerziehenden Elternteil mit einem Kind in Pflegestufe 5 trotz Überschreitung üblicher Mietobergrenzen die tatsächlichen Kosten erstattet wurden – da ausschließlich aufgrund dieser Behinderung höhere Kosten entstanden waren.

Diese Rechtsprechung verdeutlicht den besonderen Schutzbedarf von Menschen mit Behinderungen im Bereich Unterkunftskosten sowie deren Anspruch auf angemessene Berücksichtigung individueller Lebensumstände gegenüber Jobcentern und Sozialhilfeträgern im Rahmen gesetzlicher Vorgaben zum Bürgergeld beziehungsweise zur Sozialhilfeversorgung insgesamt.

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