Der Inselstaat Tuvalu im Südpazifik steht angesichts des Klimawandels vor einer existenziellen Bedrohung. Fast die Hälfte seiner Bevölkerung hat innerhalb weniger Wochen ein Visum für eine dauerhafte Einwanderung nach Australien beantragt.
Klimakrise bedroht existenz von tuvalu
Tuvalu, ein kleiner Inselstaat nördlich von Neuseeland und östlich von Papua-Neuguinea, zählt mit rund 10 600 Einwohnern zu den kleinsten Ländern der Welt. Die steigenden Meeresspiegel durch den Klimawandel setzen das Land massiv unter Druck. Wissenschaftliche Studien prognostizieren, dass bis zum Jahr 2100 etwa 95 Prozent des Landes bei Flut überflutet sein könnten. Diese Entwicklung macht Tuvalu vermutlich zum ersten Staat, der aufgrund klimatischer Veränderungen unbewohnbar wird.
Die dramatische Lage führt dazu, dass immer mehr Bewohner ihre Zukunft außerhalb ihrer Heimat sehen. Medienberichten zufolge haben sich bereits 5 157 Menschen um ein Visum für Australien beworben – das entspricht fast der Hälfte der Gesamtbevölkerung Tuvalus. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Der Verlust von Landfläche und Lebensgrundlagen zwingt viele zur Flucht oder Umsiedlung.
Das Kinderhilfswerk Unicef bezeichnete Tuvalus Situation als „rasanten Untergang“. Neben dem Anstieg des Meeresspiegels sind auch häufigere Naturkatastrophen und Umweltveränderungen Faktoren, die das Überleben auf den Inseln erschweren. Die Bewohner sehen sich mit einer unsicheren Zukunft konfrontiert, in der ihr Heimatland zunehmend an Lebensraum verliert.
Abkommen zwischen tuvalu und australien ermöglicht visumsanträge
Im vergangenen Jahr trat eine Vereinbarung zwischen Tuvalu und Australien in Kraft, die es jährlich bis zu 280 Einwohnern Tuvalus erlaubt, mit einem Sondervisum dauerhaft nach Australien auszuwandern. Dieses Abkommen soll einen geordneten Weg bieten, um Menschen aus dem vom Klimawandel besonders betroffenen Archipel Schutz zu gewähren.
Darüber hinaus verpflichtet sich Australien im Rahmen dieses Abkommens zur Unterstützung bei großen Naturkatastrophen, Gesundheitskrisen oder militärischen Bedrohungen in Tuvalu. Das Ziel ist es nicht nur humanitäre Hilfe zu leisten, sondern auch langfristige Lösungen für die durch Umweltveränderungen verursachten Herausforderungen anzubieten.
Die Vergabe dieser Visa erfolgt über eine Lotterie: Mitte Juni wurden die Antragsformulare online gestellt; Bewerbungen konnten bis zum 18. Juli eingereicht werden. Am 25. Juli begann dann das Zufallsverfahren zur Auswahl der Antragstellerinnen und Antragsteller für die ersten Plätze.
Sollte sich das derzeitige Interesse fortsetzen oder sogar steigern, könnte theoretisch innerhalb von vier Jahrzehnten nahezu die gesamte Bevölkerung Tuvalus nach Australien übersiedeln – vorausgesetzt natürlich alle erhalten ein Visum im Rahmen dieser Obergrenze pro Jahr.
Südpazifik als hotspot des klimawandels mit globaler bedeutung
Der Südpazifik gilt als eine Region besonders anfällig gegenüber den Folgen des Klimawandels wie steigendem Meeresspiegel sowie häufigeren Stürmen und Überschwemmungen. Für Länder wie Tuvalu bedeutet dies nicht nur ökologische Herausforderungen sondern auch soziale und politische Umbrüche durch Bevölkerungsbewegungen infolge verlorener Lebensräume.
Das australische Außenministerium erklärte dazu: „Australien erkennt die zerstörerischen Auswirkungen des Klimawandels auf Existenzen, Sicherheit und Wohlergehen von Menschen aus klimaanfälligen Ländern insbesondere in der Pazifikregion an.“ Das Abkommen mit Tuvalu sei weltweit einzigartig – es ermögliche „Mobilität mit Würde“ angesichts zunehmender Klimaauswirkungen.
Diese Initiative markiert einen wichtigen Schritt hin zu internationaler Verantwortung gegenüber Staaten ohne eigene Ressourcen zur Bewältigung solcher Krisenlagen – sie zeigt zugleich aber auch auf dringenden Handlungsbedarf beim globalen Klimaschutz sowie bei Anpassungsmaßnahmen für gefährdete Regionen weltweit auf.