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Abbau von manganknollen in der tiefsee: wer darf den schatz bergen und welche folgen drohen

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Die Internationale Meeresbodenbehörde verhandelt in Kingston, Jamaika, über die Zukunft des Manganknollenabbaus in internationalen Gewässern. Dabei stehen ökologische Risiken, wirtschaftliche Auswirkungen und die Interessen von Staaten sowie Bergbauunternehmen im Mittelpunkt.

Verhandlungsstand bei der internationalen meeresbodenbehörde zur regulierung des tiefseebergbaus

Die jährliche Vollversammlung der Internationalen Meeresbodenbehörde begann am 21. Juli 2025 in Kingston, Jamaika. Im Fokus stehen Verhandlungen über den Abbau von Manganknollen auf dem Tiefseeboden – einem Rohstoffvorkommen mit großem wirtschaftlichem Potenzial. Die ISA diskutiert verschiedene Regelungsoptionen für Staaten und Unternehmen, die Rohstoffe aus der Tiefsee fördern wollen.

Drei Hauptvarianten prägen die Debatte: Erstens ein verbindlicher „Mining Code“, welcher den Abbau unter strengen Umweltauflagen erlaubt. Dieser Kodex soll klare Standards definieren, um ökologische Schäden zu minimieren und gleichzeitig Investitionssicherheit zu bieten. Zweitens wird eine „precautionary pause“ vorgeschlagen – eine vorsorgliche Aussetzung jeglicher Aktivitäten bis umfassendere wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen. Drittens steht ein Moratorium zur Diskussion, das faktisch ein vollständiges Verbot des Tiefseebergbaus bedeuten würde.

Sollten sich die Mitgliedsstaaten nicht auf eine dieser Optionen einigen können, bestünde das Risiko eines ungeregelten Abbaus ohne internationale Kontrolle oder Umweltschutzmaßnahmen. Dies könnte weitreichende Folgen für das fragile Ökosystem der Tiefsee haben sowie politische Spannungen zwischen beteiligten Akteuren hervorrufen.

Die Komplexität der Verhandlungen ergibt sich auch daraus, dass bislang nur begrenzte Daten zum tatsächlichen Einfluss des Bergbaus auf marine Lebensräume vorliegen. Die ISA steht somit vor einer Herausforderung zwischen wirtschaftlichen Interessen und dem Schutz mariner Biodiversität.

Ökologische folgen des manganknollenabbaus und deren auswirkungen auf küstenökonomien

Der Abbau von Manganknollen erfolgt durch das Absaugen oder Abschaben großer Flächen am Meeresboden in mehreren tausend Metern Tiefe. Dabei werden Sedimente aufgewirbelt und kilometerweit ins Wasser geschleudert; Lärm-Emissionen entstehen durch Maschinenbetrieb unter Wasser. Zusätzlich belastend für marine Organismen sind diese Eingriffe insbesondere wegen ihrer Langzeitwirkung schwer abschätzbar.

Tiefseebewohner wachsen meist sehr langsam; viele Arten benötigen Jahrzehnte bis Jahrhunderte zur Regeneration nach Störungen ihres Lebensraums. Untersuchungen zeigen noch Jahrzehnte nach Testabbau deutliche Spuren an betroffenen Stellen im Ozeanboden – etwa fehlende Fauna oder veränderte Sedimentstrukturen.

Einfluss auf küstenökonomien

Diese ökologischen Veränderungen wirken sich indirekt auch wirtschaftlich aus: Der kanadische Meeresökonom Rashid Sumaila weist darauf hin: „Wenn die Ökologie beeinträchtigt wird, wirkt sich das auf Tiere wie Fische aus.“ Daraus resultierten Nahrungsengpässe sowie Einkommenseinbußen besonders für Küstengemeinden mit Fischerei- oder tourismusbasierten Wirtschaftszweigen.

Seine Berechnungen prognostizieren mögliche Verluste bis zu 14 Prozent im Bereich Fischerei und Tourismus entlang betroffener Küstenregionen weltweit – ein Faktor, den Entscheidungsträger bei ISA-Verhandlungen berücksichtigen müssen.

Neben direkten Umweltschäden erschwert zudem mangelndes Wissen über komplexe Wechselwirkungen innerhalb mariner Ökosysteme fundierte Risikoabschätzungen erheblich; dies erhöht Unsicherheiten bei politischen Entscheidungen zum Umgang mit dem Tiefseebergbau erheblich.

Usa als außenstehender akteur beim tiefseebergbau trotz völkerrechtlicher zweifel

Das kanadische Unternehmen The Metals Company kritisierte öffentlich die Rolle der ISA als Hemmnis für kommerzielle Aktivitäten im Tiefseebergbau; CEO Gerard Barron bezeichnete sie als wenig kooperativ gegenüber Industrieinteressen. „Die kommerzielle Industrie ist bei uns nicht willkommen“, erklärte er im März 2025 deutlich gegenüber Medienvertretern.

Da Firmen gemäß internationaler Regeln einen Vertragsstaat benötigen, um Lizenzen zum Abbau internationaler Gewässer zu erhalten, versuchte The Metals Company zunächst über den Inselstaat Nauru Zugang zur Lizenzvergabe durch ISA zu bekommen – scheiterte jedoch an langwierigen Verfahren innerhalb dieses Rahmens.

Als Alternative suchte das Unternehmen nun Unterstützung außerhalb dieses Systems beim Verbündeten USA: Da Washington das internationale Seerechtsübereinkommen nicht ratifiziert hat, sind ihm Verpflichtungen gegenüber ISA-Regelwerken rechtlich nicht bindend – was faktisch einen Alleingang ermöglicht. Ohne Kontrolle durch internationale Instanzen wie die ISA bedeutet dies de facto eine Umgehung bestehender Vereinbarungen zum Schutz gemeinsamer Ressourcen unter Seegrundverwaltung durch UNO-Gremien.

Rechtswissenschaftlerin Nele Matz-Lück von der Christian-Albrechts-Universität Kiel bewertet diese Entwicklung kritisch: „Das Vorhaben verstößt wahrscheinlich gegen Völkerrecht.“ Sie ergänzt jedoch realistisch: „Vor einen internationalen Gerichtshof kann man die USA ohne ihre Zustimmung nicht zitieren.“

Handels- oder diplomatische Sanktionen gelten als unwahrscheinlich angesichts geopolitischer Machtverhältnisse; damit bleibt unklar, ob es wirksame Gegenmaßnahmen gegen solche nationalen Alleingänge geben wird.

Im Juni 2025 sprachen sich immerhin zwanzig Staaten inklusive Deutschland während einer UN-Ozeankonferenz gegen solche Alleingänge aus. Insgesamt unterstützen inzwischen 37 Länder entweder ein Moratorium oder zumindest eine vorsorgliche Pause beim Tiefseebergbau. Vier weitere Staaten traten dieser Gruppe jüngst hinzu.

Nationale regelungslücken beim tiefseebodenabbau außerhalb internationaler gewässer

Während bei der Internationalen Meeresbodenbehörde ausschließlich Tätigkeiten in internationalen Gewässern geregelt werden können, liegt Zuständigkeit für Bergbautätigkeiten innerhalb nationaler Hoheitsgewässer allein bei einzelnen Ländern. Diese Regelungslücke führt dazu, dass nationale Projekte unabhängig vom multilateralen Rahmen durchgeführt werden können.

Ein Beispiel hierfür ist Norwegen: Das Land plante bislang umfangreiche Explorationsvorhaben zum Manganknollenabbau innerhalb seiner arktischen Hoheitsgewässer. Dieses Vorhaben wurde zuletzt allerdings aufgrund verschiedener Faktoren einschließlich Umweltbedenken vorerst gestoppt.

Solche national gesteuerten Projekte entziehen sich damit weitgehend internationalem Monitoring; dies erschwert globale Bemühungen um nachhaltige Nutzung mariner Ressourcen erheblich. Zudem könnten unterschiedliche Standards je nach Staat entstehen, was Wettbewerbsverzerrungen begünstigt.

Insgesamt zeigt diese Situation, dass neben multilateralen Vereinbarungen auch nationale Gesetzgebungsverfahren entscheidend bleiben, um umfassenden Schutz sensibler Meeresschätze sicherzustellen. Eine Harmonisierung solcher Regelwerke erscheint daher wünschenswert, aber politisch schwierig umzusetzen.

Zweifel an wirtschaftlichkeit des manganknollenabbaus trotz rohstoffbedarf

Obwohl Manganknollen oft als wertvolle Ressource angepriesen werden, gibt es erhebliche Zweifel an deren tatsächlicher Einzigartigkeit sowie Wirtschaftlichkeit ihres Abbaus. Der Experte Andreas Manhart vom Öko-Institut Freiburg relativiert: „So einzigartig sind Manganknollen gar nicht.“

Analysen zeigen zwar vielfältige Elemente fast aller wichtigen Metalle des Periodensystems enthalten sein können; doch viele davon finden sich ebenso häufig bereits an Landvorkommen etwa in Gesteinen oder Erzen vergleichbarer Qualität wieder. Dies mindert potenziellen Mehrwert deutlich.

Wirtschaftlich relevant wären hauptsächlich Kupfer, Kobalt, Nickel sowie Mangan selbst; allerdings sinkt laut Manhart gerade hier langfristig Bedarf infolge technischer Innovationen: Immer mehr Batteriehersteller setzen zunehmend kobaltfreie beziehungsweise nickelfreie Technologien ein; Kupfer lässt sich ebenfalls gut terrestrisch gewinnen.

Diese Entwicklungen werfen Fragen hinsichtlich Nachhaltigkeit industrieller Investitionen ins Risikofeld Tiefseerohstoffe auf: Ob Förderkosten inklusive ökologischer Folgekosten jemals rentabel gedeckt werden können, bleibt offen. Gleichzeitig wächst Druck seitens Politik und Gesellschaft bezüglich verantwortungsvoller Ressourcennutzung stark weiter an.

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