Schweden gilt als ein Land der Ruhe mit viel Wasser und weiten Wäldern, doch zugleich zählt es zu den innovativsten Ländern weltweit. Die Kombination aus Bildung, Gleichstellung und einer offenen Gesellschaft fördert den Unternehmergeist und die Innovationskraft des Landes.
Kreative ideen und gesellschaftliche rahmenbedingungen in schweden
Schweden hat eine lange Tradition kreativer Köpfe, die weltbekannte Erfindungen und Unternehmen hervorgebracht haben. Beispiele sind die Kinderbuchfigur Pippi Langstrumpf, das Möbelhaus IKEA, die Milchtüte Tetrapak sowie das Streichholz. Diese Vielfalt an Innovationen zeigt den ausgeprägten Gründergeist im Land. Doch woher rührt diese besondere Kraft?
Malin Johansson, Kommunikationschefin bei der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, erklärt: „Ich glaube, das liegt an einer Kombination aus Bildung, Gleichstellung und einer offenen Gesellschaft.“ In Schweden arbeiten nahezu alle Menschen aktiv am Arbeitsleben mit – auch Frauen sind stark vertreten. Diese breite Teilhabe führt dazu, dass viele unterschiedliche Ideen eingebracht werden können.
Das schwedische Klima trägt ebenfalls zur Innovationsfähigkeit bei. Aufgrund des oft kühlen Wetters verbringen viele Menschen viel Zeit drinnen – eine Umgebung, die Ruhe zum Nachdenken bietet. Johansson sagt: „Man verbringt viel Zeit drinnen, hat Ruhe zum Nachdenken und zum Entwickeln.“ Manche behaupten sogar, dass Kälte den Geist schärfe.
Die offene Gesellschaft schafft zudem einen Rahmen für Kreativität: Gleichberechtigung ist fest verankert; soziale Sicherheit ermöglicht es vielen Menschen zudem, Risiken einzugehen oder neue Projekte zu starten. So entsteht ein Umfeld mit hoher Akzeptanz für neue Ideen.
Kapitalmarkt als motor für wachstum von innovationsunternehmen
Neben dem Ideenreichtum spielt auch der Kapitalmarkt eine entscheidende Rolle bei der Förderung von Innovationen in Schweden. Norbert Kuhn vom Deutschen Aktieninstitut erläutert: „Was die Innovationskraft angeht, ist nicht nur bedeutend, dass man gute Ideen hat; man braucht auch genug Geld für marktreife Produkte.“
Der schwedische Kapitalmarkt zeichnet sich durch zahlreiche Börsengänge aus – deutlich mehr als in anderen Industrienationen wie Deutschland. Besonders bemerkenswert ist dabei die Praxis kleiner Unternehmen an der Börse: Anders als etwa in Deutschland gehen bereits kleine Firmen öffentlich an den Markt.
Diese Entwicklung wird durch spezielle Prozesse unterstützt; Börsenaufsichtsbehörden ermöglichen so auch kleinen bis mittleren Unternehmen einen unkomplizierten Zugang zur Börse. Insbesondere Wachstumsunternehmen aus Zukunftsbranchen wie Gesundheitswesen oder grüne Technologien profitieren davon.
Kuhn betont: „In Schweden gehen insbesondere kleine Wachstumsunternehmen aus wichtigen Zukunftsbranchen an die Börse.“ Dies sorgt dafür, dass innovative Firmen schneller Kapital erhalten können – ein wichtiger Faktor für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit auf globaler Ebene.
Aktienbesitz als elementare gesellschaftliche praxis
Ein weiterer Grund für den hohen Stellenwert des Kapitalmarkts liegt im breiten Aktienbesitz innerhalb der Bevölkerung Schwedens begründet. Fast jeder Bürger besitzt Aktienanteile – dies ist kein Zufall sondern Ergebnis gezielter staatlicher Förderung seit Jahrzehnten.
Ein Meilenstein war hier die Einführung der sogenannten Prämienrente im Jahr 2000: Seitdem sind alle Schweden verpflichtet 2,5 Prozent ihres Bruttolohns am Kapitalmarkt anzulegen – meist über den staatlichen Fonds AP7 mit durchschnittlichen Renditen von rund elf Prozent jährlich über zwei Jahrzehnte hinweg.
Diese Form der kapitalgedeckten Altersvorsorge verbindet private Vermögensbildung mit Rentenfinanzierung auf effiziente Weise; sie stärkt gleichzeitig das Interesse vieler Bürger am Aktienmarkt sowie dessen Stabilität insgesamt.
Durch diese breite Beteiligung entsteht eine Kultur des Investierens schon früh im Leben vieler Menschen; dies wirkt sich positiv auf Risikobereitschaft sowie Akzeptanz neuer Geschäftsmodelle aus – wichtige Voraussetzungen für nachhaltige Innovationen im Land.
Soziale rituale fördern austausch und kreativität am arbeitsplatz
Neben strukturellen Faktoren spielen kulturelle Elemente ebenfalls eine Rolle bei Schwedens Innovationskraft. Ein Beispiel dafür ist das Ritual der „Fika“ – eine kurze Kaffeepause mit Kollegen oder Kolleginnen während des Arbeitstags –, welche weit mehr als reine Entspannung bedeutet.
Johansson beschreibt dieses Ritual so: „Die Fika ist fast schon heilig bei uns… Viele Ideen entstehen tatsächlich bei einer Tasse Kaffee und einer Zimtschnecke.“ Dieses soziale Miteinander schafft Raum für informellen Austausch zwischen Mitarbeitenden unterschiedlicher Abteilungen oder Hierarchieebenen ohne Druck oder formelle Agenda.
Solche Begegnungen fördern Kreativität ebenso wie Teamgeist; sie ermöglichen spontane Diskussionen über Probleme oder neue Ansätze abseits strenger Meeting-Strukturen – oft entstehen daraus innovative Lösungen oder Projektideen direkt vor Ort beim Gespräch unter Kollegen*innen.
Dieses Modell zeigt exemplarisch wie kulturelle Gewohnheiten eng verbunden sein können mit wirtschaftlichem Erfolg. Es verdeutlicht außerdem Potenziale, die andere Länder, wie etwa Deutschland, durch Übernahme ähnlicher Praktiken nutzen könnten.