Home Nachrichten Urteil des Landessozialgerichts zu einkommensanrechnung bei bürgergeld: freibeträge und kostensenkung im fokus
Nachrichten

Urteil des Landessozialgerichts zu einkommensanrechnung bei bürgergeld: freibeträge und kostensenkung im fokus

Share
Share

Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt hat mit seinem Urteil vom 12.12.2024 wichtige Grundsätze zur Anrechnung von Einkommen beim Bürgergeld bestätigt und präzisiert. Dabei geht es insbesondere um die Behandlung von gebündelten Monatslöhnen, Ehrenamtsvergütungen sowie Kostensenkungsaufforderungen durch das Jobcenter.

Grundlagen der einkommensanrechnung beim bürgergeld und urteil des lsg

Die Anrechnung von Einkommen auf das Bürgergeld erfolgt grundsätzlich nach dem sogenannten Monatsprinzip. Das bedeutet, dass Einnahmen in dem Monat berücksichtigt werden, in dem sie tatsächlich zufließen. Diese Regelung kann jedoch zu Problemen führen, wenn mehrere Monatslöhne oder Entschädigungen gleichzeitig ausgezahlt werden – etwa bei verspäteten Zahlungen oder quartalsweisen Vergütungen für ehrenamtliche Tätigkeiten.

Im verhandelten Fall ging es um eine 1957 geborene Stadträtin, die neben ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als Stadtführerin auch Sitzungsgelder bezog und Grundsicherungsleistungen beantragte. Ihre Einkünfte wurden teilweise verspätet oder gebündelt ausgezahlt, was das Jobcenter dazu veranlasste, diese Beträge im Zuflussmonat vollständig anzurechnen und dadurch ihre Leistungen erheblich zu kürzen.

Das Landessozialgericht bestätigte in seinem Urteil verbraucherfreundliche Freibetragsregelungen: Für jeden Monat des tatsächlichen Erwerbs steht ein eigener Grundfreibetrag von 100 Euro zu – auch wenn die Zahlung erst später zusammengefasst erfolgt. Dies knüpft an frühere Entscheidungen des Bundessozialgerichts an . Damit wird verhindert, dass Betroffene durch gebündelte Zahlungen finanziell übermäßig belastet werden.

Zudem stellte das Gericht klar fest, dass Ehrenamtsvergütungen wie Sitzungsgelder vollständig im Monat ihres Zuflusses angerechnet werden müssen; dabei gelten nur die regulären Freibeträge dieses einzelnen Monats . Eine Kombination aus Ehrenamtseinkommen und Minijob führt nicht zur doppelten Gewährung der Freibeträge: Statt zweimal je 100 Euro gilt ein erhöhter Gesamtfreibetrag von maximal 200 Euro .

Darüber hinaus betonte das LSG die Verpflichtung der Jobcenter zur nachvollziehbaren Begründung von Kostensenkungsaufforderungen bei Wohnkosten sowie den Dialog mit den Leistungsbeziehenden.

Praktische folgen für leistungsbeziehende beim bürgergeld

Das Urteil bringt für Bürgergeld-Beziehende konkrete Vorteile bei der Berechnung ihres anrechenbaren Einkommens mit sich – vor allem wenn mehrere Monate zusammengefasste Lohnzahlungen erfolgen oder ehrenamtliche Tätigkeiten vergütet werden.

Wer beispielsweise Weihnachts- oder Restmonatslöhne gesammelt erhält statt monatlich getrennt ausgezahlt bekommt nun Rechtssicherheit: Für jeden tatsächlich erarbeiteten Monat steht ein eigener Grundfreibetrag von jeweils mindestens 100 Euro zu – unabhängig davon, wann genau das Geld eingeht.

Für Personen mit Ehrenämtern wie Stadträten ist wichtig zu wissen: Bis zum Stichtag am 30.06.2023 mussten quartalsweise gezahlte Sitzungsgelder noch als einmaliges Einkommen behandelt werden; seit Einführung des Bürgergeldes sind bis zu 3000 Euro jährlich steuerfrei . Wer ältere Bescheide prüfen lässt oder Widerspruch einlegt profitiert somit sowohl aus aktueller Rechtsprechung als auch aus Gesetzesänderungen.

Die Kombination aus Minijob-Einkommen bis maximal 520 Euro monatlich und Ehrenamtsvergütung wird ebenfalls klar geregelt: Es gibt keinen doppelten Anspruch auf zwei mal hundert Euro Freibetrag sondern einen erhöhten Gesamtfreibetrag in Höhe von 200 Euro plus reguläre Erwerbsfreibeträge für den Minijob selbst.

Diese Regelung schafft Planungssicherheit für Leistungsbeziehende gegenüber unerwarteten Kürzungen durch falsche Anrechnungen seitens der Jobcenter.

Kostensenkungsaufforderung bei wohnkosten nach lsg-entscheidung

Ein weiterer zentraler Punkt des Urteils betrifft die Zumutbarkeit einer Kostensenkungsaufforderung durch das Jobcenter bezüglich angemieteter Wohnungen im Rahmen der Unterkunftskostenübernahme beim Bürgergeld.

Das Landessozialgericht bestätigte eine abgesenkte Bruttokaltmiete unter Berufung auf die sogenannte Produkttheorie sowie eine sechsmonatige Frist zum Umzug beziehungsweise zur Anpassung der Wohnsituation an angemessene Kostenstandards gemäß örtlicher Richtlinien beziehungsweise Konzepten zur Angemessenheit sozialer Leistungen.

Nur wer aktiv nach günstigeren Wohnungen sucht und dies belegen kann erhält längere Fristen über sechs Monate hinaus eingeräumt; ansonsten gilt diese Frist strikt als Maßstab für Zumutbarkeit einer Kostensenkung bzw.-überprüfung durch Behördenstellen.

Als Beispiel führte das Gericht einen Fall aus Q-Stadt an: Dort wurde eine Warmmiete laut kommunalem Konzept auf rund 339,50 Euro festgelegt; tatsächlich zahlte Klägerin 440 Euro Miete monatlich – damit lag Einsparpotenzial deutlich über 100 Euro pro Monat vor und wurde als zumutbar bewertet.

Schritte gegen fehlerhafte bescheide bei einkommensanrechnung

Leistungsberechtigte sollten ihre Bescheide sorgfältig prüfen lassen insbesondere dann wenn mehrere Monatsgehälter gleichzeitig ausgewiesen sind oder ungewöhnliche Kürzungen vorgenommen wurden:

  1. Bescheid prüfen: Werden mehrere Monatslöhne zusammengefasst? Sind alle relevanten Freibeträge korrekt berücksichtigt?

  2. Widerspruch einlegen: Verweisen Sie dabei konkret auf das LSG-Urteil L5 AS79/23 sowie einschlägige Entscheidungen des Bundessozialgerichts .

  3. Nachweise beibringen: Kontoauszüge zeigen Zahlungszeitpunkte; Lohnabrechnungen dokumentieren Höhe; Satzungsverträge belegen ehrenamtliche Tätigkeiten inklusive Vergütungshöhe zuverlässig.

  4. Fristen beachten: Widersprüche müssen innerhalb eines Monats eingereicht sein; Überprüfungsanträge können bis vier Jahre rückwirkend gestellt werden .

  5. Klage erwägen: Sozialgerichte arbeiten ohne Gerichtsgebühren; Erfolgsaussichten steigen dank eindeutiger Rechtsprechung deutlich.

Dieses Vorgehen hilft Betroffenen dabei unrechtmäßige Leistungskürzungen abzuwehren beziehungsweise Nachforderungen geltend zu machen.

Share
Related Articles
Nachrichten

Bundesverfassungsgericht kippt 90-prozent-pflichtversicherungsregel für rentner und öffnet kvdr

Das Bundesverfassungsgericht hat die bisherige Pflichtversicherungsregel von 90 Prozent für Rentner aufgehoben....

Nachrichten

Kämpfe in Suweida: syrische Übergangsregierung ruft zu waffenruhe auf und entsendet sicherheitskräfte

Die syrische Übergangsregierung hat alle Konfliktparteien in der Provinz Suweida zur Einhaltung...

Nachrichten

Betreuungsprobleme durch lange schulferien Elternvertreter kritisieren Ferienregelungen in Deutschland

Die langen Schulferien in Deutschland führen bei vielen Familien zu erheblichen Betreuungsproblemen....

Nachrichten

Asiatische elefanten in sri lanka und indien: studien zeigen gefahr durch fütterung von touristen

Die Population der Asiatischen Elefanten schrumpft zunehmend, während Begegnungen mit Menschen vor...

Immer aktuell: Nachrichten, Klatsch, Sport und Politik in Echtzeit.

Infos & Mitteilungen

Infos und Pressemitteilungen senden Sie eine E‑Mail an: info@thenga.de

Copyright © 2025 im Eigentum von Influencer Srls – Dieser Blog ist keine journalistische Publikation, da er ohne jegliche Periodizität aktualisiert wird. Er kann daher nicht als redaktionelles Produkt im Sinne des Gesetzes Nr. 62 vom 07.03.2001 angesehen werden.