Deutschland hat erstmals seit Beginn der Regierungskoalition unter Kanzler Friedrich Merz afghanische Straftäter per Charterflug aus Leipzig nach Kabul abgeschoben. Der Flug mit 81 ausreisepflichtigen Afghanen markiert einen neuen Schritt in der Abschiebepraxis und steht im Kontext laufender diplomatischer Verhandlungen mit den Taliban.
Erste abschiebung von afghanischen straftätern seit merz-regierungsantritt
Am Morgen des 15.06.2024 startete ein Airbus A330 der Fluggesellschaft Qatar Airways vom Flughafen Leipzig/Halle in Richtung Kabul. An Bord befanden sich 81 ausreisepflichtige Afghanen, darunter zahlreiche Gewalt- und Sexualstraftäter, die in Deutschland straffällig geworden waren. Die Bundesregierung setzte damit eine Maßnahme um, die seit langem diskutiert wurde und nun erstmals unter Kanzler Friedrich Merz realisiert wurde.
Die Rückführung erfolgte als Charterflug, da reguläre Linienflüge für Abschiebungen nach Afghanistan nicht zur Verfügung stehen oder politisch nicht gewünscht sind. Einige der Abgeschobenen erhielten bis zu 1 000 Euro Handgeld als finanzielle Absicherung gegen Verelendung nach ihrer Rückkehr – eine rechtlich vorgeschriebene Leistung zur Unterstützung bei der Reintegration vor Ort.
Die Vorbereitungen für diesen Flug dauerten mehrere Wochen und fanden größtenteils geheim statt. Deutschland wollte direkte Kontakte zu den Taliban vermeiden und verhandelte stattdessen über das Emirat Katar, das enge Beziehungen zum Regime in Kabul pflegt. Bereits im Jahr 2024 hatte es einen ersten Abschiebeflug gegeben – damals noch unter Bundeskanzler Olaf Scholz –, doch dieser aktuelle Flug gilt als Testlauf für künftige regelmäßige Rückführungen.
Der Sicherheitsberater von Kanzler Merz spielte bei den Vorbereitungen eine führende Rolle und koordinierte die Abstimmung zwischen deutschen Behörden sowie katarischen Vermittlern. Die Taliban signalisierten ihre Bereitschaft zu weiteren Abschiebungen, sofern Berlin erste Schritte hin zu einer diplomatischen Anerkennung des Regimes unternimmt.
Diplomatischer kontext und abschiebepraxis
„Der aktuelle Charterflug zeigt, dass trotz politischer Komplexität pragmatische Lösungen möglich sind“, kommentierten Experten aus dem Bereich der Asyl- und Migrationspolitik.
Politische hintergründe und diplomatische herausforderungen bei abschiebungen
Die Bundesregierung steht angesichts von rund 11 000 registrierten ausreisepflichtigen Afghanen in Deutschland unter erheblichem Druck, konsequenter Abschiebepraktiken umzusetzen – ein zentrales Wahlkampfversprechen der Union um Kanzler Merz. Gleichzeitig bestehen erhebliche menschenrechtliche Bedenken gegenüber dem Regime in Kabul sowie Haftbefehle gegen führende Taliban-Mitglieder auf internationaler Ebene.
Während Innenminister Alexander Dobrindt direkte Verhandlungen mit den Taliban fordert, hält das Bundeskanzleramt solche Gespräche derzeit für „zu ambitioniert“. Stattdessen prüft Berlin laut Berichten von Journalisten Matthias Gebauer, Paul-Anton Krüger und Roman Lehberger die Anerkennung eines Geschäftsträgers aus dem Taliban-Regime als ersten Schritt einer vorsichtigen Annäherung ohne formale diplomatische Anerkennung.
Der jüngste Charterflug wird daher auch als politischer Testlauf verstanden: Er soll zeigen, ob regelmäßige Abschiebeaktionen möglich sind ohne offizielle Anerkennung des Regimes durch Deutschland oder andere westliche Staaten. Die Bundesregierung muss dabei zwischen innenpolitischem Druck auf Durchsetzung von Rechtstaatlichkeit sowie außenpolitischen Verpflichtungen gegenüber Menschenrechten balancieren.
Rolle alexander dobrindts bei abschiebepolitik und rechtsstreitigkeiten
Innenminister Alexander Dobrindt positioniert sich klar zugunsten einer konsequenten Umsetzung von Ausweisungsmaßnahmen gegenüber straffälligen Ausländern – insbesondere Afghanen –, wie er es auch im Amtseid formulierte: „Schaden vom deutschen Volke wenden“. Seine Forderung nach direkten Gesprächen mit den Verantwortlichen in Kabul steht dabei im Kontrast zur zurückhaltenden Haltung anderer Regierungsteile wie dem Bundeskanzleramt.
Dobrindts Engagement ist Teil eines größeren politischen Diskurses über Sicherheitspolitik und Migrationssteuerung innerhalb Deutschlands seit Regierungsantritt Merz Anfang 2024 gewesen. Dabei geriet er auch wegen seiner Haltung zu juristischen Personalentscheidungen ins öffentliche Interesse: So scheiterte etwa die Wahl mehrerer Richterinnen am Bundesverfassungsgericht aufgrund kontroverser Debatten um deren Eignung – darunter Rechtswissenschaftlerin Frauke Brosius-Gersdorf –, was teilweise auf inszenierte Kontroversen zurückgeführt wird.
Diese Vorgänge illustrieren Spannungsfelder zwischen Politikgestaltung auf Innen- wie Justizebene während einer Phase intensiver gesellschaftlicher Debatten über Migration, Integration sowie Rechtsstaatlichkeit insgesamt. Dobrindts Rolle bleibt dabei prägend für das Vorgehen der Bundesregierung hinsichtlich sicherheitspolitischer Maßnahmen gegen kriminelle Migranten ebenso wie beim Umgang mit institutionellen Herausforderungen innerhalb des Rechtssystems.