Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 2014/45/EU vorgelegt, der eine jährliche Hauptuntersuchung für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ab einem Alter von zehn Jahren vorsieht. Diese Maßnahme könnte insbesondere Rentner, Bürgergeldempfänger und Menschen mit geringem Einkommen finanziell belasten.
Geplante änderungen bei der hauptuntersuchung in der eu
Die EU-Kommission strebt an, die Prüffristen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge zu verkürzen. Künftig sollen Fahrzeuge ab einem Alter von zehn Jahren jährlich zur Hauptuntersuchung antreten müssen. Ziel ist es laut Brüssel, die Zahl der Verkehrstoten sowie Schwerverletzten europaweit um etwa ein Prozent zu senken. Zudem soll durch häufigere Kontrollen Manipulationen an Kilometerständen schneller erkannt werden können. Auch defekte Abgassysteme sollen früher entdeckt werden.
Derzeit gilt in Deutschland eine zweijährige Prüfpflicht ab dem dritten Fahrzeugjahr; diese Regel soll durch den neuen Vorschlag ersetzt werden. Bevor die Neuregelung in Kraft treten kann, muss sie vom Europäischen Parlament sowie vom Rat der Mitgliedstaaten genehmigt werden.
Diese Verschärfung betrifft nicht nur neuere Fahrzeuge: Alle Pkw über zehn Jahre sind künftig jährlich prüfpflichtig – das bedeutet eine Verdopplung des bisherigen Prüfintervalls bei älteren Autos.
Auswirkungen auf fahrzeughalter in deutschland
In Deutschland wären mehr als 23 Millionen Pkw von dieser Änderung betroffen – das entspricht knapp der Hälfte des gesamten Fahrzeugbestands hierzulande. Besonders betroffen sind Menschen mit älteren Fahrzeugen, da sich viele keinen Neuwagen leisten können oder wollen.
Vor allem Rentnerinnen und Rentner im ländlichen Raum sind auf ihre oft älteren Autos angewiesen, um Arztbesuche wahrzunehmen oder Einkäufe zu erledigen. Für sie stellt die Umstellung auf jährliche HU eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung dar.
Die Kosten setzen sich aus den Prüfgebühren sowie notwendigen Reparaturen zusammen: Die reine HU-Prüfung kostet je nach Bundesland zwischen etwa 80 und 150 Euro pro Termin. Hinzu kommen Reparaturkosten aufgrund von Verschleißteilen oder Mängeln am Fahrzeug, welche regelmäßig bei älteren Autos auftreten.
Konservativ geschätzt summieren sich diese Ausgaben auf rund 300 Euro pro Jahr zusätzlich zur Prüfgebühr – ein Betrag, der gerade bei einer durchschnittlichen Altersrente von knapp 1.100 Euro netto spürbar ins Gewicht fällt.
Der ADAC beziffert die bundesweite Mehrbelastung durch die vorgeschlagenen Änderungen auf bis zu 1,8 Milliarden Euro jährlich.
Sicherheitseffekt und kritik am vorschlag
Laut Statistischem Bundesamt waren im Jahr 2023 weniger als ein Prozent aller tödlichen Verkehrsunfälle primär durch technische Defekte verursacht worden. Studien aus Dresden zeigen zudem keinen signifikanten Rückgang bei Unfallzahlen in Ländern mit bereits verkürzten Prüffristen für ältere Fahrzeuge.
Der ADAC bewertet den Vorstoß daher als unverhältnismäßig:
„Der Aufwand steht in keinem tragfähigen Verhältnis zum prognostizierten Sicherheitsgewinn.“
Auch mehrere Verbände kritisieren den Plan scharf: Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe verweist darauf, dass deutsche Prüfvorgaben bereits sehr streng seien; ähnliche Stimmen kommen vom Automobilclub Deutschland .
Mehrere Europa- und Bundestagsabgeordnete verschiedener Parteien bezeichnen den Vorschlag als unnötige Belastung besonders für sozial schwächere Gruppen wie Rentnerinnen und Geringverdiener.
Reaktionen aus politik und gesellschaft
Bundesverkehrsminister Volker Wissing äußerte sich zurückhaltend zum Vorhaben: Er sehe „keinen unmittelbaren Handlungsbedarf“, da das bestehende Zwei-Jahres-System gut funktioniere. Auch Landesverkehrsminister aus Bayern oder Brandenburg fordern zunächst belastbare Begründungen seitens Brüssels bevor nationale Regelungen geändert würden.
Sozialpolitisch wird hervorgehoben, dass gerade ältere Menschen trotz häufigerem Autobesitz über begrenzte finanzielle Mittel verfügen: Männer erhalten durchschnittlich rund 1.309 Euro Rente netto monatlich; Frauen etwa 888 Euro netto im Monat. Steigende Lebenshaltungs- sowie Energiepreise haben diese Einkommen bereits stark beansprucht; zusätzliche Kosten könnten Mobilität einschränken oder andere Grundbedarfe gefährden wie Heizung oder Medikamente.
Verkehrsexperten schlagen alternative Ansätze vor: Digitale Überwachung sicherheitsrelevanter Komponenten wie Bremsanlagen könnte gezielter Mängel erkennen ohne flächendeckend kürzere Prüffristen einzuführen. Ebenso wird diskutiert, soziale Staffelungen einzuführen – beispielsweise Ermäßigungen bei Prüfgebühren für Rentner mit niedriger Rente –, um Härten abzufedern.
Weitere verfahrenserwartungen bis zur entscheidung
Das Gesetzgebungsverfahren innerhalb Europas kann noch Änderungen am Entwurf bewirken oder diesen komplett ablehnen lassen; erfahrungsgemäß dauert eine Revision solcher Richtlinien mindestens zwei Jahre bis zur Umsetzung ins nationale Recht möglich ist – frühestens also im Jahr 2027 realistisch umgesetzt wird.
Sollte Deutschland gegen die Pläne stimmen wollen beziehungsweise keine Ausnahmeregel erreichen können, droht theoretisch ein Vertragsverletzungsverfahren seitens EU-Kommission.
Betroffene Halter haben somit noch Zeit zur Vorbereitung, während gleichzeitig Debatten über Kosten-Nutzen-Verhältnis sowie soziale Gerechtigkeit weiter zunehmen dürften.
Dr Utz Anhalt, Sozialrechtsexperte betont dazu:
„Mehr Sicherheit ist ein legitimes Ziel, doch dieser Vorschlag droht Schwächste am Steuer finanziell zu überfordern.“
Er fordert Berlin dazu auf,
sich Gedanken darüber zu machen wie man Zusatzkosten sozial gerecht abfedern könne.