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Rente mit 67 und arbeitsverhältnis: rechtliche grundlagen und praxis in deutschland

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Viele Arbeitgeber gehen davon aus, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der Regelaltersgrenze automatisch endet. Diese Annahme ist jedoch falsch, denn weder der Rentenbeginn noch der Bezug von Altersrente begründen ohne vertragliche Grundlage eine Kündigung. Die rechtlichen Rahmenbedingungen zum Thema Rente mit 67 und Beschäftigung sind komplex und bestimmen maßgeblich den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.

Kündigungsschutz bei renteneintritt: gesetzliche regelungen zum altersrentenzugang

Der Beginn des Rentenbezugs stellt keinen zulässigen Kündigungsgrund dar. Nach § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch darf ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer nicht allein wegen dessen Anspruchs auf Altersrente kündigen. Das Kündigungsschutzgesetz schützt auch ältere Beschäftigte vor einer Beendigung ihres Arbeitsvertrags aufgrund ihres Rentenalters oder eines laufenden Rentenbezugs.

Diese gesetzliche Regelung macht deutlich, dass die bloße Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente keine sachlichen Gründe für eine arbeitgeberseitige Kündigung liefert. Selbst wenn ein Arbeitnehmer theoretisch seine Rente beziehen könnte oder bereits bezieht, besteht das Arbeitsverhältnis fort, sofern keine ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarungen etwas anderes vorsehen. Der Schutz gilt unabhängig von der Höhe oder Art der Rente sowie vom Zeitpunkt des Renteneintritts.

Die Rechtsprechung betont zudem die Bedeutung dieses Schutzes im Kontext zunehmender Lebenserwartung und längerer Erwerbsbiografien älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Eine automatische Beendigung durch den Arbeitgeber allein aufgrund des Erreichens der Regelaltersgrenze widerspricht dem Grundsatz des allgemeinen Kündigungsschutzes.

Arbeitsvertragliche altersgrenzenklauseln als ausnahme

In vielen Fällen enthalten Arbeitsverträge oder Tarifvereinbarungen sogenannte Altersgrenzenklauseln, die regeln, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen einer bestimmten Altersgrenze – häufig der Regelaltersgrenze – automatisch endet. Solche Klauseln sind grundsätzlich zulässig, wenn sie klar formuliert sind und keine Diskriminierung darstellen.

Das Bundesarbeitsgericht hat mehrfach bestätigt, dass nicht der tatsächliche Bezug von Altersrentenleistungen entscheidend ist, sondern das objektive Erreichen dieser Grenze als legitimer Referenzpunkt für eine Vertragsbeendigung gelten kann. Dabei muss die Klausel eindeutig sein; Unklarheiten können zu Lasten des Arbeitgebers ausgelegt werden.

Diese Praxis ermöglicht es Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen planbare Personalentscheidungen zu treffen und gleichzeitig den gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden. Allerdings wird diese Ausnahme kritisch diskutiert: Kritiker weisen darauf hin, dass viele ältere Beschäftigte trotz langer Erwerbstätigkeit nur geringe Rentenansprüche haben könnten – insbesondere Teilzeitbeschäftigte oder Geringverdiener –, sodass eine automatische Beendigung problematisch sein kann.

Die Wirksamkeit solcher Klauseln hängt daher stark von ihrer konkreten Ausgestaltung ab sowie davon, ob sie im Einklang mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz stehen beziehungsweise ob ein legitimer Sachgrund vorliegt.

Fehlende altersbeendigungsregelung führt zum fortbestehen des arbeitsvertrags

Fehlt im Arbeitsvertrag eine ausdrückliche Vereinbarung über das Ende bei Erreichen der Regelaltersgrenze oder eines vergleichbaren Zeitpunkts, bleibt das Beschäftigungsverhältnis auch nach Eintritt in die Rente bestehen. Der Irrglaube vieler Arbeitgeber ist weit verbreitet: Sie nehmen an, dass sich durch den Beginn einer gesetzlichen Altersteilrente automatisch auch das Anstellungsverhältnis erledigt habe – dies entspricht jedoch nicht dem geltenden Recht.

Ohne explizite Vertragsklausel besteht weiterhin ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen beiden Parteien; somit bedarf es für eine Beendigung einer ordnungsgemäßen Kündigung unter Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften wie etwa Fristen- und Sozialauswahlregelungen gemäß Kündigungsschutzgesetz .

Eine solche ordentliche Kündigung wegen reinem Renten­alters wäre unwirksam; vielmehr müssen andere sachlich gerechtfertigte Gründe vorliegen wie beispielsweise betriebsbedingte Umstrukturierungen oder personenbedingte Leistungsdefizite unabhängig vom Alter bzw. vom Vorliegen eines Rentenbezugsstatus.

Gerade in Betrieben ab elf Mitarbeitern greift umfassender Kündigungsschutz nach sechsmonatiger Betriebszugehörigkeit; hier drohen sonst Klagen gegen unrechtmäßige Entlassungen infolge falscher Annahmen über einen automatischen Endzeitpunkt beim Eintritt ins reguläre Ruhestandsalter.

Altersdiskriminierungspotenzial bei kündigungen nach renteneintritt

Eine weitere wichtige Dimension betrifft mögliche Diskriminierungen älterer Mitarbeiterinnen beziehungsweise Mitarbeiter durch vermeintlich „automatische“ Vertragsbeendigungen beim Überschreiten bestimmter Lebensalter-Grenzen ohne sachlichen Grund außerhalb vertraglicher Vereinbarungen.

Solche Maßnahmen können gegen § 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz verstoßen sowie gegen europäische Antidiskrimierungsrichtlinien gerichtet sein; da ausschließlich Personen bestimmter Jahrgänge betroffen wären, entsteht Verdacht auf Benachteiligung allein aufgrund ihres Lebensalters statt objektiver Kriterien zur Personalplanung oder Leistungsmessung am Arbeitsplatz.

Das Bundesarbeitsgericht erkennt zwar an, dass legitime Sachgründe bestehen können, wenn etwa abgesicherte Versorgungslagen gegeben sind. Jedoch kritisieren Fachleute, dass diese Annahme oft nicht zutrifft, da viele Betroffene trotz langer Berufstätigkeit nur geringe monatliche Leistungen erhalten.

Zudem hat sich die Leistungsfähigkeit älterer Menschen in den letzten Jahrzehnten verbessert. Dies spricht dafür, individuelle Fähigkeiten stärker einzubeziehen statt pauschale Endzeitpunkte festzulegen.

Die Diskussion um angemessenen Umgang mit Älteren am Arbeitsplatz gewinnt dadurch zunehmend an Bedeutung sowohl juristisch als auch gesellschaftspolitisch.

Weiterbeschäftigungen über regelaltersgrenze hinaus erfordern klare vertragsvereinbarungen

Möchten Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden über die Regelaltersgrenze hinaus beschäftigen, so bedarf dies eindeutiger neuer Absprachen. Ein automatischer Übergang in ein Anschluss-Arbeitsverhältnis ist ausgeschlossen. Ohne schriftliches Festhalten verlängert sich kein befristeter Vertrag stillschweigend.

Wird dennoch ohne neue Vereinbarung weitergearbeitet, entsteht faktisch ein unbefristetes Verhältnis. Spätere Versuche seitens Arbeitgebers, auf den Status „Rentner“ zu verweisen, um daraus Befristungs- oder Beendigungsrechte abzuleiten, scheitern regelmäßig vor Gericht.

Dies bedeutet: Wer nach dem offiziellen Ruhestandsdatum weiter tätig bleibt, genießt vollen arbeitsrechtlichen Schutz wie zuvor. Die Weiterbeschäftigungsvereinbarung muss also klar formuliert sein, sonst droht Rechtsunsicherheit für beide Seiten.

Auch Befristungsabreden benötigen einen sachgerechten Grund gemäß Teilzeit- und Befristungsgesetz . Fehlen solche Gründe gilt weiterhin Unbefristetheit. Damit schützt sich Gesetzgeber bewusst ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer davor, willkürlich aussortiert zu werden.

Handlungsmöglichkeiten für beschäftigte beim renteneintritt im job

Beschäftigte sollten ihren Vertrag sorgfältig prüfen, bevor sie ihre Tätigkeit jenseits 67 Jahren fortsetzen wollen. Fehlt dort eine automatische Endeklausel, bleibt ihr Anstellungsvertrag gültig bis zur wirksamen Auflösung durch ordentliche oder außerordentliche Maßnahmen.

Kommt es dennoch überraschend zur Kündigung wegen angeblichem Ruhestandseintritt, lohnt sich oft juristischer Widerspruch: Mit Unterstützung erfahrener Anwälte lassen sich fehlerhafte Entscheidungen häufig erfolgreich anfechten.

Eine bestehende Rechtsschutzversicherung erleichtert dabei finanzielle Risiken erheblich: Gerade bei unklar formulierten Klauseln bieten Gerichte vielfach Chancen zugunsten Betroffener.

Wichtig ist frühzeitiges Handeln: Je schneller man reagiert, desto besser lassen sich Fristen wahren sowie Argumente sammeln.

So zeigt sich: Auch jenseits klassischer Pensionsalter bleiben berufliche Perspektiven offen, sofern rechtlicher Rahmen stimmt.

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