Der Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten gilt als zentrales Klimaschutzinstrument der Europäischen Union. Seit 20 Jahren sorgt das System für eine deutliche Reduzierung der Treibhausgasemissionen vor allem in energieintensiven Branchen.
Entwicklung und wirkung des co2-emissionshandels in deutschland
Seit der Einführung des CO2-Emissionshandels vor zwei Jahrzehnten müssen große Unternehmen für jede ausgestoßene Tonne Kohlendioxid Emissionsrechte erwerben. Betroffen sind insbesondere Kohle- und Gaskraftwerke sowie energieintensive Industriezweige wie die Zement-, Chemie- und Stahlbranche. Die Deutsche Emissionshandelsstelle, angesiedelt im Umweltbundesamt, organisiert den Handel mit den Verschmutzungsrechten.
Das Ziel dieses Systems besteht darin, den Ausstoß von Treibhausgasen mit einem Preis zu versehen, um Anreize zur Reduktion zu schaffen. Daniel Klingenfeld, Leiter der Abteilung im Umweltbundesamt, erklärt:
„Dieser Preis wird tendenziell mit der Zeit ansteigen, weil die zur Verfügung stehende Menge an CO2-Emissionen begrenzt wird.“ Während die Kosten pro Tonne CO2 bei Einführung teilweise unter zehn Euro lagen, beträgt der aktuelle Marktpreis etwa 70 Euro.
Die Wirkung ist deutlich: In den betroffenen Branchen hat sich die Menge klimaschädlicher Emissionen seit Beginn des Handels nahezu halbiert. Dies zeigt den Erfolg des Instruments als Beitrag zum Erreichen von Klimaneutralität auf nationaler Ebene.
Allerdings beeinflussen auch externe Faktoren die Entwicklung. Hohe Energiepreise führten zuletzt zu Produktionsrückgängen in einigen Industriebereichen und verbesserten dadurch kurzfristig die Emissionsbilanz. Zudem importiert Deutschland inzwischen mehr Strom als früher; da CO2-Ausstoß dort angerechnet wird, wo Strom erzeugt wird – nicht wo er verbraucht wird –, wirkt sich dies ebenfalls auf nationale Zahlen aus.
Neue herausforderungen durch externe einflüsse
Diese Faktoren erschweren eine eindeutige Bilanzierung und Erfordern eine differenzierte Betrachtung im Rahmen der Klimapolitik.
Herausforderungen durch ausweitung auf gebäude und verkehr ab 2027
Eine bedeutende Neuerung steht dem Emissionshandelssystem bevor: Ab 2027 sollen neben Industrieanlagen auch Gebäudeheizungen und Verkehr emissionshandelspflichtig werden. Bereits seit 2021 fällt beim Tanken und Heizen eine separate CO2-Abgabe an; diese soll dann vollständig ins bestehende Handelssystem integriert werden.
Daniel Klingenfeld weist darauf hin:
„Der Preis wird möglicherweise steigen. Auch das Heizen von Gebäuden mit fossilen Energien wird tendenziell vermutlich teurer werden.“ Verbraucherinnen und Verbraucher könnten somit direkt spüren, wie sich steigende Kosten auf Mobilität oder Wohnenergie auswirken.
Diese Entwicklung erhöht sowohl Anreiz als auch Druck zur Verringerung persönlicher Treibhausgasemissionen erheblich. Klingenfeld betont dabei individuelle Handlungsmöglichkeiten:
„Da ist schon die Frage des Lebensstils: Wie sieht meine Mobilität aus? Muss es sein, dass ich mit einem Verbrenner unterwegs bin? Kann ich mehr Bahn fahren? Wie sieht mein Bedarf an Flugreisen aus? Kann ich vielleicht dort mein Verhalten ändern?“
Komplexität sozialer verträglichkeit
Die Integration neuer Sektoren stellt das System vor komplexe Herausforderungen hinsichtlich sozialer Verträglichkeit sowie Akzeptanz bei Bevölkerung und Wirtschaft gleichermaßen.
Forderungen nach sozialer abfederung steigender co2-kosten
Mit Blick auf erwartete Mehrkosten durch höhere Preise für fossile Brennstoffe fordert das Umweltbundesamt eine soziale Abfederung dieser Belastungen für Haushalte mit geringem Einkommen oder besonderem Unterstützungsbedarf ein. Ein vorgeschlagenes Instrument ist ein sogenanntes Klimageld – finanzielle Zuschüsse oder Entlastungen finanziert durch Einnahmen aus dem Emissionshandel selbst.
Im Jahr 2024 flossen rund 18,5 Milliarden Euro Erlöse in den Klima- und Transformationsfonds des Bundeshaushalts. Diese Mittel sind jedoch bereits fest verplant – beispielsweise zur Entlastung bei hohen Energiepreisen oder Förderung klimafreundlicher Technologien.
Vor diesem Hintergrund bleibt offen, wie zusätzliche soziale Ausgleichsmechanismen umgesetzt werden können ohne neue finanzielle Belastungen für Staatshaushalt oder Verbraucherinnen und Verbraucher zu verursachen.
Die Debatte über faire Verteilungseffekte gewinnt damit weiter an Bedeutung im Kontext einer ambitionierten Klimapolitik unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Realitäten sowie gesellschaftlicher Akzeptanzvoraussetzungen insgesamt.