Die Bundesregierung will älteren Arbeitnehmern ermöglichen, nach Erreichen der Regelaltersgrenze bis zu acht Jahre lang sachgrundlos befristete Arbeitsverträge beim gleichen Arbeitgeber abzuschließen. Gleichzeitig wird das Rentenniveau bis 2031 stabil bei 48 Prozent gehalten und die Mütterrente für ältere Elternteile verbessert.
Wegfall des vorbeschäftigungsverbots für rentennahe beschäftigte
Bislang verbietet § 14 Abs. 2 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz die erneute sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags beim selben Arbeitgeber, wenn bereits ein vorheriges Beschäftigungsverhältnis bestand. Diese Regelung soll mit der Reform entfallen – allerdings nur für Personen, die das reguläre Rentenalter erreicht haben. Die Änderung ergänzt § 41 Sozialgesetzbuch VI um einen zweiten Absatz, der diese Ausnahme explizit regelt.
Damit öffnet sich ein neuer Weg zurück in den alten Betrieb: Ältere Arbeitnehmer können künftig erneut ohne Sachgrund befristete Verträge abschließen, auch wenn sie zuvor schon dort beschäftigt waren. Das Ziel ist es, erfahrene Fachkräfte länger im Erwerbsleben zu halten und ihnen flexible Beschäftigungsmöglichkeiten anzubieten.
Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sah eine Unterbrechungszeit von mindestens 22 Jahren als ausreichend an, um einen neuen sachgrundlosen Vertrag zu rechtfertigen. Die geplante Reform verkürzt diesen Zeitraum deutlich und schafft klare gesetzliche Rahmenbedingungen.
Begrenzungen bei dauer und anzahl der verträge
Um eine dauerhafte Kettenbefristung auszuschließen, legt der Gesetzesentwurf zwei Obergrenzen fest:
- Eine maximale Gesamtdauer von acht Jahren
- Eine Höchstzahl von zwölf sachgrundlosen Verträgen
Überschreitet ein Arbeitnehmer eines dieser Limits beim gleichen Arbeitgeber nach Erreichen des Rentenalters, ist eine weitere Verlängerung nur noch mit Sachgrund oder unbefristet möglich. Dabei beziehen sich diese Grenzen ausschließlich auf sachgrundlose Befristungen gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG; andere Vertragsarten bleiben unberührt.
Diese Regelungen schaffen Transparenz sowohl für Arbeitgeber als auch Beschäftigte über den zulässigen Zeitraum einer befristeten Weiterbeschäftigung nach dem regulären Renteneintrittsalter.
Für alle unterhalb der Regelaltersgrenze bleibt das klassische Befristungsrecht unverändert: Sachgrundlose Befristungen sind weiterhin auf maximal zwei Jahre begrenzt und dürfen höchstens dreimal verlängert werden. Die neue Sonderregel stellt somit keinen Ersatz dar, sondern erweitert lediglich den Handlungsspielraum für ältere Arbeitnehmer ab 67 Jahren.
Schriftformpflicht bleibt bestehen – mögliche änderungen offen
Während seit dem Bürokratieentlastungsgesetz IV bei einem regulären Rentenaustritt eine E-Mail mit eingescanntem Anhang ausreicht, verlangt die Weiterbeschäftigung nach § 41 Abs. 2 SGB VI weiterhin eigenhändige Unterschriften gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG in Schriftform.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales lässt offen, ob im weiteren parlamentarischen Verfahren eine Ausweitung auf Textform erfolgen könnte – beispielsweise durch elektronische Signaturen oder andere digitale Verfahren zur Vereinfachung des Prozesses.
Diese Formalien sollen sicherstellen, dass beide Seiten verbindlich zustimmen und Missverständnisse vermieden werden können – insbesondere angesichts längerer Folgevereinbarungen über mehrere Jahre hinweg.
Stabilisierung des rentenniveaus bis zum jahr 2031
Die geplante Reform ist Teil des „Gesetzes zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zur vollständigen Gleichstellung der Kindererziehungszeiten“. Ein zentraler Punkt ist die Fixierung des Sicherungswerts auf einem Niveau von 48 Prozent bis zum Jahr 2031. Dies bedeutet konkret:
Wer während seines Erwerbslebens durchschnittlich etwa 45 Jahre lang Beiträge entsprechend dem Durchschnittsverdienst eingezahlt hat, erhält mindestens dieses Leistungsniveau als Rente ausgezahlt – unabhängig von konjunkturellen Schwankungen oder anderen Faktoren im Umlagesystem.
Darüber hinaus beseitigt das Gesetz Benachteiligungen in der Mütterrente: Für vor dem Jahr 1992 geborene Kinder entfällt ein bisheriger Nachteil von rund zwanzig Euro monatlich pro Kind zugunsten älterer Elternteile beziehungsweise Mütter bzw. Väter mit Kindererziehungszeiten vor diesem Stichtag.
Diese Maßnahmen stärken nicht nur die finanzielle Sicherheit älterer Menschen im Ruhestand; sie fördern zugleich soziale Gerechtigkeit zwischen verschiedenen Generationen sowie innerhalb unterschiedlicher Familienkonstellationen hinsichtlich ihrer Beitragszeiten zur gesetzlichen Rente.
Auswirkungen auf arbeitsmarkt und arbeitgeber
Mit Blick auf den Arbeitsmarkt setzt die Bundesregierung bewusst auf Freiwilligkeit: Unternehmen erhalten durch die Neuregelung mehr Flexibilität bei der Bindung erfahrener Fachkräfte ohne zusätzliche Kosten durch teure Neueinstellungen oder Einarbeitungsphasen entstehen zu lassen.
Ältere Mitarbeitende wiederum entscheiden selbstständig darüber, ob sie ihr Wissen weitergeben möchten – sei es aus persönlichem Interesse an zusätzlicher Tätigkeit oder wegen finanzieller Anreize wie zusätzlichen Entgeltpunkten in ihrer Altersvorsorge durch weitere Beitragszahlungen trotz Überschreitens der Regelaltersgrenze.
Für Arbeitgeber bedeutet dies Planungssicherheit bezüglich Dauer sowie Anzahl möglicher Folge-Verträge ohne zwingenden Nachweis eines Sachgrundes wie etwa Krankheitsvertretungen oder Projektarbeit.
Gewerkschaften mahnen jedoch anlässlich dieser Neuerungen dazu an,
die Laufzeiten tarifvertraglich abzustimmen,
um Lohndumping vorzubeugen sowie faire Bedingungen sicherzustellen.
Sozialverbände beobachten zudem kritisch,
ob gerade Branchen mit hohem körperlichen Druck tatsächlich freiwillige Lösungen anbieten können,
ohne dass ältere Beschäftigte unter Zwang weiterarbeiten müssen.
Politischer zeitplan und vorbereitende schritte für betroffene arbeitnehmer
Das Inkrafttreten dieser Neuregelungen ist zum 01.01.2026 vorgesehen; kleinere Anpassungen während des parlamentarischen Verfahrens gelten als üblich.
Betroffene sollten ihre aktuelle arbeitsvertragliche Situation prüfen:
- Endet das bestehende Verhältnis exakt am Tag Erreichens der Regelaltersgrenze,
- ist eine Anschlussvereinbarung erforderlich,
- um nahtlos weiterbeschäftigt werden zu können.
Darüber hinaus empfiehlt es sich,
- Qualifikationen sorgfältig zu dokumentieren
- und gegebenenfalls Fortbildungen nachzuweisen,
- da dies bessere Chancen eröffnet,
- bis zu zwölf Folge-Verträge abzuschließen.
Auch steuerliche Aspekte sind relevant: Seit Anfang 2023 existiert keine feste Hinzuverdienstgrenze mehr; zusätzliche Einkünfte könnten jedoch Einfluss auf den individuellen Steuersatz haben.
Eine frühzeitige Beratung hilft dabei,
- finanzielle Belastungen realistisch einzuschätzen
- und optimale Entscheidungen bezüglich Nebenjobs im Alter zu treffen.
Insgesamt bietet diese Reform älteren Menschen neue Möglichkeiten,
- aktiv am Berufsleben teilzunehmen
- und gleichzeitig ihre finanzielle Situation langfristig abzusichern.
Arbeitgeber profitieren ebenfalls durch flexiblere Personalplanung
und geringeren Aufwand bei Vertragsverlängerungen ohne komplexe Begründungsanforderungen.
Der Erfolg hängt letztendlich davon ab,
wie gut beide Seiten diese Chancen nutzen
und ob tarifliche Vereinbarungen faire Rahmenbedingungen gewährleisten können.