Die Zahl der Menschen, die zu Hause gepflegt werden, steigt kontinuierlich. Gleichzeitig nimmt das familiäre Unterstützungsnetz ab, da viele Pflegebedürftige allein leben oder ihre Angehörigen weit entfernt wohnen. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Frage an Bedeutung, ob Pflegegeld auch dann bezogen werden kann, wenn keine offizielle Pflegeperson benannt wird.
Gesetzliche grundlagen und anspruch auf pflegegeld ohne registrierte pflegeperson
Der Anspruch auf Pflegegeld ist im § 37 Sozialgesetzbuch XI geregelt. Dort ist festgelegt, dass Personen mit den Pflegegraden 2 bis 5 anstelle von häuslichen Pflegesachleistungen ein monatliches Pflegegeld erhalten können. Voraussetzung ist laut Gesetzestext, dass sie „die erforderlichen pflegerischen Maßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung in geeigneter Weise selbst sicherstellen“. Eine ausdrückliche Pflicht zur Meldung einer bestimmten Pflegeperson bei der Pflegekasse besteht nicht.
Diese Regelung bedeutet konkret: Das Gesetz knüpft den Anspruch nicht zwingend an eine namentlich gemeldete Betreuungskraft. Entscheidend bleibt vielmehr die lückenlose Organisation der Versorgung im häuslichen Umfeld. Die Reformen der vergangenen Jahre – zuletzt das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz – haben den Anspruch auf das Pflegegeld zwar gestärkt, jedoch nicht an eine formale Registrierung einer einzelnen Person gebunden.
In der Praxis bestätigt sich diese Auslegung zunehmend: Auch wenn keine feste Bezugsperson eingetragen wird, kann das monatliche Geld für verschiedene Formen von Unterstützung genutzt werden – etwa für nachbarschaftliche Hilfe oder private Dienstleistungen wie Reinigungsdienste. Diese Flexibilität trägt dem Umstand Rechnung, dass immer mehr Seniorinnen und Senioren allein leben oder ihr soziales Umfeld fragmentiert ist.
Praxisbeispiele und auswirkungen der erhöhungen ab januar 2025
Ab dem 1. Januar 2025 gelten erhöhte Leistungsbeträge in allen Bereichen der gesetzlichen Pflegeversicherung – darunter auch beim Pflegegeld. Die Dynamisierung um rund 4,5 Prozent führt dazu, dass sich beispielsweise die monatlichen Sätze für den Pflegegrad 2 von bisher etwa 332 Euro auf nunmehr circa 347 Euro erhöhen; beim höchsten Grad steigt das Geld von rund 947 Euro auf knapp unter 990 Euro pro Monat.
Diese Erhöhung schafft zusätzlichen finanziellen Spielraum für Betroffene und ihre Familien beziehungsweise Helferinnen und Helfer im privaten Umfeld. So lassen sich verstärkt ambulante Hilfen einkaufen oder Angehörige zumindest anteilig entschädigen – selbst wenn diese nicht offiziell als Pflegende gemeldet sind.
Wichtig bleibt jedoch: Der Anspruch besteht erst ab dem zweiten Pflegegrad; Personen mit dem niedrigsten Grad 1 erhalten kein reguläres Pflegegeld, sondern lediglich einen Entlastungsbetrag in Höhe von aktuell etwa 131 Euro pro Monat zur freien Verwendung innerhalb des unterstützenden Angebots.
Die Beträge gelten unabhängig davon, ob eine feste Person als Pflegende eingetragen wurde oder nicht; maßgeblich ist ausschließlich die gesicherte häusliche Versorgung des Betroffenen sowie dessen Nachweis gegenüber den Beratenden während regelmäßiger Kontrollbesuche durch geschulte Fachkräfte.
Beratungsbesuche als qualitätskontrolle bei bezug des pflegegeldes
Wer Leistungen aus dem Bereich des Pflegegeldes bezieht, muss turnusmäßige Beratungsbesuche nachweisen können . Diese finden halbjährlich statt bei den Graden 2 und 3 sowie vierteljährlich bei Graden 4 und 5.
Die Besuche dienen vor allem dazu zu überprüfen, ob die häusliche Versorgung tatsächlich gewährleistet ist – insbesondere dann relevant, wenn keine einzelne Hauptpflegeperson registriert wurde. Dabei kontrollieren Fachkräfte sowohl Qualität als auch Umfang der erbrachten Hilfeleistungen vor Ort beziehungsweise telefonisch oder digital je nach Situation.
Unterbleibt ein solcher Besuch ohne triftigen Grund, drohen zunächst Kürzungen beim Leistungssatz; später kann dies sogar zur vollständigen Einstellung des Zahlungsanspruchs führen. Somit fungieren diese Kontrollen als wichtiger Mechanismus zum Schutz gegen Missbrauch ebenso wie zur Sicherstellung angemessener Betreuung trotz fehlender offizieller Benennung einer festen Bezugsperson im System.
Fallbeispiele ohne offizielle betreuungsperson aus alltag und rechtsprechung
Ein exemplarischer Fall aus dem Mai 2025 zeigt typische Konstellationen: Drei Brüder versorgten gemeinsam ihre Mutter zuhause ohne jemanden offiziell als Hauptpflegekraft anzumelden; dennoch erkannte die zuständige Kasse ihren Anspruch auf Zahlung an, weil sie glaubhaft darlegen konnten „dass täglich Unterstützung geleistet wird“.
Ähnliche Situationen treten häufig dort ein, wo Nachbarinnen helfen oder Freundeskreise gemeinsam Aufgaben übernehmen beziehungsweise ambulante Dienste mit ehrenamtlicher Unterstützung kombiniert werden müssen, um eine umfassende Versorgung sicherzustellen.
Entscheidend bleibt stets eine transparente Kommunikation während Beratungsgesprächen mit Fachkräften über Art sowie Umfang aller beteiligten Unterstützerinnen bzw. Helferinnen am Alltagspflegesystem eines Betroffenen.
Das Modell erlaubt somit flexible Lösungen jenseits starrer Formalismen zugunsten tatsächlicher Lebensrealitäten vieler älterer Menschen in Deutschland heute.
Grenzen des modells sowie alternativen zum ausschließlichen bezug von pflegesachleistungen
Das Rechtssystem grenzt klar ab zwischen Fällen, wo ausschließlich professionelle Pflegedienste tätig sind, deren Kosten über Sachleistungen abgerechnet werden müssen, versus solchen Fällen, wo informelle Netzwerke bestehen, welche durch Zahlung eines flexiblen Geldbetrags unterstützt werden können.
Personen mit niedrigstem Grad haben keinen Zugang zum regulären Pflegegeld, ihnen steht aber weiterhin ein Entlastungsbetrag zu, welcher flexibel eingesetzt werden darf.
Darüber hinaus existiert seit Jahren bereits das Kombinationsmodell, welches es ermöglicht, Teile ungenutzter Sachleistung anteilig auszahlen zu lassen, sofern ergänzend Eigenpflege erfolgt.
Dieses System bietet vielfältige Möglichkeiten, individuelle Versorgungsmuster abzubilden, wobei stets darauf geachtet wird, dass finanzielle Mittel zweckgebunden verwendet bleiben, um tatsächliche Bedarfe abzudecken statt pauschal Gelder auszuschütten ohne Kontrolle.
Sozialpolitische diskussionen zu selbstbestimmung versus koordinationsbedarf
Fachleute aus Wissenschaft betonen Vorteile dieses Modells hinsichtlich Stärkung individueller Selbstbestimmung älterer Menschen, indem starre Vorgaben bezüglich fester Hauptpflegepersonen entfallen können.
Gleichzeitig weisen sie aber darauf hin, dass fehlende zentrale Koordinationsinstanz Risiken bergen könne, insbesondere was Organisation komplexerer Versorgungen betrifft, welche mehrere Beteiligte umfassen würden.
Vor diesem Hintergrund prüft die Bundesregierung derzeit Ergänzungen bestehender Kontrollmechanismen durch digitale Instrumente wie elektronische Pflegetagebücher, welche Pilotprojekte begleiten sollen laut Entwürfen eines sogenannten Pflegekompetenzgesetzes, welches Mitte Sommer 2025 erstmals vorgestellt wurde.
Ziel dieser Innovationen wäre es neben persönlichem Kontakt künftig digitale Werkzeuge einzusetzen, um Transparenz weiter zu erhöhen sowie Dokumentation einfacher gestalten zu können, gerade dort, wo informelle Netzwerke dominieren statt klassischer Einzelbetreuung durch professionell registrierte Kräfte.
Perspektiven bis zum jahr 2028: reformschritte und neue modelle
Das PUEG sieht bereits weitere Anpassungen vor: So soll es spätestens zum Jahresbeginn 2028 erneut dynamisierte Leistungsbeträge geben, welche Kaufkraftverluste vermeiden helfen sollen.
Parallel diskutieren Interessenverbände Vorschläge, einzelne Aspekte grundlegend neu auszurichten, indem man beispielsweise bestimmte Formen des Pflegegeldes stärker analog einem Lohnersatzmodell ausgestaltet – ähnlich wie beim Elterngeld – um berufstätige Angehörige besser unterstützen zu können, ohne finanzielle Nachteile befürchten zu müssen, falls sie zeitweise weniger arbeiten wollen wegen familiärer Verpflichtungen im Bereich Altenpflege zuhause.
Angesichts steigender Zahlen alleinlebender Seniorinnen dürfte zudem das Thema „pflegen ohne feste betreuungsperson“ weiterhin hohe Relevanz behalten innerhalb künftiger Reformdebatten sowohl politisch als auch gesellschaftlich.
Damit rückt neben finanziellen Aspekten zunehmend organisatorische Gestaltung ins Zentrum zukünftiger Entwicklungen rund ums Thema ambulante Langzeitversorgung zuhause.