Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit der Frage befasst, ob deutsche Grundrechte auch bei US-Drohnenangriffen im Ausland gelten und welche Pflichten sich daraus für die Bundesregierung ergeben. Im Zentrum steht ein Fall aus dem Jemen, bei dem zwei Zivilisten durch einen Drohneneinsatz getötet wurden, dessen Steuerung über den US-Stützpunkt Ramstein in Deutschland erfolgte.
Hintergrund des drohnenangriffs und klage der angehörigen
Im Jahr 2012 wurden im Jemen bei einem US-Drohnenangriff zwei Männer getötet: ein Geistlicher und ein Polizist. Der Geistliche hatte öffentlich Kritik an der Terrororganisation Al-Kaida geübt. Während einer Auseinandersetzung zwischen ihm und Al-Kaida-Anhängern traf eine US-Drohne die Gruppe. Ziel war es, die Terroristen zu eliminieren; dabei kamen jedoch auch der Geistliche sowie sein Familienmitglied, ein Polizist, ums Leben.
Die Angehörigen dieser beiden Opfer reichten daraufhin Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein. Sie argumentierten, dass die Drohnenangriffe das Völkerrecht verletzten und nicht ausreichend zwischen Terroristen und Zivilpersonen unterschieden worden sei. Zudem machten sie geltend, dass Deutschland eine Schutzpflicht trage, da die Steuerung der Drohnen über den US-Militärstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz erfolge. Ohne diese Basis könnten solche Angriffe nicht durchgeführt werden.
Die Kläger forderten daher von der Bundesregierung Maßnahmen zum Schutz ziviler Menschenleben im Jemen sowie eine genauere Prüfung solcher militärischer Kooperationen mit den USA.
Entscheidung des bundesverfassungsgerichts zur schutzpflicht deutschlands
Das Bundesverfassungsgericht wies am 15.07.2025 die Verfassungsbeschwerden ab – ohne jedoch grundsätzliche Zweifel an einer möglichen Verantwortung Deutschlands zu zerstreuen. Die Vizepräsidentin des Gerichts, Doris König, erklärte eingangs: „Dieses Urteil mag für die Beschwerdeführer enttäuschend sein.“ Gleichzeitig stellte sie heraus, dass das Urteil einen Fortschritt gegenüber früheren Entscheidungen darstelle.
Das Gericht formulierte klar einen allgemeinen Schutzauftrag Deutschlands zum Erhalt grundlegender Menschenrechte auch gegenüber Ausländern im Ausland – insbesondere bezüglich Kern-Normen des humanitären Völkerrechts.
Diese Schutzpflicht setze voraus: Erstens müsse ein hinreichender Bezug zur deutschen Staatsgewalt bestehen; zweitens müsse eine ernsthafte Gefahr vorliegen, dass Drittstaaten wie etwa die USA systematisch gegen Regeln zum Schutz von Leben und Gesundheit verstoßen würden.
Damit verpflichtet Karlsruhe künftig Bundesregierung und Behörden dazu, militärische Partnerschaften auf mögliche Menschenrechtsverletzungen sorgfältig zu prüfen – selbst wenn noch keine systematischen Verstöße nachweisbar sind.
Detaillierungen zur schutzpflicht
Das Urteil unterstreicht, dass Deutschland Verantwortung trägt, wenn deutsche Infrastruktur wie Ramstein als Drehscheibe für militärische Operationen genutzt wird.
Bewertung des konkreten falls um us-drohneneinsätze im jemen
Im konkreten Fall stellten die Richterinnen fest: Es liege derzeit keine ausreichende Grundlage dafür vor anzunehmen, dass US-Drohneneinsätze im Jemen systematisch gegen das humanitäre Völkerrecht oder internationale Menschenrechte verstießen.
Die Bundesregierung habe zwar einen weiten Beurteilungsspielraum hinsichtlich ihrer Einschätzung solcher Einsätze; dennoch müsse sie künftig kontinuierlich überprüfen und dokumentieren, ob diese Einsätze rechtlich zulässig bleiben oder ob neue Erkenntnisse auf schwerwiegende Verletzungen hindeuten könnten.
Dieses Urteil signalisiert somit eine erhöhte Verantwortung Deutschlands bei internationalen Militärkooperationen – insbesondere wenn deutsche Infrastruktur wie Ramstein als Drehscheibe genutzt wird –, ohne aber konkrete Sanktionen oder Eingriffe vorzuschreiben.
Insgesamt stärkt Karlsruhe damit den menschenrechtlichen Prüfauftrag gegenüber Regierungshandeln in sensiblen außen- und sicherheitspolitischen Bereichen deutlich weiter als bisher üblich.