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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt klärt rechtslage zu unbegrenzter versagung von Bürgergeld und einstweiliger anordnung

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Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt hat mit dem Beschluss Az. L 2 AS 128/23 B ER wichtige Grundsätze zur Versagung von Bürgergeld festgelegt. Dabei geht es insbesondere um die Frage, wann eine zeitlich unbegrenzte Versagungsentscheidung durch einen neuen Leistungsantrag oder eine Entscheidung in der Sache erledigt wird.

Rechtliche grundlagen zur versagung und erledigung von Bürgergeld‑anträgen

Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt stellte klar, dass eine zeitlich unbegrenzte Versagungsentscheidung beim Bürgergeld nicht automatisch durch die Stellung eines neuen Leistungsantrags aufgehoben wird. Entscheidend ist vielmehr eine Entscheidung in der Sache über diesen Antrag. Die Entziehungsentscheidung vom 9. September 2022 galt auch für den Bewilligungszeitraum ab dem 1. Januar 2023 weiter fort.

Nach § 39 Abs. 2 SGB X bleibt ein Verwaltungsakt so lange wirksam, bis er zurückgenommen, widerrufen oder anderweitig aufgehoben wurde beziehungsweise sich durch Zeitablauf oder andere Umstände erledigt hat. Das bloße Stellen eines neuen Antrags führt nicht zum Erlöschen des ursprünglichen Verwaltungsakts.

Bereits das Sozialgericht Halle hatte festgestellt, dass die Versagungsentscheidung keine Befristung enthält und somit ab dem 1. Juli 2022 gilt. Auch im Widerspruchsbescheid wurde diese Auffassung bestätigt, da der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Die Rechtslage verdeutlicht damit den Unterschied zwischen einer bloßen Antragstellung und einer tatsächlichen Sachentscheidung über den Antrag auf Bürgergeld.

Wann sich versagungen auf andere weise erledigen können

Ein Verwaltungsakt kann sich „auf andere Weise“ erledigen, wenn seine regelnde Wirkung verloren geht oder die Ausführung seines Hauptverfügungssatzes rechtlich beziehungsweise tatsächlich unmöglich geworden ist.

Im Bereich des Bürgergeldes liegt dies vor allem dann vor, wenn nachfolgend entweder eine Bewilligung ergeht oder aber auch bei einer nachfolgenden Ablehnung . In beiden Fällen trifft das Jobcenter also eine neue Entscheidung in der Sache und stellt damit die verfahrensrechtliche Position des Antragstellers wieder her.

Im aktuellen Fall hat das Jobcenter jedoch noch keine solche Sachentscheidung getroffen; daher bleibt die ursprüngliche Versagungsentscheidung weiterhin wirksam.

Diese Regelungen sorgen für Rechtssicherheit bei Leistungsempfängern und Behörden gleichermaßen: Ein neuer Antrag allein reicht nicht aus, um alte Bescheide außer Kraft zu setzen; erst mit einer abschließenden Entscheidung verändert sich der Status quo verbindlich.

Einstweiliger rechtsschutz für Bürgergeldbezieher bei versagensbescheiden

Bürgergeldbezieher können gegen unrechtmäßige Versagensbescheide einstweiligen Rechtsschutz beantragen und so zumindest vorläufig ihre Ansprüche sichern lassen.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet für den Zeitraum des angefochtenen Bescheids, da dessen Rechtmäßigkeit im Rahmen dieses Verfahrens nicht geprüft werden muss: Gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG entfaltet die Klage gegen einen solchen Bescheid aufschiebende Wirkung – sofern kein Sofortvollzug angeordnet wurde.

Versagensbescheide im Bereich des SGB II sind grundsätzlich nicht sofort vollziehbar; § 39 SGB II regelt diese Ausnahme ausdrücklich nicht zugunsten sofortiger Vollziehbarkeit solcher Entscheidungen durch das Jobcenter.

Damit erhalten Betroffene ein wichtiges Instrument zum Schutz ihrer Rechte gegenüber Behördenentscheidungen ohne unmittelbare Vollstreckungswirkung dieser Bescheide befürchten zu müssen – zumindest bis zur gerichtlichen Klärung im Hauptverfahren erfolgt ist.

Einkommensanrechnung bei GmbH-gewinnen im kontext von Bürgergeldansprüchen

In Verfahren rund um Bürgergelder spielt häufig auch die Frage der Einkommensanrechnung aus selbständiger Tätigkeit beziehungsweise Unternehmensgewinnen eine Rolle – insbesondere bei Ein-Personen-GmbHs als Gesellschaftsform mit beschränkter Haftung gemäß GmbH-Gesetz .

Das Gericht stellte klar: Der Gewinn einer GmbH darf dem Alleingesellschafter sowie Geschäftsführer nur dann als Einkommen zugerechnet werden, wenn dieser tatsächlich darüber verfügen kann bzw., wenn das Stammkapital gesichert ist und keine Vermögenswerte zwecks Kapitalerhaltung gebunden sind.

Fehlt diese Verfügungsbefugnis über Gewinne aufgrund gesetzlicher Vorschriften zum Schutz des Stammkapitals , dürfen sie steuer- bzw. sozialrechtlich nicht als Einkommen angerechnet werden.

Berücksichtigung steuerlicher grundsätze bei einkommensberechnung

Für Berechnungen des Einkommens aus selbständiger Arbeit gelten zudem spezielle Regeln gemäß § 3 der Bürgergeld-Verordnung . Hierbei sind nur notwendige Ausgaben abzuziehen; steuerrechtliche Vorschriften spielen dabei keine Rolle für sozialrechtliche Einkommensermittlung.

Unternehmerische gesellschaftsformen führen zu keiner privilegierten stellung

Der Grundsatz gilt weiterhin: Die Wahl bestimmter Gesellschaftsformen wie etwa Ein-Personen-GmbHs darf Unternehmern gegenüber anderen Selbständigen keine privilegierte Stellung verschaffen .

Dies bedeutet konkret: Auch Einzelunternehmerinnen sowie -unternehmer haben dieselben sozialrechtlichen Pflichten wie Gesellschafter-Geschäftsführer kleiner Kapitalgesellschaften hinsichtlich Einkommensermittlung.

Weitere hinweise zur rechtslage beim Bürgergeldversagen ohne sachentscheidungen

Eine zeitlich unbegrenzte Versagungsentscheidung beim Bürgergeld endet erst mit einer abschließenden Entscheidung in der Sache über einen neu gestellten Leistungsantrag – allein dessen Eingang genügt hierfür nicht.

Versagsbescheide nach SGB II sind grundsätzlich weder sofort vollziehbar noch automatisch aufgehoben; Betroffene können jedoch gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutz beantragen.

Die Anrechnung von Gewinnen aus Ein-Personen-GmbHs hängt maßgeblich davon ab, ob Verfügungsbefugnis besteht sowie ob Stammkapital geschützt wird.

Aktuelle Urteile bestätigen zudem den Gleichheitsgrundsatz zwischen verschiedenen Unternehmensformen hinsichtlich sozialrechtlicher Behandlung.

Detlef Brock, Experte für Sozialrecht weist darauf hin: Das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschied jüngst unter Az. L3 AS 2341/23, dass kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, wenn ein zuvor ergangener Versagsbescheid durch Erlass eines Bewilligungsbescheids gemäß §39 Abs.2 SGB X anderweitig erledigt worden sei.

Diese Entscheidungen schaffen Klarheit sowohl für Leistungsempfänger als auch Behörden bezüglich Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit von Entscheidungen rund ums Bürgergeldsystem in Deutschland.

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