Der Grad der Behinderung von 20 markiert den Einstieg in die amtliche Anerkennung einer Behinderung nach deutschem Sozialrecht. Bereits ab diesem Wert können Betroffene steuerliche Entlastungen und unter bestimmten Voraussetzungen arbeitsrechtliche Vorteile erhalten. Voraussetzung ist jedoch ein aktiver Antrag beim zuständigen Versorgungsamt.
Rechtliche grundlagen und verfahren zur feststellung des gdB 20
Die Feststellung des Grades der Behinderung basiert auf dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuchs . Dort ist geregelt, dass der GdB in Zehnerschritten von 20 bis 100 bemessen wird. Die Bewertung erfolgt anhand der „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“, welche die Auswirkungen einzelner Gesundheitsstörungen auf das alltägliche Leben beurteilen.
Für eine erfolgreiche Antragstellung sollten Betroffene möglichst aktuelle ärztliche Gutachten sowie Befundberichte beifügen. Nur dokumentierte Gesundheitsstörungen können bei der Bemessung berücksichtigt werden. Das zuständige Versorgungsamt prüft anschließend die Gesamtauswirkungen aller vorliegenden Beeinträchtigungen; eine bloße Addition einzelner GdB-Werte findet nicht statt.
Der Antrag auf Feststellung muss aktiv gestellt werden, da eine automatische Vergabe des GdB nicht erfolgt. Nach Eingang prüft die Behörde alle medizinischen Unterlagen sorgfältig und ermittelt den Gesamtgrad entsprechend den gesetzlichen Vorgaben.
Ein GdB von mindestens 20 gilt als Schwelle für erste Nachteilsausgleiche im Alltag, auch wenn erst ab einem Wert von 50 offiziell von einer Schwerbehinderung gesprochen wird. Die Einstufung kann somit bereits finanzielle Entlastungen ermöglichen sowie bestimmte Rechte im Arbeitsleben sichern.
Steuerliche entlastungen durch den Behinderten-Pauschbetrag bei gdB 20
Eine zentrale finanzielle Begünstigung für Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 20 ist der Behinderten-Pauschbetrag. Dieser beträgt aktuell jährlich 384 Euro und wird vom zu versteuernden Einkommen abgezogen – er mindert also direkt die Steuerlast, ohne als Auszahlung zu erfolgen.
Die Wirkung dieses Freibetrags hängt stark vom individuellen Einkommen ab: „Wer keine oder nur geringe Einkommensteuer zahlt, spürt kaum einen finanziellen Vorteil durch den Pauschbetrag.“ Bei höheren Einkünften führt er hingegen zu einer messbaren Steuerentlastung.
Dieser Pauschbetrag soll administrative Erleichterungen schaffen, indem keine Einzelnachweise über entstandene Kosten erforderlich sind; stattdessen gilt ein pauschaler Abzug zur Kompensation behinderungsbedingter Mehraufwendungen im Alltag.
Neben dem Pauschbetrag existieren weitere steuerlich relevante Regelungen für Menschen mit Behinderungen – etwa erhöhte Werbungskostenpauschalen oder besondere Freibeträge bei Pflegebedürftigkeit – doch diese greifen meist erst bei höheren Graden oder zusätzlichen Voraussetzungen.
Insgesamt stellt der Behinderten-Pauschbetrag einen wichtigen Baustein dar, um finanzielle Belastungen auszugleichen und so Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erleichtern – auch schon bei einem vergleichsweise niedrigen GdB wie dem Wert von 20.
Gleichstellung während berufsausbildung: arbeitsrechtlicher schutz trotz niedrigem gdB
Jugendliche und junge Erwachsene in Ausbildung profitieren gemäß § 151 Absatz 4 SGB IX bereits ab einem Grad der Behinderung unterhalb eines Werts von 30 oder sogar ohne festgestellten GdB automatisch von einer Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen während ihrer Berufsausbildung beziehungsweise Ausbildungssuche.
Diese Gleichstellung ermöglicht besonderen Kündigungsschutz gegenüber Arbeitgebern sowie Zugang zu Integrations- und Förderleistungen durch das Integrationsamt. Unternehmen erhalten Zuschüsse zur Einrichtung behindertengerechter Ausbildungsplätze; Auszubildende können begleitende Hilfen wie technische Unterstützung oder Arbeitsassistenz leichter beantragen lassen.
Wichtig ist jedoch: Diese Regelung gilt ausschließlich während der Ausbildungszeit selbst – Zusatzurlaubstage, unentgeltlicher Nahverkehr oder vorgezogene Altersrente sind hiervon ausgeschlossen und bleiben tatsächlichen Schwerbehinderten vorbehalten .
Nach Abschluss oder Abbruch endet diese automatische Gleichstellung wieder; dann verlangt das Gesetz mindestens einen Grad von 30, um weiterhin als schwerbehindert anerkannt zu werden beziehungsweise entsprechende Rechte geltend machen zu können – etwa Kündigungsschutz im regulären Berufsleben, der über die Agentur für Arbeit beantragt werden kann.
Die Gleichstellungsregelung dient somit als Brücke zum Schutz junger Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen während ihrer Ausbildungslaufbahn und fördert deren Integration in den Arbeitsmarkt trotz noch niedrigerer offizieller Einstufung ihres Gesundheitszustands durch das Versorgungsamt.
Möglichkeiten zur anpassung des gdB bei verschlechtertem gesundheitszustand
Gesundheitliche Veränderungen können dazu führen, dass sich Einschränkungen verstärken oder neue Beeinträchtigungen hinzukommen. In solchen Fällen besteht die Möglichkeit eines sogenannten Neufeststellungsantrags beim Versorgungsamt – häufig auch Verschlechterungs- bzw. Verschlimmerungsantrag genannt – um eine erneute Prüfung des gesamten Gesundheitszustands anzustoßen.
Dabei bewertet die zuständige Stelle erneut alle vorhandenen medizinischen Unterlagen inklusive aktueller Facharztberichte sowie Krankenhaus-Entlassbriefe oder Reha-Gutachten sorgfältig neu hinsichtlich funktioneller Einschränkungen im Alltagspraxisbezug gemäß versorgungsmedizinischer Grundsätze.
Steigt dabei nachweislich das Ausmaß gesundheitlicher Beeinträchtigungen an, kann dies eine Erhöhung des Grades bewirken – beispielsweise auf Werte über 30 bis hin zum Status einer Schwerbehinderung . Dies eröffnet zusätzliche Nachteilsausgleiche sowohl sozialrechtlich als auch arbeitsrechtlich.
Allerdings birgt ein Neufeststellungsverfahren Risiken: Es besteht immer auch die Möglichkeit einer Herabsetzung beziehungsweise Aberkennung bisheriger Bewertungen, falls sich herausstellt, dass sich Zustand verbessert hat.
Besonders kritisch ist dies für Personen nahe wichtiger Schwellenwerte wie etwa kurz vor Bezug abschlagsfreier Rentenansprüche wegen Schwerbehinderung.
„Daher empfiehlt es sich dringend, vor Beantragung fachkundige Beratung einzuholen – beispielsweise bei Sozialverbänden oder spezialisierten Beratungsstellen – um Chancen realistisch einzuschätzen sowie mögliche Risiken abzuwägen.“
Widerspruchsverfahren gegen fehlerhafte bescheide beim gradderbehinderung-antrag
Fehlerhafte Entscheidungen bezüglich Feststellungen zum Grad der Behinderung lassen sich nicht mittels Neuantrag korrigieren, sondern müssen formal per Widerspruch angefochten werden.
Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids schriftlich eingereicht werden; dieses Verfahren verursacht keine Kosten für Betroffene.
Durch ihn wird eine erneute Prüfung seitens derselben Verwaltungsstelle ausgelöst mit Ziel Korrektur offenkundiger Fehler bzw. Unvollständigkeiten basierend auf eingereichten medizinischen Unterlagen.
Bleibt dieser Schritt erfolglos, bestehen weitere Möglichkeiten:
- Betroffene haben Anspruch darauf, Klage vor dem Sozialgericht einzureichen – ebenfalls gebührenfrei – wodurch unabhängige gerichtliche Überprüfung erfolgt.
- Gerichtliches Sachverständigengutachten kann ergänzend herangezogen werden, um medizinische Faktenlage umfassend darzustellen.
- Obwohl dadurch Verfahrensdauer verlängert wird, steigen Erfolgschancen, insbesondere wenn Anträge gut begründet sind.
Dieses mehrstufige Vorgehen gewährleistet Rechtsschutz gegen falsche Entscheidungen zugunsten betroffener Personen.