In der südlichen syrischen Provinz Suwaida sind bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Beduinen und der drusischen Minderheit mindestens 89 Menschen ums Leben gekommen. Die Konflikte haben sich nach dem Sturz von Baschar al-Assad verschärft und ziehen auch das israelische Militär mit ein.
Kämpfe in Suweida fordern zahlreiche Todesopfer und Verletzte
Die jüngsten Gefechte in der Provinz Suwaida haben eine hohe Zahl an Toten gefordert. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden mindestens 89 Menschen getötet, darunter 50 Angehörige der drusischen Minderheit, 18 Beduinen sowie 14 Regierungssoldaten. Zusätzlich wurden viele weitere Personen verletzt, einige davon schwer oder lebensgefährlich. Unter den Opfern befinden sich auch Kinder.
Das syrische Innenministerium hatte zunächst von mehr als 30 Toten und rund 100 Verletzten berichtet, was die tatsächliche Dimension des Konflikts jedoch unterschätzt hat. Die Kämpfe ereigneten sich in mehreren Gemeinden innerhalb der Provinz, die seit Jahren Schauplatz ethnischer Spannungen ist.
Die Gewalt richtet sich gegen bewaffnete Gruppen beider Seiten: Sunnitische Beduinenclans lieferten sich heftige Zusammenstöße mit bewaffneten Einheiten aus dem drusischen Milieu. Laut Berichten griffen Teile des syrischen Militärs aktiv aufseiten der Beduinen ein, was die Lage zusätzlich eskalieren ließ.
Israel greift Regierungstruppen während Gefechten an
Während die Auseinandersetzungen andauerten, meldete das israelische Militär einen Angriff auf Panzerfahrzeuge syrischer Regierungstruppen im Gebiet von Suwaida. Das israelische Verteidigungsministerium erklärte, es habe gezielt militärisches Gerät unter Beschuss genommen – eine Maßnahme zur Unterstützung eigener Sicherheitsinteressen an den Grenzen zu Syrien.
Das syrische Innenministerium bestätigte zuvor den Einsatz von Soldaten zur Wiederherstellung von Ordnung in Suwaida angesichts des eskalierenden Konflikts zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen.
Diese Intervention Israels verdeutlicht die komplexe Gemengelage vor Ort: Neben innerstaatlichen Spannungen wirken regionale Akteure mit eigenen Interessen auf das Geschehen ein und beeinflussen so Dynamiken eines bereits fragilen Friedensprozesses im Bürgerkriegsland Syrien.
Vorgeschichte: entführungen als auslöser für neue gewaltausbrüche
Nach Erkenntnissen der Beobachtungsstelle gingen den jüngsten Zusammenstößen Entführungen voraus – eine Eskalation bestehender Feindseligkeiten zwischen Drusen und Beduinenclans. Ausgangspunkt war demnach ein Vorfall am Kontrollposten eines beduinischen Stammesgebietes im Süden Syriens: Dort wurde ein junger Druse angegriffen sowie beraubt.
Diese Provokation führte zu einer Kettenreaktion aus Vergeltungshandlungen beider Seiten mit zunehmender Gewaltspirale bis hin zu offenen Gefechten unter Beteiligung bewaffneter Gruppen sowie staatlicher Kräfte.
Bereits im Frühjahr dieses Jahres kam es mehrfach zu ähnlichen Gewaltausbrüchen in Suwaida – insbesondere im April und Mai starben dabei zahlreiche Menschen bei Auseinandersetzungen zwischen Anhängern islamistischer Gruppierungen aus Damaskus und Vertretern der religiösen Minderheit der Drusen.
Historischer Hintergrund und Bedeutung der drusischen Minderheit in Syrien
Die Drusen bilden eine religiöse Gemeinschaft mit Ursprung im Islam des elften Jahrhunderts; sie stellen etwa drei Prozent der Bevölkerung Syriens dar. Vor Beginn des Bürgerkriegs lebten rund 700 000 Drusen überwiegend konzentriert in Süd-Syrien um die Provinz Suwaida herum. Daneben existieren bedeutende drusische Gemeinschaften auch im Libanon sowie Israel einschließlich den Golanhöhen.
Seit dem Sturz Baschar al-Assads durch islamistische Kräfte wächst die Unsicherheit über Rechte sowie Schutzmöglichkeiten für ethnisch-religiöse Minderheiten wie die Drusen erheblich an – dies führt immer wieder zu Spannungen bis hin zu gewaltsamen Konfrontationen wie aktuell beobachtet wird.
Der Konflikt offenbart damit nicht nur lokale Machtkämpfe sondern spiegelt größere gesellschaftliche Umwälzungen wider, welche durch politische Instabilität nach Jahrzehnten autoritärer Herrschaft ausgelöst wurden – verbunden mit regionaler Einflussnahme verschiedener Akteure inklusive Israels am Rande Syriens.