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Denkmalretter im ahrtal: junge freiwillige unterstützen den wiederaufbau historischer fachwerkhäuser vier jahre nach der flutkatastrophe

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Das Ahrtal zeigt auch vier Jahre nach der verheerenden Flutkatastrophe von 2021 noch deutliche Spuren der Zerstörung. Rund 300 junge Erwachsene engagieren sich aktuell als Freiwillige, um historische Gebäude in der Region fachgerecht wieder aufzubauen und so das kulturelle Erbe zu bewahren.

Die rolle der freiwilligen beim wiederaufbau historischer gebäude im ahrtal

Im Ortskern von Dernau an der Ahr steht ein altes Fachwerkhaus, dessen Innenräume nach Holz und Lehm duften. Hier arbeitet die Berlinerin Lola Bohle, die eine Platte mit Lehm bestreicht, welche später als Dämmmaterial eingesetzt wird. „Es ist toll, so aktiv die Veränderung zu sehen“, sagt sie. Für Bohle ist es ihr erster Besuch im Ahrtal; sie zeigt sich überrascht darüber, wie sichtbar die Schäden durch das Hochwasser noch sind: „Man sieht noch sehr, was passiert ist.“

Bohle gehört zu etwa 300 jungen Freiwilligen aus ganz Deutschland, die in diesem Sommer erneut ins Ahrtal gekommen sind. Organisiert werden sie von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, deren Ziel es ist, beschädigte historische Bauten originalgetreu instandzusetzen. Auf einer Anhöhe über dem Tal haben sie ein Zeltlager errichtet – das sogenannte „Fluthilfecamp“. Von dort aus fahren sie täglich mit Werkzeug und Baumaterialien ins Tal hinunter und arbeiten auf rund 20 verschiedenen Baustellen.

Die meisten dieser Baustellen betreffen Fachwerkhäuser oder andere denkmalgeschützte Gebäude, welche bei der Flutkatastrophe schwer beschädigt wurden oder teilweise zerstört sind. Noch immer warten viele Häuser auf ihren Wiederaufbau oder befinden sich erst in einem teilweisen Zustand des Wiederherstellens.

Eingeübte techniken und materialien

Die Arbeit erfolgt mit traditionellen Materialien wie Holz, Lehm und Schiefer, die für die Authentizität der historischen Bauweise entscheidend sind.

Herausforderungen beim denkmalgerechten wiederaufbau am beispiel synagoge in derniau

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für den langwierigen Wiederaufbau stellt die alte Synagoge in Dernau dar. Das große Fachwerkhaus wurde vor dem Hochwasser einige Jahre als Wohnhaus genutzt und stand während des Hochwassers bis zum Dachstuhl unter Wasser. Die Fluten führten nahezu zur vollständigen Zerstörung des Gebäudes.

Für die Eigentümerfamilie bedeutet dies eine enorme Herausforderung: „Wir sind fachlich nicht in der Lage, ein denkmalgeschütztes Haus wieder aufzubauen“, erklärt Ursula Lindener, Tochter der Besitzerin. Hier kommen daher speziell geschulte Freiwillige zum Einsatz – junge Menschen mit Interesse an traditionellen Bautechniken wie Holzverarbeitung, Lehmbau oder Schieferdeckung.

Diese Helferinnen und Helfer verbringen jeweils zwei Wochen im Flutgebiet und werden dabei von Experten angeleitet. Ziel ist es stets, möglichst originalgetreu zu restaurieren beziehungsweise neu aufzubauen – finanziert durch Spendenmittel verschiedener Unterstützerorganisationen.

Der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Denkmalschutz betont den fortwährenden Bedarf solcher Hilfeleistungen: „Je länger das Ereignis zurückliegt, umso stärker sei diese Hilfe gefragt.“ Viele Betroffene fühlten sich vergessen; deshalb wolle man insbesondere alte denkmalgeschützte Häuser erhalten und damit dem Ahrtal seine Seele zurückgeben.

Langfristiger wiederaufbauprozess zwischen pragmatismus und kulturerhalt

Nach dem Hochwasser standen zunächst dringende Infrastrukturprojekte wie Straßen-, Brücken- sowie Eisenbahnschienen-Wiederherstellungen im Vordergrund – Maßnahmen mit hoher Priorität für Sicherheit sowie Mobilität vor Ort. Der Denkmalschutz geriet dadurch zeitweise aus dem Fokus öffentlicher Aufmerksamkeit.

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz setzt genau hier an: „Wir kommen mit dem Wert der Wiedererkennbarkeit sowie Historie dieser Kulturlandschaft zurück“, erläutert Vorsitzender Steffen Skudelny ihre Mission zur Bewahrung regionaler Identität durch Denkmalpflege.

Ein weiteres Beispiel liegt wenige Kilometer flussaufwärts im kleinen Ort Insul an der oberen Ahr: Dort steht seit mehr als 125 Jahren das Haus von Lena Heck, welches trotz eines Abstands von fast hundert Metern zum Fluss stark vom Hochwasser beschädigt wurde – verursacht durch Wassermassen sowohl aus dem Hauptfluss als auch nahegelegenen Zuflüssen.

Zehn Freiwillige arbeiten derzeit am Hofrestaurierung-Projekt; Heck zeigt sich dankbar für diese Unterstützung trotz langer Dauer des Vorhabens: „Das Haus braucht Zeit zum Trocknen.“ Zudem erschwerten Handwerkerknappheit sowie persönliche Zeitressourcen den Fortschritt erheblich.

Hochwasserschutzmaßnahmen bleiben wichtiges thema für ahranwohner

Trotz erheblicher Schäden hat sich Lena Heck entschieden, ihr Haus erneut aufzubauen – unter Vertrauen auf verbesserte Schutzmaßnahmen gegen künftige Überschwemmungen entlang des Flusses:

Geplant sind mehrere Regenrückhaltebecken an Zuflüssen zur Ahr sowie höher gelegene Brückenbauten mit größerem Durchflussvolumen zur Vermeidung von Treibgutstauungen bei Starkregenereignissen oder Schneeschmelzephasen.

Darüber hinaus gelten strenge Vorschriften bezüglich Neubauten innerhalb hochwassergefährdeter Gebiete; dennoch bleibt ein Restrisiko bestehen:

Heck sagt dazu offen: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass uns das nochmal trifft.“ Dieses Risiko sei stets präsent und beeinflusse Entscheidungen rund um Wohnraumgestaltung nachhaltig.

An ihrem eigenen Projekt arbeitet eine Gruppe junger Denkmalfreunde weiter intensiv daran, Platten zur Innendämmung anzubringen sowie Gefache zwischen Holzbalken sorgfältig mit Lehm zu füllen – Schritte hin zur Fertigstellung eines Hauses voller Geschichte mitten im Tal voller Herausforderungen vier Jahre nach jener Katastrophe.

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