Home Nachrichten Bundessozialgericht stärkt mobilität von rollstuhlfahrern mit motorunterstütztem handkurbelrollstuhlzuggerät
Nachrichten

Bundessozialgericht stärkt mobilität von rollstuhlfahrern mit motorunterstütztem handkurbelrollstuhlzuggerät

Share
Share

Das Bundessozialgericht hat am 18. April 2024 entschieden, dass gesetzliche Krankenkassen Rollstuhlfahrern mehr Mobilität ermöglichen müssen als nur fußläufige Entfernungen. Dabei können auch motorunterstützte Hilfsmittel zum Einsatz kommen, um den mittelbaren Behinderungsausgleich sicherzustellen.

Urteil des bundessozialgerichts zur mobilität von rollstuhlfahrern

Das Bundessozialgericht in Kassel hat mit seinem Urteil vom 18. April 2024 klargestellt, dass die gesetzliche Krankenkasse versicherten Rollstuhlfahrern an ihrem Wohnort eine umfassendere Mobilität ermöglichen muss. Die Versorgung darf sich nicht auf Hilfsmittel beschränken, die lediglich fußläufige Entfernungen abdecken können. Vielmehr sind auch solche Hilfsmittel bereitzustellen, die größere Distanzen überwinden lassen – abhängig von den örtlichen Gegebenheiten und dem individuellen Bedarf des Versicherten.

Im zugrundeliegenden Fall hatte ein querschnittsgelähmter Mann aus dem Weserbergland geklagt. Er leidet unter einer schmerzhaften Arthrose am Daumensattelgelenk durch ständiges Greifen der Rollstuhl-Greifreifen nach einem Verkehrsunfall. Um trotz dieser Einschränkung selbstständig Einkäufe zu erledigen oder Fahrradtouren mit Freunden zu unternehmen, beantragte er bei seiner Krankenkasse ein motorunterstütztes Handkurbelrollstuhlzuggerät im Wert von rund 6 500 Euro.

Die Krankenkasse lehnte ab und argumentierte, sie sei zwar zum mittelbaren Behinderungsausgleich verpflichtet; dieser umfasse jedoch nur Hilfsmittel für fußläufige Entfernungen im Nahbereich der Wohnung. Das beantragte Zuggerät ermögliche eine Fortbewegung über diesen Bereich hinaus – sogar bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometern –, was das Maß des Notwendigen überschreite.

Die Kasse bot stattdessen einen „restkraftunterstützenden Aktivrollstuhl“ an, der wirtschaftlicher sei und den Anforderungen genüge.

Bedeutung des urteils für alltagsmobilität und behinderungsausgleich

Mit seinem Urteil änderte das BSG teilweise seine bisherige Rechtsprechung zugunsten der Klägerin beziehungsweise des Klägers: Das Gericht sprach dem Rollstuhlfahrer das beantragte motorunterstützte Handkurbelrollstuhlzuggerät zu und hob damit die Ablehnung der Krankenkasse auf.

Allerdings stellte das Gericht klar, dass dieses Hilfsmittel nicht dazu dienen dürfe, den Erfolg einer Krankenbehandlung sicherzustellen oder drohende Behinderungen vorzubeugen – hierfür fehle es an entsprechenden Behandlungsempfehlungen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss .

Der Anspruch auf das Zuggerät beruhe vielmehr auf dem Recht auf „persönliche Mobilität“ gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention sowie einem mittelbaren Behinderungsausgleich im Alltag. Der Kläger müsse trotz seiner Einschränkungen in der Lage sein, alle für übliche Alltagsgeschäfte relevanten Orte am Wohnort erreichen zu können – etwa Einkaufsmöglichkeiten oder Apotheken im Nahbereich.

Verändertes mobilitätsverhalten

Das BSG erkannte an, dass sich das Mobilitätsverhalten verändert habe: Nicht alle wichtigen Ziele seien noch fußläufig erreichbar; größere Strecken müssten zurückgelegt werden können. Deshalb könne ein geeignetes Hilfsmittel beansprucht werden – unabhängig davon, ob es Geschwindigkeiten bis zu 25 Stundenkilometern ermögliche oder längere Strecken befahre.

Ob Arztbesuche ebenfalls dazugehören würden, ließ das Gericht offen.

Diese Entscheidung stellt eine wichtige Weichenstellung dar: Sie erweitert die Möglichkeiten für Menschen mit schweren Mobilitätseinschränkungen deutlich über bisherige Grenzen hinaus und berücksichtigt moderne Lebensrealitäten sowie individuelle Bedürfnisse bei Alltagsmobilität umfassender als zuvor möglich war.

Share
Related Articles
Nachrichten

Trumps ankündigung zu 30-prozentigen zöllen sorgt für angespanntheit in wirtschaft und gelassenheit an finanzmärkten

Die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, Zölle in Höhe von 30 Prozent...

Nachrichten

Zwei neugeborene löwenbabys im kölner zoo eingeschläfert – mutter gina zog ältere jungtiere vor

Im Januar 2024 brachte die Löwin Gina im Kölner Zoo bereits Jungtiere...

Nachrichten

Erbschaft und bürgergeld: herausforderungen bei geerbtem eigentum und sozialleistungen in deutschland

Die Kombination aus geerbtem Immobilienbesitz und Bezug von Bürgergeld führt häufig zu...

Nachrichten

Deutsche backpackerin nach zwölf Tagen im australischen Outback gerettet und bedankt sich aus dem krankenhaus in perth

Die 26-jährige Carolina Wilga wurde nach zwölf Tagen im abgelegenen Outback Australiens...

Immer aktuell: Nachrichten, Klatsch, Sport und Politik in Echtzeit.

Infos & Mitteilungen

Infos und Pressemitteilungen senden Sie eine E‑Mail an: info@thenga.de

Copyright © 2025 im Eigentum von Influencer Srls – Dieser Blog ist keine journalistische Publikation, da er ohne jegliche Periodizität aktualisiert wird. Er kann daher nicht als redaktionelles Produkt im Sinne des Gesetzes Nr. 62 vom 07.03.2001 angesehen werden.