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Bürgergeld: einstweilige anordnung bei versagung durch jobcenter wegen fehlender mitwirkung

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Bezieher von Bürgergeld können gegen einen bestandskräftigen Versagungsbescheid des Jobcenters nach § 44 SGB X einen Überprüfungsantrag stellen. Dabei besteht die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung zu erwirken, die das Jobcenter vorläufig zur Leistung verpflichtet, sofern der Antrag Erfolgsaussichten hat.

Rechtliche grundlagen und voraussetzungen für eine versagung von bürgergeld

Die Versagung von Leistungen nach §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I wegen fehlender Mitwirkung ist nur unter bestimmten Bedingungen zulässig. Insbesondere scheidet eine Versagung aus, wenn das Jobcenter lediglich Unterlagen einer mutmaßlichen Bedarfsgemeinschaft verlangt und nicht direkt vom Antragsteller selbst. Dies bedeutet konkret: Fordert das Jobcenter Dokumente oder Nachweise über Personen in der Bedarfsgemeinschaft – etwa Lebensgefährten –, kann es den Antragsteller nicht allein aufgrund dessen Verweigerung sanktionieren.

Das Sozialgericht legt hierbei strenge Maßstäbe an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes und des Anordnungsanspruchs bei einem Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X an. Ein bestandskräftiger Bescheid wird grundsätzlich erst im Verwaltungs- oder Hauptsacheverfahren überprüft; ein vorzeitiges Zurücknehmen ist nur in Ausnahmefällen möglich.

Im konkreten Fall hatte ein Leistungsbezieher glaubhaft gemacht, dass ihm durch die Versagung der Leistungen massive soziale und wirtschaftliche Nachteile drohen würden. Er war verschuldet und verfügte weder über ausreichendes Einkommen noch andere Möglichkeiten zur Existenzsicherung.

Entscheidungen des lsg sachsen zum anspruch auf leistungen trotz fehlender mitwirkung

Das Landessozialgericht entschied ausdrücklich zugunsten des Antragstellers: Das Jobcenter konnte sich nicht auf fehlende Mitwirkung berufen, da es ausschließlich Unterlagen seiner Lebensgefährtin angefordert hatte – nicht jedoch vom Leistungsberechtigten selbst.

Eine formelle Versagung gegenüber dem Antragsteller sei daher rechtswidrig gewesen. Es existiere keine Rechtsgrundlage beim Bürgergeld, welche den Leistungsempfänger verpflichtet, Angaben zu Dritten zu machen oder deren Dokumente vorzulegen.

Der Auskunftsanspruch gegenüber Dritten wie der Lebensgefährtin müsse vom Jobcenter eigenständig geltend gemacht werden . Die Nichtvorlage solcher Unterlagen könne somit dem Antragsteller nicht angelastet werden.

Infolgedessen kam das Gericht zum Ergebnis, dass trotz eines bestandskräftigen Bescheids eine Verpflichtung zur vorläufigen Gewährung von Leistungen bestehe – insbesondere wenn erhebliche Eingriffe in die soziale Existenz drohen.

Praxisrelevanz und empfehlungen für leistungsberechtigte beim bürgergeld

Die Entscheidung hat weitreichende Bedeutung für Bezieher von Bürgergeld sowie für die Praxis der Jobcenter: Einem Erwerbslosen darf das Bürgergeld nicht allein deshalb versagt werden, weil er sich weigert, Unterlagen Dritter vorzulegen – etwa seiner geschiedenen Ehefrau oder Lebensgefährtin innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft .

Für Betroffene empfiehlt sich daher bei einem ablehnenden Bescheid ein Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X mit dem Ziel einer einstweiligen Anordnung einzureichen – insbesondere wenn finanzielle Notlagen bestehen und massive Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse drohen.

Das Gericht stellt klar: Strenge Anforderungen gelten an den Nachweis dieser Voraussetzungen; dennoch kann auch gegen bestandskräftige Entscheidungen gerichtlicher Rechtsschutz erreicht werden.

Diese Rechtsprechung verdeutlicht zudem Grenzen der Mitwirkungspflicht im Sozialrecht: Das Jobcenter darf keine Informationen oder Nachweise über Dritte verlangen; entsprechende Ansprüche müssen direkt gegenüber diesen Personen geltend gemacht werden.

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