Der Absturz einer Boeing 787 von Air India am 12. Juni mit 260 Todesopfern wird laut einem vorläufigen Untersuchungsbericht auf das Abschalten der Treibstoffzufuhr zu den Triebwerken zurückgeführt. Die indische Untersuchungsbehörde veröffentlichte die Ergebnisse am Samstag und beschreibt den Ablauf kurz nach dem Start.
Abschaltung der treibstoffzufuhr als ursache für schubverlust
Der Bericht der indischen Ermittler zeigt, dass drei Sekunden nach dem Start beide Schalter zur Treibstoffzufuhr fast gleichzeitig auf „Aus“ gestellt wurden. Dies führte dazu, dass die Triebwerke des Dreamliners sofort an Schub verloren und das Flugzeug sank. Die Untersuchung legt nahe, dass kein technischer Defekt an den Triebwerken oder am Flugzeug selbst vorlag, sondern eine manuelle Unterbrechung der Kraftstoffversorgung erfolgte.
Die Schalter befinden sich normalerweise in der „Ein“-Position während des Flugs und werden nur zum Abschalten verwendet – etwa beim Parken am Gate oder in Notfällen wie einem Triebwerksbrand. Der Bericht weist jedoch darauf hin, dass keine Hinweise auf einen solchen Notfall bestanden. Der US-Experte John Cox erklärte: „Man kann da nicht dranstoßen und dann bewegen sie sich.“ Ein versehentliches Umlegen sei daher ausgeschlossen.
Am Absturzort wurden die Schalter wieder in „Ein“-Position gefunden, was darauf hindeutet, dass beide Triebwerke aus geringer Höhe erneut gezündet wurden – vermutlich ein Versuch zur Wiederherstellung des Antriebs kurz vor dem Aufprall.
Cockpit-dialoge und pilotenerfahrung im fokus
Auf Tonaufnahmen des Stimmenrecorders ist zu hören, wie ein Pilot seinen Kollegen fragt: „Warum hast du die Treibstoffzufuhr unterbrochen?“ Die Antwort lautete: „Ich habe das nicht getan.“ Diese widersprüchlichen Aussagen werfen Fragen über den genauen Ablauf im Cockpit auf.
Beide Piloten waren erfahrene Flieger mit zusammen rund 19 000 Flugstunden – davon mehr als 9 000 Stunden auf der Boeing 787. Trotz ihrer Erfahrung konnte offenbar nicht verhindert werden, dass durch das Abschalten beider Triebwerke unmittelbar nach dem Start ein Kontrollverlust entstand.
Seit dem Unglück steht Air India unter verschärfter Beobachtung durch Luftfahrtbehörden weltweit. Vor dem Absturz hatte die indische Luftfahrtaufsicht bereits Verstöße gegen vorgeschriebene Dienstzeiten bei Piloten festgestellt und entsprechende Verwarnungen ausgesprochen.
Die europäische Flugsicherheitsagentur EASA kündigte zudem eine eigene Untersuchung gegen die Billigfluglinie Air India Express, eine Tochtergesellschaft von Air India, an. Diese Maßnahmen zeigen den erhöhten Druck auf die Airline nach diesem schweren Unfall.
Bisherige bewertungen von hersteller und triebwerksbauer
Im aktuellen Bericht äußert sich die indische Behörde noch nicht kritisch gegenüber dem Flugzeughersteller Boeing oder dem Triebwerksproduzenten General Electric. Es gibt keine Empfehlungen oder Hinweise darauf, dass technische Mängel bei Maschine oder Motoren zum Absturz führten.
Die Ursache wird klar beim manuellen Eingriff in die Treibstoffversorgung gesehen – ein Vorgang außerhalb normaler Betriebsabläufe ohne erkennbaren technischen Fehlerzustand zuvor. Weitere Untersuchungen sollen klären helfen, warum diese Handlung erfolgte und ob organisatorische Faktoren bei Air India eine Rolle spielten.
Damit bleibt offen, ob menschliches Versagen allein verantwortlich war oder weitere Ursachen hinterlegt sind – etwa Schulungslücken oder betriebliche Missstände innerhalb der Airline-Strukturen sowie deren Überwachung durch Behörden.