Die ukrainische Regierung schätzt den finanziellen Bedarf für den Wiederaufbau des Landes auf mehr als 850 Milliarden Euro über einen Zeitraum von 14 Jahren. Bei einer internationalen Konferenz in Rom erläuterten Regierungsvertreter und Bundeskanzler Friedrich Merz die geplanten Finanzierungsquellen und betonten die Verantwortung Russlands für die Kriegsschäden.
Finanzierungsmodelle und forderungen der ukrainischen regierung
Der Wiederaufbau der Ukraine wird nach Angaben von Ministerpräsident Denys Schmyhal rund 850 Milliarden Euro kosten, verteilt auf etwa 14 Jahre. In einer per Video zugeschalteten Rede bei der Konferenz in Rom stellte Schmyhal eine zweigleisige Finanzierungsstrategie vor. Demnach soll ein erster Fonds, verwaltet von Kiew, mit mehr als 460 Milliarden Euro aus beschlagnahmten russischen Vermögenswerten im Ausland ausgestattet werden. Diese Gelder stammen vor allem aus eingefrorenen Vermögenswerten, die sich überwiegend in europäischen Ländern befinden.
Ein zweiter Fonds mit einem Volumen von knapp 400 Milliarden Euro soll durch private Investitionen gedeckt werden. Dieser Ansatz zielt darauf ab, Unternehmen und Investoren einzubinden, um nachhaltige Projekte im Bereich Infrastruktur sowie Energieversorgung zu fördern. Die ukrainische Regierung sieht darin eine wichtige Säule zur Stabilisierung des Landes nach dem Krieg.
Zusätzlich rief Schmyhal die internationalen Partner dazu auf, auch weiterhin finanzielle Mittel bereitzustellen, um das Haushaltsdefizit der Ukraine zu decken – insbesondere für die Jahre 2026 und 2027. Er betonte: „Unter Friedensbedingungen und ohne Waffenherstellung kostet der Unterhalt der ukrainischen Armee jährlich rund 50 Milliarden Euro.“ Dabei gehe er davon aus, dass etwa die Hälfte dieser Summe durch Unterstützung aus der Europäischen Union gedeckt werde.
Diese Forderungen spiegeln den enormen finanziellen Druck wider, unter dem das Land steht – sowohl beim Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur als auch bei Aufrechterhaltung seiner Verteidigungsfähigkeit während anhaltender Konflikte.
Rolle russischer vermögenswerte und politische rahmenbedingungen
Bundeskanzler Friedrich Merz bekräftigte bei seinem Auftritt in Rom seine Haltung zur Verantwortlichkeit Russlands hinsichtlich des angerichteten Schadens in der Ukraine. Er bezifferte den Sachschaden auf rund 500 Milliarden Euro und erklärte: „Russland muss für diesen Schaden aufkommen.“ Bis dies nicht geschehe, werde Russland keinen Zugriff auf seine eingefrorenen Vermögenswerte erhalten.
Diese eingefrorenen Gelder belaufen sich laut Merz auf einen dreistelligen Milliardenbetrag hauptsächlich innerhalb Europas. Der Kanzler wies darauf hin, dass derzeit Erträge aus diesen Vermögen genutzt würden, um einen milliardenschweren Kredit an die Ukraine abzusichern – eine Maßnahme zur Sicherung weiterer Hilfen ohne direkte Übergabe dieser Mittel an Kiew.
Merz deutete jedoch an, dass sich diese Situation ändern könnte: „Die Vermögenswerte selbst werden gegebenenfalls im Zusammenhang mit einem entsprechenden Abkommen auch zu verwerten sein.“ Dies setzt allerdings voraus, dass es zunächst zu einem Waffenstillstand oder einer politischen Einigung kommt.
Die Diskussion um Nutzung beschlagnahmter russischer Gelder bleibt ein zentraler Punkt internationaler Verhandlungen zum Wiederaufbau sowie zur langfristigen Stabilität in Osteuropa.
Internationale unterstützung und militärische hilfen beim wiederaufbau
An dem zweitägigen Treffen in Rom nahmen etwa sechzig Länder sowie zahlreiche internationale Organisationen teil; zudem beteiligten sich private Unternehmen am Dialog über Hilfsmaßnahmen für die Ukraine. Im Rahmen dieses Treffens wurde ein neuer europäischer Fonds ins Leben gerufen – speziell zur Beseitigung von Kriegsschäden unter Beteiligung privater Investoren.
Das Kapital dieses Fonds soll vorrangig verwendet werden für Reparaturen beziehungsweise Neubauten im energiesektor sowie industrielle Betriebe einschließlich digitaler Rechenzentren. Ziel ist es dabei nicht nur kurzfristige Schäden zu beheben sondern nachhaltige wirtschaftliche Strukturen aufzubauen.
Deutschland hat seit Beginn des Krieges im Februar 2022 umfangreiche Unterstützung geleistet: Zivile Hilfe summiert sich laut offiziellen Angaben bisher auf circa 34 Milliarden Euro; militärisch wurden weitere rund 38 Milliarden Euro bereitgestellt – zusätzlich zum deutschen Anteil an EU-Hilfen zugunsten Kiews.
Darüber hinaus plant Deutschland den Erwerb moderner Luftverteidigungssysteme vom Typ „Patriot“ aus den USA zum Weitergeben an die Ukraine im Kampf gegen Angriffe aus Russland. Bundeskanzler Merz berichtete hierzu: „Ich habe darüber mit Präsident Trump letzten Donnerstag gesprochen.“ Die genaue Anzahl geplanter Systeme wurde nicht genannt; Berichten zufolge sollen zunächst zwei Systeme erworben werden können.
Parallel dazu arbeitet die Europäische Union weiter daran, Sanktionen gegen Russland auszubauen; aktuell ist bereits das achtzehnte Paket solcher Strafmaßnahmen vorbereitet worden mit dem Ziel, zusätzlichen Druck aufzubauen und Verhandlungen anzustoßen.
Aktuelle lage ziviler opfer trotz diplomatischer bemühungen
Trotz internationaler Gespräche setzen russische Streitkräfte ihre Angriffe gegen Städte sowie Zivilisten innerhalb der Ukraine fort – teilweise mit großer Intensität unmittelbar vor Beginn der Konferenz in Rom am frühen Juli-Tag 2025. Präsident Wolodymyr Selenskyj berichtete von Angriffswellen bestehend aus etwa vierhundert Drohnen sowie achtzehn Raketen kurz vor Veranstaltungsbeginn; bereits zuvor hatte es massive Beschussaktionen gegeben.
Laut Angaben einer UN-Mission stieg dabei insbesondere im Juni 2025 Zahl getöteter Zivilisten deutlich an – so viele wie seit Kriegsbeginn vor drei Jahren nicht mehr registriert wurden. Mindestens 233 Menschen verloren ihr Leben allein jenem Monat; weitere 1.343 wurden verletzt gemeldet .
Danielle Bell als Leiterin dieser Mission kommentierte diese Entwicklung folgendermaßen: „Zivilisten in der Ukraine erleben ein Ausmaß an Leid das wir seit mehr als drei Jahren noch nicht gesehen haben.“
Diese Zahlen verdeutlichen eindringlich das humanitäre Ausmaß des Konflikts trotz laufender Bemühungen um politische Lösungen oder Waffenstillstände zwischen allen beteiligten Parteien.